| # taz.de -- Urbane Mitte am Gleisdreieck: Politik darf doch mitbestimmen | |
| > Die Pläne für Bürohochhäuser am Gleisdreieckspark dürfen verändert | |
| > werden. Ein Gutachten sieht keine Entschädigung für den Investor. | |
| Bild: Wie es am Gleisdreieck aussehen würde | |
| Berlin taz | Die Stimmung in Friedrichshain-Kreuzberg ist eindeutig: | |
| Kaum jemand hält das Bauvorhaben [1][Urbane Mitte, das vorsieht, 7 | |
| Bürohochhäuser] auf einem schmalen Streifen nördlich und südlich des | |
| U-Bahnhofs Gleisdreieck zu errichten, für wünschenswert. Dennoch blieb das | |
| Projekt unangetastet, seitdem 2005 ein städtebaulicher Rahmenvertrag mit | |
| dem damaligen Investor Vivico geschlossen wurde, der ihm zusicherte, | |
| 119.000 Quadratmeter Gewerbefläche zu errichten. Es war eine Zeit, als | |
| Wohnungsnot, Home Office, selbst Klimaschutz noch Fremdworte in Berlin | |
| waren. | |
| Doch dem Bezirk schienen die Hände gebunden. 100 bis 150 Millionen Euro | |
| Schadenersatz stünden dem Investor bei Änderungen an den Projektplänen zu, | |
| so hieß es von Seiten des Senats. Kein Handlungsspielraum also für die | |
| Abgeordneten der Bezirksverordnetenversammlung (BVV), die zuständig für die | |
| Erstellung eines Bebauungsplans sind. | |
| Doch das hat sich nun geändert: Ein von der BVV beantragtes und vom | |
| Bezirksamt in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten der Kanzlei GGSC kommt zu | |
| dem Ergebnis, dass zwar der Rahmenvertrag Gültigkeit besitzt, jedoch der | |
| darin vereinbarte Entschädigungsmechanismus unwirksam ist. Dieser verstoße | |
| „gegen das Verbot der unzulässigen Planbindung“. | |
| Zumindest was die Baumasse angeht, also die Zahl und Größe der geplanten | |
| Neubauten, dürfen die Abgeordneten von den einst getroffenen Vereinbarungen | |
| abweichen. Möglich sei ein „Interessenausgleich“ zwischen den öffentlichen | |
| und privaten Belangen. Die Bedarfe des Bezirks sollen damit | |
| gleichberechtigt neben den Interessen des aktuellen luxemburgischen | |
| Investors stehen – „unter maßgeblicher Berücksichtigung des Grundsatzes d… | |
| Verhältnismäßigkeit“. | |
| In einem ersten, im vergangenen Sommer veröffentlichten [2][Gutachten der | |
| Anwohnerinitiative AG Gleisdreieck] und der Naturfreunde Berlin, das den | |
| Bezirk unter Handlungszwang setzte, hatte es geheißen, der Rahmenvertrag | |
| stelle eine „unzulässige Vorabbindung“ für die BVV dar und sei daher | |
| „unwirksam“. Ein Gegengutachten der Eigentümer widersprach dieser | |
| Auffassung. | |
| ## Was macht der Bezirk? | |
| Im Bezirk führt das neuerliche Gutachten nun zu Betriebsamkeit. Bereits am | |
| Mittwoch wollen die regierenden Grünen, wohl unterstützt von Linken und | |
| SPD, einen Dringlichkeitsantrag in die BVV einbringen, dessen Inhalt am | |
| Dienstag noch nicht feststand. Laut der Fraktionsvorsitzenden Sarah | |
| Jermutus sei es wichtig, „dass die BVV deutlich sagt, was sie möchte und | |
| wie der weitere Weg ist“. Der bisherige Plan jedenfalls hätte | |
| Nachbesserungsbedarf in den Punkten „Baumasse, Nutzung und Versiegelung“. | |
| Der Auftrag der BVV sei es, so Jermutus, dem Bezirksamt „Hinweise und einen | |
| Auftrag“ für das weitere Handeln zu geben. | |
| Vom Bezirksamt hat Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) angekündigt, die | |
| „Begründung des Bebauungsplanentwurfs“ für das südliche Baufeld zu | |
| überarbeiten, ergo, sie den Vorgaben aus dem Gutachten anzupassen, ohne | |
| aber den B-Plan selbst zu verändern. In der Vergangenheit hatte Schmidt das | |
| Projekt verteidigt und dabei auch mit den „erheblichen Entschädigungen“ | |
| argumentiert. Jermutus sagt dagegen der taz, es gehe nicht alleine um „eine | |
| alleinige Anpassung des Begründungstexts“. | |
| Wie ein „rosa Elefant“ im Raum stehe jedoch die Gefahr, dass letztlich der | |
| Senat das Vorhaben an sich zieht und im Sinne des Investors umsetzen lässt. | |
| So sagt es die Grünen-Abgeordnete Katrin Schmidberger. Senatsbaudirektorin | |
| Petra Kahlfeldt hatte zuletzt im Sommer 2022 das Projekt in seiner | |
| bisherigen Planung verteidigt und festgehalten, „dass kein Erfordernis zur | |
| Änderung des Städtebaulichen Rahmenvertrages“ bestehe. | |
| Die Bezirks-Grüne Jermutus aber sagt: „Wir können nicht aus Sorge vor dem | |
| Senat nicht handeln.“ Gegenüber den Engagierten der Bürgerinitiative sei | |
| man „in der Pflicht“ zu versuchen, die Pläne zu ändern. | |
| 30 Jan 2024 | |
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| Erik Peter | |
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