# taz.de -- Teilerfolg für ZDF-Redakteurin: Wissen, was der Kollege verdient | |
> Eine ZDF-Mitarbeiterin will wissen, was ihre männlichen Kollegen | |
> verdienen. Das Bundesarbeitsgericht sagt, dass auch „feste Freie“ das | |
> erfahren dürfen. | |
Bild: Klagt gegen das ZDF auf gleiche Bezahlung: Birte Meier | |
FREIBURG taz | Das Entgelttransparenzgesetz gilt auch für | |
arbeitnehmerähnliche freie Journalisten. Das entschied an diesem Donnerstag | |
das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt. Geklagt hatte [1][die | |
Journalistin Birte Meier], die seit Jahren vom ZDF gleiche Bezahlung wie | |
ihre männlichen Kollegen fordert. | |
Birte Meier arbeitete seit 2007 für das ZDF-Magazin Frontal 21. Ihre | |
Recherchen wurden bereits mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Sie gilt zwar | |
als „Redakteurin“, ist aber nicht fest angestellt, sondern hat den Status | |
einer arbeitnehmerähnlichen freien Mitarbeiterin, wie es sie im | |
öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu Tausenden gibt. Oft werden sie auch | |
[2][“feste Freie“] genannt. | |
Seit 2015 klagt Meier gegen das ZDF auf gleiche Bezahlung. Sie wisse von | |
männlichen Kollegen, die bei vergleichbarem Status und vergleichbarer | |
Arbeit besser verdienten als sie. | |
Das Arbeitsgericht Berlin und auch das Landesarbeitsgericht (LAG) | |
Berlin-Brandenburg lehnten ihre Klage ab. Sie habe keine ausreichenden | |
Indizien für eine Diskriminierung wegen ihres Geschlechts vorgetragen, so | |
das LAG im Februar 2019, deshalb habe sie keinen Anspruch auf eine | |
zusätzliche Vergütung. An diesem Punkt hat das LAG keine Revision | |
zugelassen, insoweit ist das LAG-Urteil also rechtskräftig. | |
## Umkehr der Beweislast | |
Hiergegen hat Birte Meier mit Unterstützung der Gesellschaft für | |
Freiheitsrechte (GFF) bereits Verfassungsbeschwerde eingelegt. Das LAG | |
hätte den Fall zumindest dem EuGH vorlegen müssen. Nach dessen | |
Rechtsprechung entstehe eine „Beweislastumkehr“, wenn nur ein Mann | |
präsentiert wird, der bei vergleichbarer Arbeit mehr verdient. Über die | |
Verfassungsbeschwerde ist noch nicht entschieden. | |
Vor dem LAG Berlin-Brandenburg berief sich Meier auch auf das erst 2018 | |
eingeführte [3][Entgelttransparenzgesetz]. Beschäftigte können bei | |
Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten inzwischen erfahren, wie die | |
Vergütungen festgelegt werden – und wie viel die Mitarbeiter des jeweils | |
anderen Geschlechts für eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit bekommen. | |
Das LAG lehnte allerdings auch diesen Anspruch ab. Das | |
Entgelttransparenzgesetz gelte nur für Arbeitnehmer, also Festangestellte, | |
und nicht für freie Mitarbeiter, die selbständig seien. Immerhin ließ das | |
LAG in dieser Frage die Revision zu. | |
Über die Revision von Meier entschied nun an diesem Donnerstag das | |
Bundesarbeitsgericht. Es entschied, dass das Entgelttransparenzgesetz auch | |
für arbeitnehmerähnliche freie Mitarbeiter gilt. Das Gesetz sei | |
europarechtskonform auszulegen. Die EU-Richtlinie zur Gleichstellung von | |
Männern und Frauen von 2006 verwende den Begriff „Arbeitnehmer“ in einem | |
weiten Sinne, argumentierte die Vorsitzende BAG-Richterin Anja Schlewing. | |
## Zurück ans Landesarbeitsgericht | |
Das BAG stellte zugleich fest, dass Birte Meier einen Auskunftsanspruch | |
über die Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung beim ZDF hat. Hier muss | |
das ZDF nun also erklären, welche Kriterien (z.B. Studienabschlüsse, | |
Beschäftigungsdauer, Qualität der Arbeit) bei der Festlegung der | |
Vergütungen wie bewertet werden. (Az.: 8 AZR 145/19) | |
Offen ist noch, ob Meier auch Anspruch auf Auskunft über die mittleren | |
Entgelte für die männlichen Kollegen hat. Dies muss nun wieder das LAG | |
Berlin-Brandenburg prüfen. Der Anspruch besteht nämlich nur unter | |
bestimmten Bedingungen: zum Beispiel, dass es mindestens sechs männliche | |
Kollegen mit vergleichbarer Tätigkeit gibt. | |
Inzwischen hat sich allerdings die berufliche Situation von Birte Meier | |
zugespitzt. Sie muss die in Berlin angesiedelte Redaktion Frontal 21 | |
verlassen und künftig wohl in Mainz arbeiten. Die GFF-Vorsitzende Nora | |
Markard spricht von „Schikane“. | |
Ein ZDF-Sprecher erklärte auf Nachfrage: „Frau Meier hat einen Vertrag als | |
Redakteurin mit dem ZDF am Einsatzort Mainz. Der Einsatz in ihrer | |
bisherigen Redaktion war nur befristet vereinbart.“ Für die Zeit ab 1. Juli | |
habe das ZDF ihr eine Tätigkeit in der investigativen Doku-Redaktion | |
„ZDFzoom“ angeboten. Dieses Angebot habe Birte Meier nicht angenommen. Das | |
ZDF werde ihr daher Aufträge im Programmbereich „Info, Gesellschaft, und | |
Leben“ anbieten. Die Möglichkeit, für die profilierte Redaktion „Zoom“ … | |
arbeiten, sei keine Schikane, so das ZDF. | |
25 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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