| # taz.de -- Ukrainisches Leben in Dresden: Aneinander vorbei | |
| > In Dresden verläuft ein Riss zwischen integrativ denkenden | |
| > Sowjetnostalgikern und Geflüchteten aus der Ukraine. Auch die | |
| > Stadtbewohner sind gespalten. | |
| Bild: Ukrainische Aktivistinnen vor prorussischer Demo: AfD und Pegida am 24.2.… | |
| Ein gutes Jahr nach dem russischen Überfall fällt es in einer | |
| Halbmillionenstadt wie Dresden nicht leicht, eine ukrainische Community zu | |
| identifizieren. Schon der erste Anlaufpunkt scheint sich zu verstecken. | |
| Unweit vom Bahnhof Mitte, gegenüber dem wuchtigen historischen | |
| Gewerkschaftshaus, fallen an einem der gesichtslosen Nachwendebürohäuser | |
| Schilder des Kolibri e. V. kaum auf. | |
| Dabei wuselt es dort ständig auf der Treppe und erst recht auf den engen | |
| Fluren des Kinder- und Elternzentrums. Ruhepunkte zwischen | |
| Unterrichtsräumen, Bibliothek und Büro bilden die wartenden Mütter, während | |
| ihre Zöglinge in den Räumen elementaren Vorschulunterricht, Sprachkurse | |
| oder musisch-künstlerische Ausbildung erhalten. Sie sprechen gedämpft, | |
| meist auf Russisch oder Ukrainisch. | |
| Der bunte Eindruck im Büro, wo Souvenirs aus aller Welt neben ukrainischen, | |
| russischen oder deutschen Fähnchen stehen, verstärkt sich hinter den | |
| anderen Zimmertüren. Derzeit proben alle ganz speziell für ein gemeinsames | |
| Fest, also einen „Prasdnik“ am 11. März, [1][das Vereinigungsfest eines | |
| Vereins] über alle Unterschiede hinweg. | |
| Im Musikzimmer ist eine Kindergruppe etwa im Schulanfängeralter um das | |
| Klavier versammelt. Der Kommandoton, mit dem sie dirigiert werden, erinnert | |
| an den in sowjetischen Schulen und auch an Musikschulen üblichen Drill. | |
| ## Die gute alte Zeit in der SU | |
| Doch dann überrascht der Text: „Ukraina nasha mati – Ukraine, unsere | |
| Mutter“ klingen die von einem sonoren Bass geführten Kinderstimmchen. Ein | |
| patriotisches ukrainisches Lied im Marschtritt! Der 73-jährige Musiklehrer, | |
| Pianist und Komponist aus Kyjiw hält für den Nachwuchs im Exil die | |
| Heimatbindung aufrecht. | |
| Eine Tür weiter, bei der Sprachlehrerin Olga, wartet der Kontrast. Eben | |
| noch hatte ihre für die Vorschulkinder tätige Kollegin energisch den Kopf | |
| geschüttelt, als sie nach möglichen Spannungen mit Kindern | |
| deutsch-russischer Spätaussiedler und jüdischer Kontingentflüchtlinge | |
| gefragt wurde. „Es gibt keine Spaltung, wir sprechen alle Russisch!“ | |
| Auch Olga spaltet nicht, zeigt aber auf, welche Breite von Prägungen | |
| Kolibri ausbalancieren muss. Sie berichtet von einem kleinen ukrainischen | |
| Mädchen, das im Vorjahr von seinen geflohenen Eltern gebracht wurde. Als es | |
| erfuhr, dass andere Kinder hier russische Eltern haben, entfuhr es ihm: | |
| „Ich hätte sie getötet!“ Das Mädchen blieb künftig fern. Olga hat sogar | |
| Verständnis dafür, dass Kinder in diesem Alter nicht nur ihre Eltern | |
| verteidigen, sondern auch das, was sie von ihnen hören. | |
| Dieser Hass aber entsetzt sie auch, und zwar aus einem bestimmten anderen | |
| Grund. „In der Sowjetunion gab es in meiner Jugendzeit keinen Unterschied | |
| nach Herkunft!“ Im Jahr 2000 kam sie aus Kasachstan mit ihrem russischen | |
| Mann nach Deutschland. Ihr Vater war Ukrainer, die Mutter deutschstämmig | |
| aus einem Dorf bei Luhansk. Und ihr Sohn ist mit einer belarussischen Frau | |
| verheiratet. | |
| ## Unerträgliche Putin-Bewunderung | |
| Der früher einigenden oder vereinheitlichenden Zeit trauert sie nach. | |
| „Sollen wir uns jetzt mit Messern zerschneiden?“ Dass Putin und sein Regime | |
| selbst für eine neue Todfeindschaft zwischen ehemaligen Brudervölkern | |
| gesorgt haben, kommt ihr nicht in den Sinn. | |
| Was sie als „Blick von der Seite“ einer Besserverstehenden bezeichnet, ist | |
| vielmehr unüberhörbare Putin-Verehrung. Er habe versucht „zusammenzuhalten, | |
| was in den 1990ern in Fetzen gerissen wurde“. Das sei für Russland gut. | |
| „Putin ist schon ein Krieger“, sagt sie bewundernd. | |
| Nach der russischen Invasion in der Ukraine haben wegen ähnlicher | |
| Einlassungen einzelne deutsche Eltern ihre Kinder bei Kolibri wieder | |
| abgemeldet, obschon viele, wie ein Vater, von den „wirklich wunderbaren | |
| Lehrkräften“ speziell im Russischunterricht begeistert waren. „Die | |
| Diskussionen und Äußerungen zu Putin unter den Eltern sind für uns nicht | |
| länger zu ertragen“, sagte der Vater damals. | |
| Der Geist von Kolibri pegelt solche Spannungen aus. Im Tanzsaal zum | |
| Beispiel, wo die schon etwas Größeren eine poppige Choreografie zu Musik | |
| von Michael Jackson und damit dessen Hüftknick proben. Die junge Leiterin | |
| der Tanzgruppe kommt wie fünf der zwölf Kinder aus der Ukraine. | |
| ## Es gibt nicht nur eine Identität | |
| „Der Umgang mit Menschen, die Kinder sind uns das Wichtigste“, bekräftigt | |
| mit der ihr eigenen Vehemenz die Vereinsvorsitzende und Musiklehrerin | |
| Galina Jefremova. Längst ist sie eine vitale Rentnerin, aber auf sie geht | |
| hier eine künstlerische Jugendgruppe zurück, die zunächst beim | |
| Deutsch-Russischen Kulturinstitut wenig gefördert worden war. | |
| Auch von der [2][Stadt Dresden] gab es anfangs nur ein paar Tausend Euro, | |
| bis Kolibri ein Domizil fand, sich etablierte und heute mit deutlich | |
| höheren Summen gefördert wird. So wirksam, dass das Begegnungszentrum ab | |
| dem kommenden Jahr in das Kulturkraftwerk Mitte umziehen und zum Träger der | |
| Villa der Kulturen avancieren wird. | |
| Jegliche Polarisierung würde die integrativen Intentionen dieses | |
| Begegnungszentrums konterkarieren. „Menschen besitzen nicht nur eine | |
| Identität“, lautet ein Leitsatz von Geschäftsführerin Kristina Daniels. Die | |
| in Belgrad geborene promovierte Slawistin und Osteuropahistorikerin wuchs | |
| in Süddeutschland auf und hat viele Jahre sowohl in Moskau als auch in | |
| Kyjiw gearbeitet. „Politik und Religion stehen nicht im Vordergrund, aber | |
| wir positionieren uns klar gegen diesen Krieg“, ergänzt sie. | |
| „Wer soll jetzt der oder die Schlechte sein?“, fragt Galina Yefremova, die | |
| selbst eine sehr mehrdeutige Herkunft hat: Geboren als Jüdin in Russland | |
| und ab dem ersten Lebensjahr in der Ukraine aufgewachsen, ist auch ihre | |
| Identität nicht eindimensional. | |
| ## Der Traum von der Goldenen Generation | |
| Kolibri versucht Ähnliches wie die Jüdische Gemeinde zu Dresden, mit der es | |
| wegen der Kontingentflüchtlinge eine enge Verbindung gibt. Schon seit 2014 | |
| gleicht man dort die Spannungen zwischen Ukrainern und Russen durch die | |
| Besinnung auf das gemeinsame Judentum aus, seit einem Jahr auch durch die | |
| gemeinsame Hilfe für Flüchtlinge. | |
| Entsprechend werden die beiden Damen der Leitung nicht müde, auf die | |
| Vielfalt und Internationalität von Kolibri zu verweisen. Afrikanische | |
| Männer kämen her, um Russisch zu lernen, weil sie in eine Russin verliebt | |
| sind. Es gebe indonesische, afghanische oder iranische Gruppen. | |
| Die Jugendfilmgruppe hat einen vielbeachteten 40-minütigen Spielfilm über | |
| latenten Antisemitismus im Schulalltag gedreht. Einer der Hauptdarsteller | |
| ist Malik, Sohn tschetschenischer Flüchtlinge. „Wir arbeiten für die | |
| Zukunft des Landes, für eine Goldene Generation, die viele Sprachen | |
| spricht“, schwärmt Galina Yefremova. | |
| Unter den geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern sind integrative | |
| Ausgleichsbemühungen verständlicherweise seltener anzutreffen. Ausgerechnet | |
| am 7. November, an dem nach dem Gregorianischen Kalender die Sowjetunion | |
| den Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution 1917 feierte, | |
| eröffnete im Vorjahr ein [3][Ukrainisches Haus in Dresden]. | |
| ## Ukrainisches Haus im Keller | |
| Ein wenig hoch gegriffen wirkt die Bezeichnung für den großen Raum plus | |
| Vorraum im Souterrain, zusammen etwa 200 Quadratmeter. An der Decke | |
| verlegte Kabel- und Lüftungskanäle verstärken den Kellereindruck. Wie ein | |
| Raumteiler wirkt ein Regal mit etwa 400 ukrainischen Büchern für jedes | |
| Alter. An den Wänden hängen Collagen, Symbole der Zerrissenheit. | |
| Dafür kann dieser neue Ukrainetreff mit umso noblerer Lage glänzen. Im | |
| Untergeschoss des QF-Einkaufsquartiers an der Frauenkirche gelegen, soll es | |
| erklärtermaßen auch der Begegnung mit Dresdnern dienen. Das Management des | |
| Einkaufscenters stellt die Räume vorerst kostenfrei bis Oktober 2023 zur | |
| Verfügung. Die Stadt übernimmt für ein Jahr die Betriebskostenpauschale von | |
| monatlich 1.300 Euro netto. Nur den elektrischen Strom muss der | |
| Trägerverein Plattform e. V. selbst bezahlen. | |
| Doch dessen Wirken hier unten beobachten zu können, erweist sich als | |
| schwierig. Immerhin waren zum Jahreswechsel 8.861 Ukrainer in Dresden | |
| registriert. Die Glastüren des Ukrainischen Hauses aber bleiben meistens | |
| geschlossen. Nur alle paar Tage öffnen sie sich für einen Entspannungskurs | |
| oder einen bildkünstlerischen Workshop. Man kann dann junge Frauen | |
| beobachten, die einzeln ankommen, insgesamt kaum mehr als zehn. Deutsch | |
| spricht keine von ihnen. | |
| Dafür geht es zwei Tage vor dem Jahrestag des Kriegsbeginns beim | |
| deutsch-ukrainischen Stammtisch umso lebhafter zu. Etwa 40 Gäste jeden | |
| Alters sind gekommen. Bei der Einzelvorstellung stellt sich heraus, dass | |
| sie fast paritätisch zuzuordnen sind. Nach zweisprachiger Moderation finden | |
| sich die Gäste an fünf Tischen bei einem Pappbecher Bier oder Saft ein. Die | |
| Stimmung bleibt aber gedämpft und tendiert eindeutig contra Russland, | |
| obschon einige Teilnehmer schon vor vielen Jahren aus der Ukraine gekommen | |
| waren. | |
| ## Steht Putin in zehn Jahren vor Berlin? | |
| Nadija zum Beispiel, um die vierzig, winkt nur ab, wenn sie von der Trauer | |
| über die aufgelöste Sowjetunion hört. „Die Sowjetunion war eine Illusion�… | |
| meint sie mit Blick auf die seit 1922 immer schwelende Nationalitätenfrage. | |
| Sie kann sich wie alle Geflohenen hier überhaupt nicht über konkrete | |
| deutsche Hilfsbereitschaft beklagen, obschon die Sachsen zuerst für | |
| billiges Gas demonstrierten. Sie lebt bei Freunden im 20 Kilometer | |
| entfernten Dippoldiswalde. | |
| Gert, ein Ingenieur, der mit seiner Firma länger als ein Jahrzehnt Kontakte | |
| mit der Ukraine pflegt, hat schon vor der Krim-Annexion eine bestimmte | |
| Stimmung dort erlebt: „Putin kommt, es ist nur die Frage, wann.“ Die | |
| Fernsehauftritte eben dieses Putin beobachtet er genau, insbesondere dessen | |
| Körpersprache. „Ich frage mich, ob wir in zehn Jahren nicht vor demselben | |
| Problem stehen wie die Ukraine“, [4][orakelt er] und denkt dabei an | |
| russische T72-Panzer, auf denen „Nach Berlin“ steht. | |
| Hellwach spricht die 31-jährige Alexa, die hier von einer Modelagentur | |
| angeworben wurde. Zu Hause, im mittlerweile russisch besetzten Donbass, saß | |
| sie an leitender Stelle einer Oblastverwaltung. „Bei Rückkehr droht mir der | |
| Tod“, muss sie eine Träne unterdrücken. Gern würde sie auch hier zum | |
| Beispiel in der Staatskanzlei arbeiten. | |
| Auch Alexa lobt geradezu überschwänglich die sächsische Hilfsbereitschaft | |
| und lässt sich davon nicht durch die russlandfreundlichen Demonstrationen | |
| abbringen. Ungeachtet gesellschaftlicher Zerrissenheit imponiert ihr hier | |
| besonders die funktionierende Ordnung, kein Einzelfall unter Flüchtlingen. | |
| ## Ein Abbild der ukrainischen Gesellschaft | |
| Ratlos und kopfschüttelnd aber reagiert Alexa, als sie von den Animositäten | |
| zwischen Plattform e. V. und dem Kolibri-Begegnungszentrum erfährt. Auch | |
| das zu Plattform gehörende Ukrainische Koordinationszentrum rückt den | |
| Interkulturellen Verein in die Nähe Moskaus. | |
| Der lange Arm des Krieges hat offenbar ein Umgangsproblem radikalisiert, | |
| das lange kein offenes mehr war. Ein schwelendes Misstrauen zwischen denen, | |
| die den integrativen Gedanken über alles stellen, und jenen, die sich | |
| spätestens seit 2022 als Kriegspartei herausgefordert fühlen. | |
| Hinzu kommt das Gefühl einer gewissen Ungleichbehandlung wegen der guten | |
| institutionellen Förderung der „Konkurrenz“, während die Mitglieder von | |
| Plattform e. V. und das Koordinationszentrum bis zur Erschöpfung | |
| ehrenamtlich arbeiten. | |
| Vorstandsvorsitzende ist die junge promovierte Wissenschaftlerin und | |
| Journalistin Tetiana Ivanchenko. Vor fünf Jahren kam sie für ein | |
| journalistisches Projekt und ihre Promotion nach Berlin – und blieb. Für | |
| ein Treffen hat sie keine Zeit. Aber in geschmeidigem Deutsch beschreibt | |
| sie schriftlich die Situation der ukrainischen Community in Dresden, die in | |
| ihrer Heterogenität ein „Abbild der Gesellschaft in der Ukraine“ sei. | |
| ## Vermeintlich „prorussisch“ | |
| Auf die heikle Frage nach dem Verhältnis zur Dresdner Stadtgesellschaft wie | |
| auch zu vermeintlich konkurrierenden Institutionen angesprochen, antwortet | |
| Tetiana Ivanchenko ausweichend, aber vielsagend. Der Vorstand habe | |
| beschlossen, sich dazu nicht zu äußern, und möchte „nicht in eine für uns | |
| unerwünschte Diskussion hineingezogen werden“. | |
| Und sie fügt erklärend hinzu: „Wir begegnen heute schon neben der sehr | |
| großen Hilfsbereitschaft aus der Bevölkerung auch unangenehmen | |
| Vorurteilen.“ | |
| Deutlicher wird bei aller Freundlichkeit der ukrainischstämmige Pfarrer | |
| Bohdan Luka, der seit 2004 in den sächsischen und thüringischen Großstädten | |
| die ukrainischen Christen der griechisch-katholischen Kirche betreut. In | |
| Dresden ist der liebenswürdige Mann mit dem rundlichen Gesicht sehr | |
| populär, wird von seinen Landsleuten nur „Vater Luka“ genannt. Auf Kolibri | |
| angesprochen, ist aber von der Bergpredigt nach Matthäus 5 nicht viel zu | |
| spüren. | |
| Den Verein bezeichnet Pfarrer Luka als „prorussisch“. Frau Yefremova habe | |
| zwar mehrmals versucht, einen Kontakt herzustellen, räumt er ein „Sie sind | |
| von Kopf bis Fuß ein sowjetischer Mensch“, habe er ihr entgegnen müssen. | |
| ## Geld aus Moskau – und vom Rathaus | |
| Der Krieg hat die Erinnerung an die Verbrechen der vor hundert Jahren | |
| begonnenen Sowjetherrschaft gegenüber den Ukrainern wieder kollektiv | |
| wachgerufen, auch bei einem Priester. Und der Ex-Geheimdienstler Putin gilt | |
| als ein Exponent dieser Sowjetunion und sorgt für makabre Kontinuitäten. | |
| Die Ukrainer beobachten gerade jetzt [5][Pilgerzüge zur ehemaligen | |
| Putin-Villa] aus seiner Zeit als KGB-Offizier in Dresden, heute Sitz der | |
| Anthroposophischen Gesellschaft. | |
| Kolibri-Geschäftsführerin Kristina Daniels möchte zu den ukrainischen | |
| Anwürfen am liebsten nur beredt schweigen. „Unerfreulich“ seien das | |
| Verhältnis und die Ausladung seitens des Ukraine-Hauses, mehr kommentiert | |
| sie nicht. | |
| Auch das [6][Deutsch-Russische Kulturinstitut] in einer hübschen | |
| Zwiebelturmvilla wollte sich schon vor einem Jahr nicht äußern, verlangt | |
| aber jetzt von der taz eine Entschuldigung für damals aus anderen Quellen | |
| beschaffte Angaben. | |
| Zum Beispiel zu der Frage, ob es weiterhin von der für die russische | |
| Propaganda in der Diaspora gegründeten Stiftung Russki Mir (Russische Welt) | |
| getragen wird, also eine Exklave des russischen Staates ist. Das Institut | |
| erhält jährlich noch 15.000 Euro Förderung aus dem Dresdner Kulturrathaus. | |
| Es bedient aber mit einem schmalen, lediglich retrospektiv-folkloristischen | |
| Programm eher eine geschlossene Gesellschaft. | |
| ## Die Kirche mischt vorne mit | |
| Ähnlich isoliert ist die Dresdner Russisch-Orthodoxe Kirche. An ihrer | |
| Stelle äußert sich auf der Homepage der Moskauer Patriarch Kirill in einer | |
| Botschaft an alle „Kinder der Kirche“ vom 17. März des Vorjahres, die an | |
| Demagogie nicht zu überbieten ist: | |
| „Doch selbst in den schwierigsten Zeiten der Prüfung hat unser Volk stets | |
| Hilfe von der Allheiligen Gottesmutter erfleht, die sich immer als | |
| inständige Fürsprecherin der Heiligen Rus erwiesen hat. Richten wir unseren | |
| Blick und unser Seufzen an die inständige Fürsprecherin der Christen, | |
| sodass auf ihre unablässige Fürsprache der menschenliebende Herr Seine | |
| Gnade über unsere Völker kommen lässt und uns festen und unerschütterlichen | |
| Frieden schenkt.“ | |
| Um Frieden bitten und den Krieg unterstützen – die Dresdner Orthodoxe | |
| Kirche gehört zum Moskauer Patriarchat, einer [7][waffensegnenden Stütze | |
| der Putin-Clique]. | |
| Und wie verhält sich das sächsische Gastgebervölkchen? Pfarrer Bohdan Luka | |
| begegnet „die gesamte menschliche Bandbreite – von sehr herzlich bis zur | |
| kompletten Ablehnung“. Zur leisen Kundgebung vor der Frauenkirche, die am | |
| 24. Februar den Jahrestag des Kriegsbeginns betrauerte, kam immerhin fast | |
| die doppelte Anzahl der erwarteten tausend Teilnehmer. | |
| ## Auch Dresden ist gespalten | |
| Die AfD-Pegida- und Schwurblerdemo auf dem Theaterplatz, einen Tag vor der | |
| Wagenknecht/Schwarzer-Demo in Berlin, brachte es nicht ganz auf diese Zahl. | |
| Aber elf Tage zuvor, am Zerstörungsgedenktag Dresdens im Zweiten Weltkrieg, | |
| wurde Oberbürgermeister Dirk Hilbert eben auch als „Kriegstreiber“ | |
| ausgebuht, als er von der russischen Aggression sprach. | |
| Der Volksneid giftet und sieht in den Kaufhäusern nur noch reiche | |
| ukrainische Frauen. Die Kassiererin im Supermarkt macht ihrem Ärger Luft, | |
| schon mit 63 Jahren verrentete Ukrainer bekämen angeblich von uns üppige | |
| Rentenzahlungen, während sie selbst bis 67 schuften müsse. Die Friseurin | |
| hat von Flüchtlingen gehört, die hier absahnen, reisen und währenddessen | |
| ihre Wohnungen in der Westukraine vermieten. Auch Kinder nicht arbeitender | |
| geflüchteter Mütter bekämen privilegiert Kindergartenplätze. | |
| Alexa aus dem Ukraine-Haus hat Ähnliches noch nicht erfahren und verteidigt | |
| die Sachsen. Sie sei aber von Russen als „Schlampe“ und schlimmer | |
| beschimpft worden, sobald sie als Ukrainerin erkennbar war. | |
| Neben Ressentiments und Stereotypen machen aber auch gutwillige Helfer | |
| unangenehme Erfahrungen: Eine Musikerin aus Langebrück, die gleich eine | |
| Vierer-WG aufnahm, beobachtete insbesondere bei der jungen „Generation | |
| Handy“ bereits das typisch westliche Anspruchs- und Versorgungsdenken. | |
| ## Differenzierung? Eine Utopie | |
| Und dass Flüchtlinge der ersten Stunde, die seither mit ihrem SUV hier | |
| fahren, als Flüchtlinge erster Klasse erscheinen, ist keine [8][Erfindung]. | |
| Auch hier zeigt sich das von Plattform-Chefin beschriebene Abbild der | |
| gesamten ukrainischen Gesellschaft in seiner ganzen Heterogenität | |
| Differenzierte Wertungen und ein tolerantes Miteinander werden in Dresden | |
| aber auf absehbare Zeit eine große Herausforderung bleiben. Die 64-jährige | |
| Walentyna, die sich im 18 Kilometer entfernten Radeberg endlich eine | |
| Einraumwohnung einrichtet, kann kaum noch an einen Frieden glauben. Denn | |
| sie kann sich nicht mehr vorstellen, dass sie und ihre Landsleute die | |
| russischen Gräuel jemals verzeihen. | |
| 6 Mar 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Ukrainische-Gefluechtete-in-Dresden/!5851023 | |
| [2] /Deutsch-russischer-Austausch/!5837870 | |
| [3] https://plattform-dresden.de/ukrainisches-haus-ein-zuhause-in-dresden-2/ | |
| [4] https://www.fr.de/politik/krieg-russland-drohung-invasion-europa-weltkrieg-… | |
| [5] /Putin-Fans-in-Ostdeutschland/!5836638 | |
| [6] https://www.nd-aktuell.de/artikel/1162143.folgen-des-ukraine-kriegs-ein-des… | |
| [7] /Die-Kirche-in-Russland-und-der-Ukraine/!5838634 | |
| [8] https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/faktencheck | |
| ## AUTOREN | |
| Michael Bartsch | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
| Dresden | |
| Exil | |
| GNS | |
| Ukraine | |
| Russland | |
| Wladimir Putin | |
| Sowjetunion | |
| Wladimir Putin | |
| antimuslimischer Rassismus | |
| Schwerpunkt AfD | |
| Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
| Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| ARD-Podcast „Klang der Macht“: Herr Putin und die Semperoper | |
| Ein Podcast folgt den Spuren russischer Einflussnahme auf den deutschen | |
| Kulturbetrieb. Ein wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung der | |
| deutsch-russischen Abhängigkeit. | |
| Geflüchtete aus der Ukraine: Krise, welche Krise? | |
| Die Situation ähnelt der „Flüchtlingskrise“ von 2015. Doch die Debatte ü… | |
| ukrainische Geflüchtete verläuft anders. Der Grund dafür ist Rassismus. | |
| Studie über Montagsdemonstrationen: Russlandverständnis und Grünenhass | |
| Teilnehmende der rechten Montagsdemos haben ein grundlegend anderes | |
| Verständnis von Demokratie. Eine neue Studie zu ihren Beweggründen. | |
| Georgische Autorin über Sowjetunion: „Eine patriarchale, gewalttätige Zeit�… | |
| Russland werde unter Putin seine Geschichte nie aufarbeiten können, sagt | |
| die aus Georgien stammende Theaterregisseurin und Autorin Nino | |
| Haratischwili. | |
| Ein Jahr Krieg in der Ukraine: „Wir sind alle Ukrainer“ | |
| Am Freitagabend demonstrierten tausende Menschen in Berlin für Solidarität | |
| mit der Ukraine. Präsident Wolodomir Selenski sendete eine Videobotschaft. |