# taz.de -- Umweltdesaster in USA: Fracking-Land ist abgebrannt | |
> Der Pleitewelle folgt die Umweltkatastrophe: Zwei Millionen Bohrlöcher in | |
> den USA sind nicht sicher verschlossen – klimaschädliches Methan | |
> entweicht. | |
Bild: Als Fracking noch Geld brachte: 2010 in Bradford County | |
BERLIN taz | In den USA bahnt sich ein Umweltdesaster an. Durch die | |
Pleitewelle der Frackingfirmen werden unzählige Bohrlöcher verwaist | |
zurückgelassen, durch die große Mengen des besonders gefährlichen | |
Klimakillers Methan ausströmen – also rohes Erdgas. Nachdem die [1][New | |
York Times] im Juli auf ihrer Titelseite groß über die gefährliche | |
Hinterlassenschaft der Fracker berichtet hatte, griff nun der demokratische | |
[2][Präsidentschaftskandidat Joe Biden] das Thema auf. | |
Biden sprach von „Millionen aufgegebener Öl-und Gasbohrungen, die es im | |
ganzen Land gibt“. Diese bedrohten „die Gesundheit und Sicherheit unserer | |
Bevölkerung“. Viele der Frackingfirmen und deren Vorstände, so Biden, | |
hätten über Jahrzehnte von staatlichen Subventionen profitiert. Nun würden | |
sie unzählige löchrige Bohrstellen zurücklassen, die Giftstoffe und | |
Klimagase verbreiten. Biden verwies auf ein pikantes Detail: Einige der | |
Vorstände hätten noch vor dem Bankrott „Millionen und Millionen Dollar“ | |
kassiert. | |
Das besonders umweltschädliche Fracking [3][lohnt sich derzeit wegen des | |
niedrigen Ölpreises] nicht mehr. Um die Branche dennoch zu stützen, hat | |
die US-Umweltbehörde erst vergangene Woche weitere Umweltauflagen noch aus | |
der Zeit von Präsident Barack Obama gelockert. Methanemissionsvorschriften | |
für Pipelines, Öl- und Gasfelder wurden gestrichen. Die Industrie musste | |
bislang zweimal im Jahr Bohrlöcher und Installationen auf etwaige | |
Undichtigkeiten und Umweltgefahren hin untersuchen. Das ist nun vorbei. | |
Die US-Regierung schätzt laut New York Times, dass inzwischen mehr als 3 | |
Millionen Bohrstellen aufgegeben worden sind. Davon sollen 2 Millionen | |
nicht sicher verschlossen sein und Methan in einem Ausmaß emittieren, das | |
den Auspuffgasen von 1,5 Millionen Autos entspricht. Die texanische Ölfirma | |
MDC Energy ist vor acht Monaten in die Pleite gerutscht und benötigt laut | |
New York Times 40 Millionen Dollar, um ihre Bohrstellen abzusichern. Doch | |
dieselbe Firma sitze bereits auf 180 Millionen Dollar Schulden. | |
## Erst Boni, dann Pleite | |
Noch vor der Bankrotterklärung hatte MDC Energy nach Angaben der Zeitung | |
8,5 Millionen Dollar an die Geschäftsführung ausbezahlt. Whiting | |
Petroleum, ein weiterer großer Fracker in North Dakota, war im April in | |
Konkurs gegangen, nachdem die Firma den Vorständen 25 Millionen Dollar an | |
Boni überwiesen habe. Das Unternehmen Diamond Offshore Drilling soll sogar | |
Coronahilfen in Anspruch genommen haben, bevor es den Bankrott erklärte. | |
Auch in diesem Fall hätten die Vorstände Millionenzahlungen erhalten. | |
Das Energieforschungs- und Analyse-Institut Rystad Energy rechnet für 2020 | |
mit mehr als 200 Pleiten im US-amerikanischen Frackingbereich. Im zweiten | |
Quartal registrierte das Institut 19 Konkurse. 8 der Firmen hinterlassen | |
mehr als 1 Milliarde Dollar Schulden. An der Spitze liegt der jahrelange | |
Börsenliebling Chesapeake Energy mit 9,2 Milliarden Dollar Schulden. | |
Alle Pleitefirmen haben offenbar eines gemeinsam: Sie haben, entgegen den | |
Vorschriften, kein Geld zurückgelegt, um die Bohrstellen sauber schließen | |
und gegen austretendes Gas sichern zu können. „Das ist der Gipfel beim | |
Privatisieren der Gewinne und beim Sozialisieren des Schlamassels“, | |
twitterte der bekannte Klimaaktivist Bill McKibben. Der Londoner Thinktank | |
Carbon Tracker schätzt die Kosten für die ordnungsgemäße Schließung eines | |
Bohrlochs auf 300.000 Dollar. | |
Der deutsche Frackingspezialist Werner Zittel sieht die Pleitewelle als | |
logische Konsequenz einer Branche, die seit Jahren nur noch Schulden | |
anhäufe. Zittels langjähriger Mitautor Jörg Schindler verweist auf | |
Satellitenmessungen, die einen starken Anstieg der Methanemissionen über | |
den Frackingzonen der USA belegen. Schindler: „Durch Fracking wurde nicht | |
nur unendlich viel Geld verbrannt, jetzt hinterlässt man eine Schweinerei | |
ohne Ende.“ | |
18 Aug 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.nytimes.com/2020/07/12/climate/oil-fracking-bankruptcy-methane-… | |
[2] https://www.forbes.com/sites/davidblackmon/2020/08/15/the-selection-of-kama… | |
[3] /Corona-schadet-Oel--und-Gasindustrie/!5690996 | |
## AUTOREN | |
Manfred Kriener | |
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