# taz.de -- Ukraine-Flüchtlinge aus Drittstaaten: Geflohen vor demselben Krieg | |
> Ein aus der Ukraine geflüchteter Nigerianer wurde beinahe aus Bayern | |
> abgeschoben. SPD-Politiker Hakan Demir fordert Lösungen für diese Fälle. | |
Bild: Ist für Gleichbehandlung der Ukraine-Geflüchteten: Hakan Demir, SPD-Bun… | |
BERLIN taz | Der SPD-Bundestagsabgeordnete Hakan Demir fordert | |
Nachbesserungen im Umgang mit aus der Ukraine geflüchteten | |
Drittstaatler*innen. „Die Menschen fliehen alle vor demselben Krieg, also | |
sollten sie auch den gleichen Schutz bekommen“, sagte Demir der taz. | |
Anlass für Demirs aktuelle Forderungen ist der Fall des Nigerianers Uchenna | |
U., der in der Ukraine studiert hatte. Im März floh er vor dem Krieg nach | |
Deutschland. Mitte Dezember wäre er [1][beinahe der erste bekannte Fall von | |
Abschiebung eines Ukrainekriegsflüchtlings] gewesen: Bayern hatte den | |
28-Jährigen bereits in Abschiebehaft genommen. Nur ein kurzfristig | |
gestellter Asylantrag bewahrte den Mann zumindest vorübergehend vor der | |
Abschiebung. | |
Rund 1 Million Menschen sind vor dem russischen Angriffskrieg auf die | |
Ukraine nach Deutschland geflohen und haben unbürokratische Hilfe bekommen. | |
Möglich macht das die sogenannte Massenzustromrichtline der EU. | |
Die Massenzustromrichtlinie gilt aber in erster Linie für ukrainische | |
Staatsbürger*innen und nicht für die rund [2][34.000 Geflüchteten | |
anderer Nationalitäten]. Viele von ihnen sind wie Uchenna U. Studierende | |
aus afrikanischen Ländern. Sie fallen nur in Ausnahmefällen unter die | |
EU-Richtlinie, etwa wenn sie in der Ukraine einen unbefristeten | |
Aufenthaltstitel hatten, mit ukrainischen Staatsbürger*innen | |
verheiratet sind oder wenn sie „nicht sicher und dauerhaft“ in ihre | |
Herkunftsländer zurückkehren können. | |
## Ethische und pragmatische Gründe | |
Bis zum 31. August durften auch sie sich ohne Visum in Deutschland | |
aufhalten. Doch wer bis dahin nicht entweder Schutz entsprechend den | |
genannten Kriterien erhalten, Asyl beantragt oder einen anderen | |
Aufenthaltstitel bekommen hat, ist seither [3][offiziell | |
ausreisepflichtig]. | |
„Ich finde es nicht richtig, diese Menschen abzuschieben“, sagte Demir der | |
taz. Dafür gebe es neben ethischen auch pragmatische Gründe: „Wir brauchen | |
jedes Jahr 400.000 Arbeitskräfte aus dem Ausland, erlassen entsprechende | |
Gesetze – und dann sollen wir Menschen, die für ein Studium qualifiziert | |
sind, abschieben? Das passt doch nicht zusammen.“ | |
Er fordere von der Bundesregierung eine „bundeseinheitliche Regelung, die | |
klar formuliert ist und Auslegungsräume schließt“, sagte Demir. Denn dass | |
der erste bekannte Abschiebungsversuch ausgerechnet in Bayern passiert, sei | |
kein Zufall. Die dortige CSU-geführte Landesregierung macht immer wieder | |
klar, dass sie von liberaler Migrationspolitik nichts hält. Und auch die | |
zuständige Ausländerbehörde Donau-Ries ist laut Münchner Flüchtlingsrat | |
„bereits seit vielen Jahren als besonders repressiv bekannt“. | |
## „Fiktionsbescheinigung“ schafft Optionen | |
Anders in [4][Berlin, Bremen und Hamburg:] Dort können aus der Ukraine | |
geflüchtete Studierende aus Drittstaaten für weitere sechs Monate eine | |
sogenannte Fiktionsbescheinigung bekommen, ein „vorläufiges | |
Aufenthaltsrecht“ – und somit die Möglichkeit, die vielen Hürden für ein | |
Studium oder die Anerkennung als Fachkraft zu meistern. [5][Auch in diesen | |
Bundesländern hat es allerdings schon Ausreiseverfügungen gegeben]. | |
Die Massenzustromrichtlinie sei der Rechtsrahmen im Kontext einer | |
„gesamteuropäischen Lösung für eine gesamteuropäische Aufgabe“, erklär… | |
bayerische Innenministerium auf Anfrage. Einzelne landesrechtliche | |
Regelungen seien vor diesem Hintergrund abzulehnen. Und: „Der Schutz | |
nicht-ukrainischer Staatsangehöriger, die aus der Ukraine geflohen sind und | |
die jederzeit in ihre Heimat zurückkehren können, ist aus unserer Sicht | |
zuvorderst Aufgabe der Heimatländer.“ | |
Es gebe verschiedene Möglichkeiten, das Problem zu lösen, sagt Demir. „Am | |
einfachsten und somit aus meiner Sicht sinnvollsten wäre es aber, diesen | |
Menschen den gleichen unbürokratischen Schutz zu geben, den wir auch den | |
Ukrainer*innen gewähren.“ Ohnehin gehe es angesichts einer Million | |
Geflüchteter aus der Ukraine um eine geringe Anzahl an Menschen. | |
2 Jan 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.change.org/p/stoppt-abschiebung-gleichbehandlung-f%C3%BCr-alle-… | |
[2] /Drittstaatsangehoerige-in-Deutschland/!5874408 | |
[3] /Drittstaatler-aus-der-Ukraine/!5875029 | |
[4] /Regelungen-fuer-Drittstaatler-aus-Ukraine/!5875283 | |
[5] /Fluechtlinge-zweiter-Klasse/!5887321 | |
## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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