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# taz.de -- Verbot von Querdenken-Demos: Infektionsschutz hat Vorrang
> Nach Folgenabwägung hat das Bundesverfassungsgericht das Verbot der
> Bremer „Mega-Demonstration“ gegen Corona-Maßnahmen bestehen lassen.
Bild: Das BVerfG entschied: In Bremen mussten Querdenkende, Querlesende und Naz…
Karlsruhe taz | Die Bremer Advents-Mega-Demonstration der
Querdenken-Bewegung bleibt verboten. Das Bundesverfassungsgericht lehnte am
Samstag den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das Verbot ab. Dies
war der erste Karlsruher Beschluss zu einer Corona-Demo nach [1][Änderung
des Infektionsschutzgesetzes] Mitte November.
Angekündigt waren 20.000 TeilnehmerInnen. Die Bremer Querdenken-Initiative
hatte zu einem „Bundesweiten Fest für Frieden und Freiheit“ eingeladen. Der
„demokratische friedliche Widerstand“ gegen die Corona-Maßnahmen sollte
durch Lichter, Kerzen und Laternen ausgedrückt werden. Als Redner waren
unter anderem die Bewegungsgrößen Michael Ballweg (Stuttgart), Anselm Lenz
(Berlin) und Alexander Ehrlich (Wien) vorgesehen.
Doch der Bremer Innensenator Hartmut Mäurer (SPD) verbot die Versammlung,
weil von ihr eine „erhebliche Infektionsgefahr“ ausgehe. Die Bremer
Verwaltungsgerichte bestätigten das Verbot. Und am Samstag um die
Mittagszeit scheiterte am Bundesverfassungsgericht auch der Antrag auf
Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Auf den ersten Blick erstaunt das harte und einheitliche Vorgehen gegen die
Querdenken-Demonstration. Immerhin hatte der Bundestag Mitte November die
Versammlungsfreiheit im Infektionschutzgesetz ausdrücklich gestärkt.
## Kein generelles Demonstrationsverbot
Für Corona-LeugnerInnen und -SkeptikerInnen markiert der 18. November zwar
den endgültigen Übergang zur „Corona-Diktatur“. Tatsächlich wurden die
Corona-Einschränkungen [2][nur auf eine rechtsstaatlich solidere Basis
gestellt]. In einem neuen Paragraf 28a werden im Infektionsschutzgesetz
seither die zulässigen Maßnahmen ausdrücklich aufgezählt. Eine davon ist
die „Untersagung von oder Erteilung von Auflagen für das Abhalten von
Veranstaltungen, Ansammlungen, Aufzügen, Versammlungen“.
Kurz vor der Beschlussfassung am 18. November wurde sogar noch ein Absatz
eingefügt, der die Versammlungsfreiheit ausdrücklich stärkt. Als
Schutzmaßnahme ist die „Untersagung von Versammlungen“ nur noch erlaubt,
wenn sonst die wirksame Eindämmung von Covid-19 „erheblich gefährdet wäre.…
In der Begründung des Änderungsantrags wird das Verbot von Demonstrationen
als „ultima ratio im Einzelfall“ bezeichnet. Eine „lediglich auf pauschal…
Erwägungen basierende Untersagung“ sei unzulässig.
Daraus ergibt sich, dass nun klar zwischen generellen
Demonstrationsverboten und Verboten im Einzelfall zu unterscheiden ist.
Wenn es nur darum geht, Kontakte zu reduzieren, sind allgemeine
Versammlungsverbote zunächst unzulässig – ebenso wie allgemeine
Gottesdienstverbote. Es bleibt aber die Möglichkeit, Versammlungen im
Einzelfall zu untersagen, wenn von ihnen gesundheitliche Gefahren ausgehen.
## Versammlungsort zu klein
An diese Linie hielten sich nun auch die Bremer Verwaltung und die Bremer
Gerichte. Als Anhaltspunkte für konkrete Gefahren wurden unter anderem
genannt, dass der geplante Veranstaltungsort, die Bürgerweide am
Hauptbahnhof, für 20.000 TeilnehmerInnen zu klein ist, so dass
Abstandsregelungen gar nicht einzuhalten gewesen wären. Außerdem sei
fraglich, ob überhaupt die Bereitschaft bestehe, Auflagen der Behörden
einzuhalten. Die Erfahrungen bei früheren Querdenken-Veranstaltungen
sprächen dagegen, so das Oberverwaltungsgericht Bremen am Freitag.
Zu diesen Argumenten konnte das Bundesverfassungsgericht in der knappen
Zeit nicht inhaltlich Stellung nehmen. In seinem Eilbeschluss stellte es
lediglich fest, dass die angekündigte Verfassungsbeschwerde weder
„offensichtlich unbegründet“ noch „erkennbar erfolgreich“ sei. Über d…
Eilantrag auf eine einstweilige Anordnung entschieden die RichterInnen
daher nur aufgrund einer „Folgenabwägung“. Hier gab den Ausschlag, dass die
„die gebotenen Mindestabstände“ nach der „nicht widerlegten“ Feststell…
des Bremer Ordnungsamts nicht eingehalten werden können.
Die Entscheidung wurde von einer mit drei RichterInnen besetzten Kammer des
Gerichts getroffen. Federführend war Gerichtspräsident Stephan Harbarth. In
Bremen kamen am Samstag schließlich nur wenige QuerdenkerInnen zum Ort der
verbotenen Kundgebung. An (nicht verbotenen) Gegendemonstrationen nahmen
rund 400 Personen teil.
Auch eine zweite Querdenken-Demo konnte am Samstag nicht stattfinden. In
Mannheim sollte auf dem Marktplatz unter dem Motto „Wir – Für das
Grundgesetz“ gegen die Coronapolitik und gegen Demonstrationsverbote
protestiert werden. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim bestätigte am
Samstagmorgen jedoch das Verbot. Die VeranstalterInnen hätten den Eindruck
erweckt, die Versammlung finde als „Großdemo“ statt, obwohl sie im Vorfeld
von den Behörden per Auflage auf 200 TeilnehmerInnen beschränkt worden war.
Außerdem hätten die VeranstalterInnen durch ihre Werbung klar gemacht, dass
sie nicht bereit seien, auf eine strikte Umsetzung von Auflagen
hinzuwirken. Hier wurde das Bundesverfassungsgericht nicht angerufen.
5 Dec 2020
## LINKS
[1] /Infektionsschutzgesetz-im-Bundestag/!5725342
[2] /Coronaskeptiker-in-Berlin/!5729713
## AUTOREN
Christian Rath
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