# taz.de -- Schweden und der Nato-Beitritt: Keine Alternative | |
> Eine Analyse erörtert die Vorteile eines Nato-Beitritts für Schweden. Ein | |
> Beschluss der sozialdemokratischen Regierung wird für Sonntag erwartet. | |
Bild: Der schwedische Verteidigungsminister und die Außenministerin stellen de… | |
STOCKHOLM taz | „Wir haben keine Wahl.“ Die Botschaft, dass es angesichts | |
der russischen Invasion in der Ukraine keine Alternative zu einer | |
Mitgliedschaft in der NATO gebe, wird den SchwedInnen von den | |
Pro-NATO-Medien des Landes schon seit Wochen eingebleut. Am Freitag, dem | |
Tag nach Finnlands Pro-NATO-Entscheid, wurde diese Kampagne zusätzlich | |
angefeuert. | |
Man befinde sich „in der gefährlichsten Zeit in der modernen Geschichte | |
Schwedens“ hieß es auf der Titelseite der auflagenstärksten Tageszeitung | |
des Landes, dem sozialdemokratischem Aftonbladet. Die „Schicksalswoche“ sei | |
angebrochen. | |
Im dazugehörigen Text gewinnt man fast den Eindruck, russische Truppen | |
stünden bereits zum Einmarsch bereit an der finnischen Grenze. Jetzt helfe | |
nur noch eine sofortige gleichzeitige NATO-Mitgliedschaft beider Länder. | |
Denn „das würde die Landmasse, die sich ein potentieller Angreifer | |
einverleiben müsste, dramatisch erhöhen und auf diese Weise abschreckend | |
wirken.“ | |
Einen „konfliktpräventiven Effekt“ erhoffen sich auch die schwedische | |
Regierung und eine Mehrheit der Parlamentsparteien des Landes für den Fall, | |
dass Finnland und Schweden NATO-Mitglieder werden. „Eine schwedische | |
NATO-Mitgliedschaft würde die Schwelle für militärische Konflikte erhöhen�… | |
lautet die zentrale Aussage in [1][der am Freitag vorgelegten Analyse] | |
„Eine verschlechterte sicherheitspolitische Lage – Konsequenzen für | |
Schweden“. | |
## Basis nicht mehr ausreichend | |
Das 51-seitige Dokument ist im Wesentlichen eine Aneinanderreihung von | |
Argumenten für eine schwedische NATO-Mitgliedschaft. Seit dem EU-Beitritt | |
1995 sei die Basis der Sicherheitspolitik des Landes das Prinzip der | |
„Allianzfreiheit im Frieden, Neutralität im Krieg“ gewesen und „diese | |
militärische Allianzfreiheit hat Schweden historisch gut gedient“. Aufgrund | |
der „groß angelegten russischen Aggression gegen die Ukraine, die von einer | |
Art und einem Umfang ist, den Europa seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr | |
erlebt hat“, sei diese Basis aber nun nicht mehr ausreichend. | |
Für Schweden sei es nicht sicher genug, sich weiterhin nur auf die | |
bisherigen bilateralen Verteidigungsabkommen und d[2][ie Zusammenarbeit mit | |
der NATO im Rahmen der „Partnerschaft für den Frieden“] zu verlassen. | |
Schweden brauche die „gegenseitig bindenden Sicherheitsgarantien“, die die | |
NATO mit Artikel 5 des NATO-Vertrags nur ihren Mitgliedsstaaten biete: „Im | |
Rahmen unserer aktuellen Kooperation gibt es keine Garantie dafür, dass | |
Schweden bei einer ernsthaften Bedrohung oder einem Angriff auf das Land | |
Hilfe bekommt.“ | |
Während sich [3][sechs Reichstagsparteien von den Schwedendemokraten bis zu | |
den Sozialdemokraten hinter die Schlussfolgerungen des Sicherheitsrapports | |
stellten], sprach der außenpolitische Sprecher der Linkspartei von einem | |
„parteiischen Pamphlet“. Eine Konsequenzanalyse zu den Risiken einer | |
schwedischen NATO-Mitgliedschaft fehle vollständig. Die Frage einer | |
Stationierung ausländischer Truppen auf schwedischem Territorium werde | |
ebenso umgangen, wie die einer möglichen Stationierung von Atomwaffen. | |
Die grüne Miljöpartiet teile zwar die Analyse zu Russlands Aggression, | |
erklärte deren außenpolitische Sprecherin Maria Ferm, bleibe aber weiterhin | |
bei ihrem Nein zur NATO: „Eine Mitgliedschaft in der NATO bedeutet, dass | |
Schweden die Anwendung von Atomwaffen als Drohung und als Teil der | |
Verteidigungsstrategie bejaht. Das erschwert den Kampf für eine nukleare | |
Abrüstung deutlich.“ | |
Die Frage nach der Haltung der Sozialdemokraten zu einer | |
NATO-Mitgliedschaft wollten nach der Präsentation der Analyse weder | |
Außenministerin Ann Linde noch Verteidigungsminister Peter Hultqvist | |
beantworten. Die Entscheidung werde am Sonntag getroffen. „Ist das nicht | |
ein wenig albern“, fragt ein Kommentator in Dagens Arena. Nun verstehe doch | |
wirklich jeder, wie dieser Beschluss ausfallen werde. | |
13 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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