# taz.de -- Studie zum Ende fossiler Energie: Der Ölboom ist vorbei | |
> Eine Studie warnt vor dem Niedergang fossiler Energien wie Gas, Kohle und | |
> Öl. Das hätte fatale Folgen für das globale Finanz- und | |
> Wirtschaftssystem. | |
Bild: Absehbar ein Verlustgeschäft: Ölfeld in Permbecken, USA | |
Berlin taz | Autokaufprämien im staatlichen Konjunkturpaket sollen durch | |
Jobs und Wertschöpfung die Wirtschaft wieder ankurbeln, so argumentiert | |
gerade die Autoindustrie. [1][Derzeit leidet sie unter dem Coronaschock, | |
unter Umweltauflagen und unter der Konkurrenz von E-Mobilen.] Damit ist die | |
Branche ein Paradebeispiel dafür, wie verletzlich das weltweite fossile | |
System geworden ist. | |
Eine [2][neue Studie des britischen Thinktanks Carbon Tracker] warnt nun | |
dringend vor dem Niedergang der fossilen Energien – und den schweren | |
Schäden, die das im globalen Wirtschafts- und Finanzsystem anrichten werde. | |
„Wir erleben gerade den Fall des fossilen Energiesystems“, sagt Kingsmill | |
Bond, Analyst bei Carbon Tracker und einer der Autoren des Reports „Decline | |
and Fall“, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Das Fossilsystem nähere | |
sich seinem Ende, weil immer billigere saubere Technologien, der Drang nach | |
Energiesicherheit und eine schärfere Klimapolitik Druck machten. „Die | |
[3][Covid-19-Krise] verschärft das noch“, so Bond, durch sie sei die | |
Nachfrage eingebrochen. | |
Ölkonzerne gehen davon aus, dass der Verbrauch bald wieder in alte Höhen | |
steigen wird. Für die Carbon Tracker, seit Jahren führend bei der | |
Finanzanalyse der Öl-, Gas- und Kohleindustrie, braut sich dagegen ein | |
Sturm zusammen: Erneuerbare Energien seien inzwischen in 85 Prozent der | |
Märkte billiger als fossile; ein großer Teil der fossilen Reserven müssten | |
im Boden bleiben, um die Klimaziele zu erreichen, und der Höhepunkt ihres | |
Verbrauchs sei überschritten, der Coronaschock ein Wendepunkt. | |
Das führe dazu, dass sich der Wert von Energiekonzernen drastisch | |
reduziere: Statt 39 Billionen Dollar, wie 2018 von der Weltbank geschätzt, | |
könne die Energiewirtschaft jetzt nur noch 14 Billionen US-Dollar an | |
jährlichen Gewinnen erwarten, heißt es. „Das dürfte Schockwellen durch die | |
Weltwirtschaft schicken, weil Unternehmen, Finanzmärkte und | |
Rohstoffexportländer getroffen werden“, heißt es im Report. | |
## Wenig lukrative Investitionen | |
Die jährlich fünf Billionen US-Dollar globale Investitionen in neue | |
Ölbohrungen, Pipelines und Autofabriken könnten sich dann nicht rechnen, | |
warnt die Studie. Erste Anzeichen: [4][Unternehmen fahren Projekte zurück, | |
andere kürzen Dividenden, die US-Fracking-Industrie stürzt ab.] Ein | |
Zusammenbruch des fossilen Systems würde die Weltwirtschaft weiter | |
destabilisieren, allein an der Londoner Börse wurden 2019 fast ein Viertel | |
aller Dividenden von Öl- und Gasfirmen gezahlt. Dazu komme, dass Ölstaaten | |
wie Russland, Saudi-Arabien oder Venezuela Einnahmen verlören. | |
Der Bericht warnt Geldgeber und Aufsichtsbehörden vor einer riesigen | |
Kohlenstoffblase: „Bei den fossilen Energien ist viel mehr Risiko im | |
System, als gewöhnlich auf den Finanzmärkten eingepreist ist“, heißt es. | |
Weil die Branche aber so wichtig für die Weltwirtschaft ist, sei „jetzt die | |
Zeit, einen geordneten Rückbau von fossilen Vermögenswerten zu planen“, so | |
Kingsmill Bond. Man solle lieber die Wirkung eines solchen Rückzugs auf die | |
Weltwirtschaft managen, statt weiter zu versuchen, „das Nicht-Nachhaltige | |
zu unterstützen“. | |
4 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Streit-um-die-Abwrackpraemie/!5686826 | |
[2] https://carbontracker.org/reports/decline-and-fall/ | |
[3] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746 | |
[4] /Wenig-Energieinvestitionen-wegen-Corona/!5688910 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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