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# taz.de -- Tegel als Spielfeld für Zukunft: Visionen bereit zum Abheben
> Der ehemalige Flughafen Tegel ist offiziell in den Händen der neuen
> Betreiber. Es kann losgehen mit dem größten Stadtentwicklungsprojekt
> Berlins.
Bild: Früher hoben in Tegel Flugzeuge ab, heute sind es Hoffnungen
Berlin taz | Unkraut sprießt mehrere Zentimeter hoch dort, wo einst Busse
Richtung Stadtzentrum fuhren. Wo Besucher*innen sich aufmachten, ihr
Reiseziel zu erkunden, und Berliner*innen das letzte Stück Heimfahrt
antraten. Jetzt wirkt es hier merkwürdig verlassen, die Haltestelle ist
verschwunden. Stattdessen steht einige Meter weiter eine kleine Bühne. Denn
heute findet hier ein symbolischer Akt statt, der endgültig den Übergang
von Tegel Flughafen zu [1][Tegel Zukunfts- und Innovationsstandort]
markieren soll.
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) spricht von der „Stadt
von morgen“, die hier entstehen soll, und übergibt die Schlüssel für das
Flughafengelände an die neuen Verantwortlichen: die
Geschäftsführer*innen der Tegel Projekt GmbH, Philipp Bouteiller und
Gudrun Sack, sowie Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke), der
Aufsichtsratsvorsitzender der Tegel Projekt ist.
Am Mittwoch war das Flughafengelände offiziell vom Land Berlin an die Tegel
Projekt GmbH übertragen worden, am Donnerstag folgte die feierliche
Übergabe. Einen riesigen silberfarbenen Schlüssel mit drei Sechsecken am
Ende übergibt Müller den drei Neuen. Zu viert recken sie das wuchtige Ding
auf Anregung eines Fotografen in die Höhe. Die Erleichterung, dass hiermit
auch ein weiteres Kapitel [2][BER-Stress] zu Ende geht, ist den Beteiligten
anzumerken.
Tegel als Flughafen ist bereits seit einigen Monaten Geschichte: Am 8.
November war von dort das letzte Flugzeug gestartet. Danach hatte der
Flughafen aber noch sechs Monate wegen einer sogenannten „Betriebspflicht“
auf Sparflamme offen zu sein. [3][Seit Mai erst] war der Flughafenbetrieb
vollständig eingestellt.
## Die Planer*innen hatten Zeit
Die Zukunftspläne für das alte Flughafengelände, nun TXL genannt, sind
umfassend wie detailliert. Die Planer*innen von der Tegel Projekt GmbH
hatten schließlich Zeit: Eigentlich hätte die Schlüsselübergabe am 3.
September 2012 stattfinden sollen, merkt Bouteiller scherzhaft an. Es
bleibt nicht der einzige kleine Seitenhieb auf das Debakel mit dem
Hauptstadtflughafen, der lange Jahre nicht richtig fertig werden wollte.
Ab 2027 soll in das Terminal A, das sechseckige Herzstück des alten
Flughafens, ein Teil der Beuth-Hochschule für Technik einziehen. 2.500
Studierende aus 13 Studiengängen werden hier studieren. Wo im Hof des
ehemaligen Terminals früher Parkplätze waren, sollen Flächen für Gartenbau
und Elektromobilität entstehen. Auch das sollte eigentlich schon 2017
einzugsbereit sein. „Das war hart für die Schule“, sagt der Präsident der
Hochschule, Werner Ullmann. „Die 20.000 Quadratmeter Nutzfläche fehlen.“
Neben der Hochschule ist die Feuerwehr einer der ersten Akteure, die hier
einziehen. Wo die Lufthansa früher Flugzeuge gewartet hat, sollen
Auszubildende der Feuerwehr nun lernen, wie man Brände löscht. Hoch genug
ist der Hangar bereits. Fehlt nur noch die Sanierung. Gerade leckt das
Dach, auf dem Boden der riesigen Halle hat sich eine Pfütze gebildet.
Wie die Feuerwehrleute, Studierenden und bis zu 20.000
Mitarbeiter*innen der Unternehmen, die sich in der „Urban Tech
Republic“ ansiedeln sollen, zum Gelände kommen, ist noch nicht ganz klar.
Ein Fahrradweg soll gebaut werden. Was den ÖPNV angeht, ist das Gelände
bislang nur durch Busse erschlossen. Eine Straßenbahn vom U- und S-Bahnhof
Jungfernheide ist im Gespräch.
## 5.000 Wohnungen in Holzbauweise
Neben Hochschule, Feuerwehr, einem Landschaftspark und Flächen für
Unternehmen entsteht im Osten des Areals Wohnraum. 5.000 Wohnungen sollen
im Schumacher-Quartier (so genannt, weil es an den Kurt-Schumacher-Platz
grenzt) gebaut werden, alle in Holzbauweise. Den Rohstoff soll vor Ort eine
sogenannte „Holzhütte 4.0“ bearbeiten, das Holz aus Brandenburg kommen,
damit der Holzbau [4][günstiger wird].
In der Mitte des Geländes hat sich seit Mai schon sichtbar was getan. Berge
aus Sand ragen zwischen alten Landebahnen in die Höhe. „Kampfmittelräumung�…
passiert hier: Den Boden abtragen, durchsieben und alte Munition
rausfischen. Eine Tonne Munition hat man in rund drei Monaten hier
gefunden.
In einem Container liegen die Funde der aktuellen Woche: ein paar
Kanonenkugeln, zwei Phosphorbomben, eine Panzergranate – „ein Querschnitt
durch die Geschichte“, erklärt Kampfmittelräumer Ulrich Eberhardt. Munition
aus zwei Weltkriegen plus der Zeit davor, als die Fläche ein kaiserlicher
Exerzierplatz war. Zwei von den insgesamt 500 Hektar des Areals sind bis
jetzt geschafft.
## Wie viel Berlin zahlt? Noch unklar
Wer diese Kampfmittelräumung bezahlt, wird noch verhandelt – zusammen mit
der Frage, wie viel Geld das Land Berlin dem Bund zahlt für die 304 Hektar,
die ihm noch nicht gehören.
Ein Gutachtenentwurf schätzt den Wert auf 274,5 Millionen Euro, die
Verhandlungsgespräche liefen jedoch noch, betont ein Sprecher der
Finanzverwaltung: „Ein abschließendes Ergebnis liegt somit noch nicht vor.
Das betrifft auch die Wertermittlung.“ Um der Tegel Projekt GmbH die
Schlüssel übergeben zu können, sei eine vorgezogene Besitzüberlassung
unterzeichnet worden.
Wer seiner Tegel-Nostalgie frönen möchte, bevor Anfang nächsten Jahres die
Bauarbeiten richtig losgehen, hat dazu noch Gelegenheit: Am Samstag lädt
die Stadt 3.000 Menschen zum „Freedom Dinner“ auf der Startbahn, ab 14.
August gibt es regelmäßige Führungen über das Areal.
Mit dem Bus kommt man dann nur bis zu den alten Anzeigetafeln, die einst
von Abflug und Ankunft kündeten.
5 Aug 2021
## LINKS
[1] /Tegel-wird-zur-Urban-Tech-Republic/!5723474
[2] /Flughafen-BER-ist-eroeffnet/!5724816
[3] /Der-Flughafen-Tegel-ist-Geschichte/!5765452
[4] /Damit-der-Holzbau-nicht-teurer-wird/!5771524
## AUTOREN
Cristina Plett
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litt.
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