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# taz.de -- Vorfall an Tankstelle in Idar-Oberstein: Tödlicher Schuss wegen Ma…
> In Idar-Oberstein erschießt ein Mann einen 20-jährigen Verkäufer – wohl
> weil dieser ihn bat, eine Maske zu tragen. Die Politik reagiert bestürzt.
Bild: Ein Polizist vor der Tankstelle, in der ein 20-jähriger Verkäufer ersch…
BERLIN taz | Nachdem sich der Coronaprotest zuletzt [1][immer weiter
radikalisierte], waren auch schwere Gewalttaten befürchtet worden. Nun hat
ein Mann in Idar-Oberstein (Rheinland-Pfalz) in einer Tankstelle einen
20-jährigen Verkäufer erschossen – laut eigener Aussage, weil dieser ihn
gebeten hatte, eine Schutzmaske zu tragen.
Die Tat ereignete sich bereits am Samstagabend. Laut der Staatsanwaltschaft
Bad Kreuznach hatte der 49-jährige Tatverdächtige versucht, in der
Tankstelle zwei Sechserpacks Bier zu kaufen, ohne dabei eine Maske zu
tragen, wie es der Infektionsschutz vorsieht. Der junge Kassierer habe den
Mann deshalb auf die Maskenpflicht hingewiesen. Der Tatverdächtige habe
erbost reagiert, die Tankstelle verlassen und drohend die Faust geballt.
Knapp zwei Stunden später, gegen 21.25 Uhr, sei der Kunde wiedergekommen
und habe erneut einen Sechserpack Bier zum Tresen gebracht, diesmal mit
Maske. Dann aber habe er die Maske abgesetzt und sei von dem Verkäufer
erneut ermahnt worden. Daraufhin habe der Täter einen mitgebrachten
Revolver aus der Hosentasche gezogen und dem 20-Jährigen in den Kopf
geschossen. Anschließend sei er geflüchtet.
Nach einer Öffentlichkeitsfahndung der Polizei hatte sich der
Tatverdächtige am Sonntagmorgen selbst der Polizei gestellt. Befragt nach
seinem Motiv, sagte er laut Oberstaatsanwalt Kai Fuhrmann, die
Coronapandemie habe ihn „stark belastet“. Er habe sich „immer weiter in d…
Ecke gedrängt gefühlt und keinen weiteren Ausweg mehr gesehen, als ein
Zeichen zu setzen“.
## Politik reagiert bestürzt
Das Opfer habe er mitverantwortlich für die Gesamtsituation gemacht, da es
die Coronaregeln durchgesetzt habe, sagte Fuhrmann auf einer
Pressekonferenz am späten Montagnachmittag. Nach der Ermahnung habe er sich
zu Hause immer mehr geärgert und beim zweiten Besuch in der Tankstelle die
Maske absichtlich abgesetzt, um eine Reaktion zu provozieren.
Der erschossene 20-Jährige arbeitete laut Polizei seit wenigen Monaten als
Aushilfe an der Tankstelle, um sich Geld für einen Führerschein zu
verdienen. Der Student lebte in Idar-Oberstein, genauso wie der
Tatverdächtige. Der 49-Jährige war bisher nicht vorbestraft. Eine
waffenrechtliche Erlaubnis besaß er nicht. Die Polizei fand den Tatrevolver
und weitere Schusswaffen samt Munition bei ihm zu Hause, die Herkunft ist
noch unklar. Der Mann sitzt nun wegen Mordverdachts in U-Haft.
Der Oberbürgermeister von Idar-Oberstein, Frank Frühauf (CDU), sprach von
einer „ganz unfassbaren, ganz schrecklichen Tat“. Die Bürger:innen der
Stadt seien sehr betroffen und würden der Opferfamilie große Anteilnahme
zukommen lassen. „Das zu verarbeiten, wird seine Zeit dauern“, sagte
Frühauf. Fotos zeigen abgelegte Blumen und Trauerbekundungen an der
Tankstelle.
Schon zuletzt hatten die Sicherheitsbehörden [2][vor einer Radikalisierung]
des Coronaprotests gewarnt. „Nur eine Minderheit ist derart militant“,
twitterte der Thüringer Soziologe Matthias Quent. Der Mord von
Idar-Oberstein aber sende „eine Botschaft der Einschüchterung an alle, die
sich für die Einhaltung von Maßnahmen einsetzen“. „Wer hätte im Alltag n…
nicht diese Angst im Kopf?“
Auch mehrere Bundespolitiker:innen äußerten sich bestürzt. „Der
Übergang einer rechten verschwörungsgläubigen Ideologie zu tödlicher Gewalt
stand seit Monaten im Raum“, schrieb die Linken-Bundesvize Martina Renner.
Es habe eine „fatale Verharmlosung der Coronaleugner*innen“ gegeben.
Britta Haßelmann, Grünen-Geschaftsführerin im Bundestag, sprach von einer
„furchtbaren Tat“: „Sie macht fassungslos.“ SPD-Fraktionsvize Katja Mast
bekundete ebenfalls, dass die Hintergründe der Tat schockierten. „Aus
Worten können Taten werden. Unser aller Aufgabe ist es, dieser Verrohung
etwas entgegenzusetzen.“
Tatsächlich hatten erst vor wenigen Tagen Unbekannte auf das Impfzentrum in
Eich (Sachsen) drei Bierflaschen mit brennbarer Flüssigkeit geworfen. Ein
Feuer brach nicht aus. Bereits im März hatte ein 30-Jähriger einen
[3][Brandanschlag auf das Rathaus Delmenhorst] verübt, laut Polizei aus
Protest gegen die Coronamaßnahmen. In Bayern [4][stoppten
Coronaverharmloser einen ICE], in Berlin wurde ein [5][Brandsatz vor dem
Robert Koch-Institut] gezündet. Auch auf Demonstrationen der
Corona-Protestierenden war es zuletzt immer wieder zu Straftaten gekommen.
21 Sep 2021
## LINKS
[1] /Bewegung-der-Corona-Leugner/!5790017
[2] /Verfassungsschutz-und-Coronaprotest/!5768937
[3] /Brandanschlag-auf-Rathaus-Delmenhorst/!5757210
[4] /Radikalisierung-einer-Bewegung/!5763377
[5] /Radikalisierter-Corona-Protest/!5720758
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
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Mord
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Polizei Berlin
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