# taz.de -- Türkei gegen Nato-Beitritte: Signal an Putin | |
> Erdoğan äußert große Bedenken gegen einen Nato-Beitritt von Finnland und | |
> Schweden. Dahinter steckt vor allem taktisches Kalkül. | |
Bild: Teilnehmer einer Demo in Stockholm gegen den geplanten Nato-Beitritt Schw… | |
Der türkische Präsident [1][Recep Tayyip Erdoğan] versteht es, sich Freunde | |
zu machen. Entsetzen bis hin zu nackter Wut soll bei einigen | |
Nato-Mitgliedern geherrscht haben, als Erdoğan am Freitag plötzlich | |
erklärte, er habe große Bedenken gegen einen [2][Nato-Beitritt] der beiden | |
skandinavischen Länder Finnland und Schweden. | |
Dabei dürfte es in der Sache eher um [3][Schweden] als um Finnland gehen. | |
Tatsächlich war Schweden in der Vergangenheit, als das Land noch eine | |
liberale Flüchtlingspolitik hatte, ein bevorzugtes Exilland für verfolgte | |
Kader der kurdischen PKK-Guerilla. Sicher auch, weil weite Teile der | |
schwedischen Gesellschaft mit dem kurdischen „Befreiungskampf“ | |
sympathisierten, zumindest bis 1998 der Verdacht aufkam, die PKK könnte in | |
den Mord an Olof Palme verwickelt gewesen sein. Für Finnland trifft das in | |
einem wesentlich geringeren Umfang zu, der türkische Protest ist deshalb | |
eher prophylaktisch eingelegt worden. | |
Dass Erdoğan wirklich befürchtet, eine mögliche Nato-Mitgliedschaft der | |
Nordländer könnte die Türkei in ihrer Minderheitenpolitik unter Druck | |
setzen, ist wenig wahrscheinlich. Aber als gewiefter Taktiker, der keine | |
Scheu davor hat, als Spielverderber aufzutreten, kann der türkische | |
Präsident vom Beitrittswunsch der beiden Länder, der von allen | |
Nato-Mitgliedern ratifiziert werden müsste, womöglich profitieren. Sowohl | |
er persönlich als auch sein Außenminister und sein außenpolitischer | |
Chefberater haben durchblicken lassen, dass die Türkei für Gespräche, | |
sprich Angebote, offen ist. | |
Das könnte bei der Auslieferung führender PKK-Kader anfangen und bei der | |
Rückkehr der Türkei in das Programm der Kampfflieger F-35 weitergehen, aus | |
dem die USA die Türkei ausgeschlossen hatten, nachdem diese bei Putin | |
Flugabwehrraketen gekauft hatten. Erdoğan kann sich da sicher eine Menge | |
vorstellen, schließlich fühlt die Türkei sich in der Nato schon länger | |
diskriminiert. Da alle anderen unbedingt den Beitritt der Nordländer | |
wollen, hat Erdoğan eine gute Verhandlungsposition. Außerdem sendet er | |
damit ein Signal an Putin, das dieser sicher zu würdigen weiß. | |
15 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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