# taz.de -- Joe Bidens Präsidentschaftspläne: Die USA als Klima-Supermacht | |
> Diese Woche wollen die US-Demokraten Joe Biden zum Kandidaten küren. | |
> Seine Klimaziele sind ambitioniert. Doch da wären ein paar Probleme. | |
Bild: Joe Biden will die Stromversorgung der USA bis 2035 ohne Kohle, Gas und �… | |
BERLIN taz | Auf die Unterstützung der US-Umweltbewegung kann Joe Biden | |
schon mal zählen: „Er wird der Champion der Klimagerechtigkeit sein, den | |
Amerika im Weißen Haus braucht“, sagte am vergangenen Montag Michael Brune, | |
der Chef des Verbands „Sierra Club“. | |
Die mächtige Lobbygruppe mit 3,8 Millionen Mitgliedern unterstützt damit | |
formell wie auch andere Umweltverbände den Demokraten bei seinem Wahlkampf | |
gegen den amtierenden US-Präsidenten Donald Trump. „Das wird vielleicht die | |
folgenreichste Wahl unseres Lebens“, so Brune. Schließlich sei „[1][kein | |
Präsident schlimmer für die Umwelt] oder die Gesundheit unserer Nation | |
gewesen als Trump“. | |
Aber Joe Biden, der auf dem Parteitag der demokratischen Partei in | |
Milwaukee ab Montag offiziell zum Kandidaten gekürt werden soll, ist aus | |
Sicht vieler Umwelt- und KlimaschützerInnen nicht nur „besser als Trump“. | |
Der 77-jährige, langjährige Senator aus dem US-Staat Delaware und | |
Vize-Präsident unter Barack Obama, der bislang nicht als Öko-Kämpfer | |
aufgefallen ist, hat sich für den Wahlkampf ein ambitioniertes | |
sozialökologisches Konzept schreiben lassen. Mit ihm will er sein Land zur | |
Weltmacht für saubere Energie, Elektromobilität und den Kampf gegen die | |
Klimawandel machen und China von diesem Platz verdrängen. | |
Geschickt hat Bidens Team die Forderungen zum Klimaschutz, für neue Jobs, | |
mehr Gerechtigkeit und bessere Chancen für Minderheiten verknüpft. Die | |
Coronakrise und die Politik Trumps hätten „Millionen von amerikanischen | |
Jobs zerstört und ökologische Ungerechtigkeit verschlimmert“, heißt es in | |
dem Konzept [2][„Moderne Infrastruktur und eine gerechte Energiezukunft“]. | |
All das komme zu einer Zeit, „wo die Wissenschaft uns sagt, es gebe beim | |
Klimawandel keine Zeit zu verlieren“. | |
## Die Ziele im Einzelnen | |
Deshalb will Biden klotzen: Mit einem Programm von 2.000 Milliarden Dollar | |
in seiner ersten Amtszeit hat er große Ziele: Die Stromversorgung der USA | |
bis 2035 ohne Kohle, Gas und Öl organisieren und Klimaneutralität bis 2050 | |
für die USA erreichen; 4 Millionen Geschäftsgebäude und 2 Millionen | |
Privathäuser energetisch sanieren; 1,5 Millionen nachhaltige Häuser bauen; | |
alle Städte über 100.000 Einwohnern in zehn Jahren mit einem Verkehrssystem | |
von Bussen, Bahnen und Radwegen ausstatten. | |
Und weiter will er: überall sauberes Trinkwasser und 5G-Internet | |
bereitstellen; China als Vorreiter beim Bau von Elektroautos ablösen und | |
500.000 E-Ladestellen bauen; das „sauberste, sicherste und schnellste | |
Zugsystem der Welt“ entwickeln; 3 Millionen Autos in öffentlicher Hand auf | |
Elektro umstellen, Hilfen für nachhaltige und kleine Farmer aufstocken, | |
massiv in Forschung zu Wasserstoff, neuen Materialen, aber auch neuen | |
Atomreaktoren und CO2-Speicherung investieren. „Biden wird uns auf einen | |
irreversiblen Pfad führen, um die ehrgeizigen Fortschritte beim Klimaschutz | |
zu erreichen, die die Wissenschaft verlangt“, verspricht das Konzept. | |
Biden, der sich als „Uncle Joe“ volksnah gibt, betont immer wieder, dass er | |
Investitionen in Erneuerbare, Energieeffizienz oder neue Mobilität mit | |
„gutbezahlten Mittelklassejobs“ verbinden will, die gewerkschaftlich | |
abgesichert sein sollen. | |
Sein Konzept verbindet damit viele ökosoziale Forderungen aus dem „Green | |
New Deal“, den vor einem Jahr der linke Flügel der Demokraten propagierte, | |
mit einem Versprechen an die abgehängte weiße untere Mittelschicht, die die | |
Demokraten vor vier Jahren an Trump verloren haben. So schlägt er ein | |
„Civilian Climate Corps“ vor, in dem 250.000 Jobs bei der Renaturierung und | |
Sicherung von Landschaften entstehen sollen. | |
Der Kandidat hat auch Ideen und Mitarbeiter seiner Konkurrenten | |
aufgegriffen – etwa von Jay Inslee, dem demokratischen Gouverneur des | |
US-Staates Washington, der vor einem Jahr als „Klima-Kandidat“ antrat. | |
Jetzt schlägt Biden etwa eine eigene „Umwelt-Gerechtigkeits“-Abteilung im | |
Justizimisterium vor, die Verschmutzer belangen soll. | |
## Den Schaden beheben | |
„Joe Biden hat eine Entscheidung getroffen: Klima steht im Zentrum seiner | |
Kampagne“, sagt Andrew Light, Experte vom World Ressources Institute in | |
Washington, der unter Obama im Außenministerium an der US-Klimapolitik | |
gearbeitet hat. „Es wird eine Herausforderung, den Schaden zu beheben, den | |
Trump angerichtet hat.“ | |
Wichtig ist auch, wie der neue US-Kongress zusammengesetzt ist, aber „wenn | |
nicht nur Trump, sondern der Trumpismus verliert“, könnten auch moderate | |
Republikaner bei einem Programm für Klima und Wachstum mitmachen, so Lights | |
Hoffnung. Denn im Kongress wird entschieden, ob wichtige Vorhaben | |
finanziert und Gesetze festgeschrieben werden. Bisher hat Biden nicht | |
gesagt, wie er die 2 Billionen Dollar aufbringen will. | |
Schon früher hat er versprochen, die USA wieder ins Pariser Klimaabkommen | |
zurückzuführen. Außerdem wolle er gleich am Beginn seiner Amtszeit in | |
Washington eine Klima-Konferenz der wichtigsten Staaten versammeln, um | |
schnell Fortschritte zu erreichen. | |
Allerdings wird es nicht leicht, die Experten und Beamten für die | |
Bundesregierung wieder einzusammeln, die Trumps Team vergrault hat, die | |
Umweltbehörde EPA aus den Trümmern neu aufzubauen und die Gesetze und | |
Standards etwa beim Spritverbrauch für Autos wieder in Kraft zu setzen. Das | |
braucht Zeit, Erfahrung und Hilfe von allen Seiten. | |
## Kalifornien als Vorbild | |
„Kamala Harris als Vizepräsidentin ist eine gute Wahl“, so Light. „Sie | |
kommt aus Kalifornien, wo die Wirtschaft wächst, obwohl die Emissionen | |
sinken, und wo es einen Preis für CO2 gibt, fast wie in Europa.“ Als Harris | |
sich selbst noch um die Kandidatur bewarb, schlug sie sogar ein | |
Klima-Investitionsprogramm von 10 Billionen Dollar vor. | |
Beim umstrittenen Thema Fracking hält sich Biden zurück. Er werde die | |
Gassuche auf öffentlichem Land einschränken, heißt es, aber die | |
Privatwirtschaft nicht antasten. Immerhin ist die Fracking-Industrie ein | |
wichtiger Wirtschaftsfaktor in Bidens Heimatstaat Pennsylvania – einem der | |
wichtigen „Swing-States“, die er gewinnen muss, wenn er überhaupt eine | |
Chance haben will, sein Konzept umzusetzen. | |
17 Aug 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Laender-haften-fuer-ihre-Oekobilanz/!5685764 | |
[2] https://joebiden.com/clean-energy/ | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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