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# taz.de -- Die US-Post und der Wahlkampf: Trump, postfaktisch
> Immer wieder erstaunlich, mit welchen Mitteln der Präsident um die
> Wiederwahl kämpft. Vertrauen in die Pünktlichkeit des Zustelldienstes hat
> er nicht.
Bild: Das Bildnis des Herrschers, gepresst auf Ansteckbuttons
Wer ganz naiv auf den Streit darüber schaut, ob die US-Post fähig ist, die
pünktliche Zustellung von Briefwahlstimmen zu gewährleisten, muss
fassungslos sein: Wieso ist das im mächtigsten Land der Welt überhaupt eine
Überlegung? Wie ist es möglich, dass in den Vereinigten Staaten offen
darüber diskutiert wird, ob ein zuverlässiger Postdienst garantiert werden
kann – eine Dienstleistung, die selbst in vielen armen, sogar in korrupten
Ländern selbstverständlich ist?
Wer nicht naiv ist und die Hintergründe des Streits kennt, landet bei genau
denselben Fragen.
[1][US-Präsident Donald Trump warnt im Zusammenhang mit Briefwahl vor
möglichem Wahlbetrug.] Ohne belastbare Hinweise darauf, aber durchaus in
Übereinstimmung mit seiner Linie, eine mögliche Niederlage nicht anerkennen
zu wollen und alle Argumente für Widerstand schon im Vorfeld zu sammeln.
Demokraten neigen eher als Republikaner dazu, ihre Stimmen per Post
abzugeben, auch deshalb, weil sie Corona ernster nehmen und deshalb ungern
in Schlangen vor Wahllokalen stehen. Wenn die Post ihre Aufgabe im Hinblick
auf Briefwahl also nicht erfüllen kann, dann nutzt das dem Präsidenten und
schadet seinem Herausforderer. So einfach ist das.
Zahlreiche Briefkästen und Briefsortiermaschinen wurden in den letzten
Tagen und Wochen aussortiert und abmontiert – ein schöner Fall von sich
selbst erfüllender Prophezeiung. Wenn es derlei Geräte nicht gibt, dann
wird es natürlich schwierig, massenhaft Briefe termingerecht zu befördern.
Seit Jahren steckt der US-Postdienst in finanziellen Nöten. Das Internet
hat dafür gesorgt, dass viele Nachrichten, die früher per Brief zugestellt
wurden, inzwischen als Mail versandt werden. Und im boomenden Onlinehandel
muss die gute alte Post mit privaten Unternehmen konkurrieren. Auf Pakete
hat sie kein Monopol.
Eine grundlegende Reform ist unvermeidlich. [2][Aber wenn ein
republikanischer Großspender die Post leitet] und der veranlasst, dass kurz
vor den Wahlen die Voraussetzungen für eine geordnete Briefwahl entfallen,
dann stecken dahinter sicherlich nicht nur wirtschaftliche Überlegungen.
Wie derlei im Detail aussieht, [3][hat sich die Lokalreporterin Maritsa
Georgiou genau angeschaut]. Sie listete sorgfältig auf, welche Briefkästen
in der Kleinstadt Missoula, Bundesstaat Montana, abgebaut wurden oder
abgebaut werden sollten. Etwa 40 Prozent. In der Stadt Billings sogar die
Hälfte. Die Folge: ein Aufschrei, über Parteigrenzen hinweg.
Inzwischen hat der oberste US-Postmeister Louis DeJoy versprochen, er werde
mit der weiteren Zerstörung der Infrastruktur bis nach den Wahlen warten.
Tja. Soll das nun begeistern? Und: Reicht das noch – oder ist schon genug
kaputt, um eine Briefwahl nicht mehr abhalten zu können?
Wer kann das wissen? Was man wissen kann: Donald Trump betrachtet auch die
Post nur unter dem Gesichtspunkt, ob sie seinen Interessen nutzt oder
schadet – genau wie viele andere Dienste, die die Öffentlichkeit braucht.
Kurz nach Amtsantritt drohte er damit, aus dem Weltpostvertrag
auszutreten. Dem Weltpostvertrag! Der den Kalten Krieg und viele andere
Konflikte überstanden hat.
Trump forderte bessere Bedingungen für die USA, und, ja: Er hat sie
bekommen. Das Abkommen begünstigt ärmere Staaten, das gefiel dem
US-Präsidenten nicht. Der Schulhof-Bully hat gewonnen. Und nun? Nun
probiert er halt, ob die Methode auch auf nationaler Ebene funktioniert.
Bisher fährt er damit ganz gut, leider.
22 Aug 2020
## LINKS
[1] /Trump-knebelt-United-States-Postal-Service/!5707399/
[2] /Streit-um-Briefwahlen-in-den-USA/!5707510/
[3] https://nbcmontana.com/news/local/dozens-of-montana-usps-drop-boxes-removed
## AUTOREN
Bettina Gaus
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