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# taz.de -- Todesstrafe in Indien: Vergewaltiger gehängt
> Vier Männer werden in Delhi wegen Vergewaltigung hingerichtet.
> Menschenrechtler fordert mehr Prävention gegen Gewalt.
Bild: Die Eltern des Opfers einer Gruppenvergewaltigung nach der Hinrichtung de…
Mumbai taz | Die Frau des Angeklagten Thakur sitzt weinend auf dem Boden im
Slum Ravi Dass Camp im Süden der indischen Hauptstadt Delhi. Neben ihr der
kleine Sohn in Tränen, als sie am Donnerstag erfahren, dass das letzte
Gnadengesuch abgelehnt wurde. Als Konsequenz heißt das für die Täter: Die
Todesstrafe wird vollstreckt. Am Freitagmorgen 5.30 Uhr Ortszeit wurden
vier Vergewaltiger von „Nirbhaya“, der „Furchtlosen“ im Tihar-Gefängnis
hingerichtet. Der vermeintliche Anführer der Gruppe nahm sich mutmaßlich
bereits vor Jahren das Leben.
Fünf Männer und ein Jugendlicher hatten im Dezember 2012 die 23-jährige
Studentin in einem Bus in Delhi schwer misshandelt. Sie starb kurze Zeit
später an den Folgen. Die [1][brutale Gruppenvergewaltigung] löste weltweit
Empörung und Massenproteste aus.
Ihr folgten eine Gesetzesverschärfung bei sexuellen Übergriffen im
Strafrecht und eine Debatte um Frauenrechte. Für Vergewaltiger, die
Wiederholungstäter sind, kann seitdem in Indien die Todesstrafe ver hängt
werden. Im September 2013 wurden die Angeklagten zum Tode verurteilt,
dennoch zog sich der Prozess mehrere Jahre hin.
Für die meisten InderInnen war das zu lange. Bis zuletzt wurde der Termin
für die Hinrichtung immer wieder verschoben. Die Frage nach der
Gerechtigkeit für die Eltern der Verstorbenen wurde oft gestellt. Gerade
von jungen Frauen wie einer Studentin aus Mumbai: „Diese Männer haben ihre
Strafe verdient“, sagt die 22-Jährige. Die Mutter von Nirbhaya habe genug
gelitten. „Unsere Gesellschaft legt wenig Wert auf die Sicherheit von
Frauen.“
## Träge Justiz
„Stalking wird in Bollywood-Filmen als Liebe gezeigt“, sagt sie. Durch die
träge Justiz habe sich das Verfahren nur unnötig hingezogen. In einem Land
wie Indien gäbe es vorerst keine bessere Alternative, so die junge Frau.
Ihre Position teilen viele Frauen auf Twitter und erwiesen der Anwältin der
Familie Respekt. Auch der indische Premier Modi meldete sich zu Wort: „Die
Gerechtigkeit hat gesiegt“, schrieb er in einem Tweet.
„Dass [2][die Todesstrafe in irgendeiner Weise abschreckend wirkt], ist
nicht bewiesen“, sagt der Feminist und Menschenrechtler Harish Sadani. Er
kritisiert, dass in Indien nicht genügend in die Präventionsarbeit
investiert wird, sodass es zu weniger Gewalt gegen Frauen kommt. „Es fehlt
die Anstrengung, die Ursache zu bekämpfen“, sagt er.
Niemand wolle Zeit und Mittel aufwenden, um mit Männern und Jungen daran zu
arbeiten, sagt der Gründer der Organisation „Men Against Violence and
Abuse“ (MAVA). Vor Gericht setzte sich die Anwältin Vrinda Grover für eine
Begnadigung ein. Sie betonte, dass Gefühle nicht die Rechtsprechung im Land
bestimmen dürften. Auch Amnesty Indien kritisierte die Hinrichtung.
Problematisch bleibt, dass zunächst Politiker, religiöse Führer und einer
der Täter der Studentin selbst die Schuld an deren Tod gaben, da sie als
Frau spät nachts unterwegs war. Die Mutter der Verstobenen, Asha Devi,
forderte auch deshalb „Gerechtigkeit“.
Devi hat einen langen Kampf gewonnen und bedankte sich am Freitag bei den
Behörden: „Dieser Tag ist den Töchtern des Landes gewidmet“, sagte sie. In
Indien werden Hinrichtungen nur noch selten vollstreckt. Zuletzt 2015.
20 Mar 2020
## LINKS
[1] /Toedliche-Vergewaltigung-in-Indien/!5262662
[2] /Debatte-Sexualisierte-Gewalt-in-Indien/!5502557
## AUTOREN
Natalie Mayroth
## TAGS
Indien
Justiz
Vergewaltigung
Todesstrafe
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