# taz.de -- Parteitag der DemokratInnen in den USA: Durchinszenierte Alternative | |
> Die US-DemokratInnen beginnen ihren virtuellen Parteitag mit Reden von | |
> Michelle Obama und Bernie Sanders – und Breitseiten gegen Donald Trump. | |
Bild: Hielt die längste und emotionalste Rede des Abends: die ehemalige First … | |
NEW YORK taz | Moral, Anstand, Werte und Einfühlungsvermögen standen im | |
Mittelpunkt, als die Demokratische Partei am Montagabend ihren Parteitag | |
eröffnete. In einer perfekt durchinszenierten Show im Internet kamen | |
Hollywood, DemokratInnen sowie eine Reihe von „tief besorgten“ | |
RepublikanerInnen zusammen. Unisono erklärten sie, dass der gegenwärtige | |
Präsident der USA charakterlich untauglich für das Amt ist und dass Joe | |
Biden im November der einzige wählbare Kandidat ist. | |
„Wenn ihr glaubt, dass die Dinge nicht mehr schlimmer werden können, | |
täuscht ihr euch“, warnte die ehemalige First Lady Michelle Obama, „wir | |
müssen für Joe stimmen, als hingen unsere Leben davon ab.“ Sie hielt | |
[1][ihre emotionale Rede] – die längste des Abends – aus einem | |
Wohnzimmersessel. | |
Der Parteitag wurde von Kindern und Jugendlichen aus allen Bundesstaaten | |
eröffnet. Gekleidet in den Nationalfarben der USA, traten sie je einzeln in | |
den Bildschirmkästchen auf, die typisch für die Kommunikation in der | |
Pandemie geworden sind, und sangen die Nationalhymne. Am Ende verwandelten | |
sich die weißen, braunen und schwarzen SängerInnen in die Sterne der | |
US-Fahne. | |
Genau wie der multiethnische Chor sorgten auch Szenen aus dem Alltag der | |
letzten Monate für ein komplett anderes Bild der USA, das die Demokratische | |
Partei zeichnet. Darin sind die Krankenschwestern und BusfahrerInnen und | |
die übrigen „unentbehrlichen Beschäftigten“ die HeldInnen der gegenwärti… | |
Krisen, darin steht Nächstenliebe an der Stelle von „Gier“ und „Kälte�… | |
darin bittet Präsidentschaftskandidat Joe Biden ArbeiterInnen um Rat für | |
seine künftige Politik und darin sind die AktivistInnen der | |
Black-Lives-Matter-Bewegung die Vorbilder. | |
## Drei Krisen im Fokus: Wirtschaft, Gesundheit, Rassismus | |
Ursprünglich sollte der demokratische Parteitag schon im Juli stattfinden. | |
Rund 50.000 TeilnehmerInnen waren dazu in Milwaukee, Wisconsin, erwartet | |
worden. Unter ihnen Delegierte, ExpertInnen, BeraterInnen und | |
JournalistInnen. Wegen der Pandemie verlegte die Partei den Kongress | |
zunächst auf August, dann fast komplett ins Internet. | |
Nur ein paar Tausend TechnikerInnen und OrganisatorInnen sind in dieser | |
Woche tatsächlich vor Ort in Wisconsin. Aber Schauspielerin Eva Longoria | |
moderierte den Abend in einem leeren Raum: ohne Publikum und ohne Gäste. | |
Die RednerInnen ließen sich zu Hause, in Büros oder auf der Straße filmen. | |
Viele Beiträge waren vorproduziert. Die Choreografie des ersten Abends und | |
auch die Organisation der Folgetage hielt die Demokratische Partei bis zum | |
Schluss geheim. | |
Zum Auftakt wollten die DemokratInnen die drei Krisen des gegenwärtigen | |
Moments in den USA in den Vordergrund stellen: die Wirtschaftskrise, die | |
Gesundheitskrise und den Rassismus. Die Botschaft war klar: Trump hat jede | |
dieser Krisen, wenn nicht verursacht, dann verschlimmert. | |
In einem viel beachteten Moment über die Pandemie sprach eine junge Frau | |
über den Tod ihres Vaters an den Folgen des Virus. Der Vater hat dem | |
Präsidenten, den er 2016 gewählt hatte, vertraut und war [2][ohne Maske] | |
frühzeitig wieder in eine Bar gegangen. Er sei vorher ein gesunder Mann | |
gewesen, sagte die Tochter: „Seine einzige bereits bestehende Erkrankung | |
war, dass er Donald Trump gewählt hat.“ | |
## Republikaner treten auf für Biden | |
Die erste Hälfte des Abends diente zum Aufbau eines Crescendos, das zu | |
einer Gruppe von lebenslangen RepublikanerInnen führte, die zwar weiterhin | |
ihrer Partei angehören, aber zur Wahl von Biden aufrufen. Unter ihnen war | |
auch John Kasich, der ehemalige Gouverneur von Ohio. Kasich, ein | |
konservativer „Lebensschützer“ und selbst ein ehemaliger Bewerber um die | |
Kandidatur seiner Partei, ließ sich an einer Weggabelung in der Natur | |
filmen und befand, sein Land stehe an einem Scheideweg. Dem Demokraten | |
Biden bescheinigte Kasich, dass er ein guter Mann sei, dem er vertraue, | |
auch wenn er nicht immer mit ihm übereinstimme. | |
Der einzige Redner des Abends, der sich nicht auf die Charakteranalyse von | |
Biden beschränkte, war der demokratische Sozialist [3][Bernie Sanders]. Er | |
saß bei seiner Ansprache vor Kaminholz und er richtete sich ausdrücklich an | |
die Millionen von meist jungen Leuten, die ihn als | |
Präsidentschaftskandidaten gewollt haben und von denen viele skeptisch | |
gegenüber Biden sind. „Wir müssen ihn wählen“, sagte Sanders, „es geht… | |
die Zukunft unserer Demokratie, unserer Ökonomie und unseres Planeten.“ | |
Er hielt die einzige politische und programmatische Rede des zweistündigen | |
Ereignis. Darin zeigte Sanders zugleich seine Entschlossenheit, Biden ins | |
Weiße Haus zu bringen, als auch seine Bereitschaft, anschließend dafür zu | |
sorgen, dass die [4][Politik des künftigen Präsidenten] progressiver werden | |
wird, als Biden es je in seinem Leben gewesen ist. | |
18 Aug 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.youtube.com/watch?v=Czn0nxFNy0Q | |
[2] /Vorwahlen-bei-den-US-Demokraten/!5677819 | |
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## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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