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# taz.de -- Syrien hat eine neue Regierung: Eine Ministerin zwischen Technokrat…
> Syriens Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa ruft eine neue Regierung ins
> Leben. Sie soll Syriens ethnische und religiöse Vielfalt besser
> widerspiegeln.
Bild: Als einzige Frau unter Männern darf HNC-Politikerin Hind Kabawat nun in …
Ammantaz | Seit Tagen kursieren in Syrien Gerüchte über die Formation der
neuen Regierung, die das Land bereits ab April regieren soll. Am
Samstagabend dann die Ankündigung: 23 Minister*innen, darunter eine Frau,
sollen das einstige Bürgerkriegsland wieder aufbauen, das Vertrauen der
Bevölkerung sowie westlicher Länder gewinnen.
Von den 23 Minister*innen waren acht zuvor entweder im „Syrian
Salvation Government“ in Idlib aktiv, das bis 2024 die nördliche Provinz
regierte. Oder sie standen Hayat Tahrir asch-Scham (HTS), der einstigen
islamistischen Miliz von Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa, nah. Die
sonstigen Minister*innen sind Technokrat*innen, die teilweise im
Ausland studiert oder gearbeitet haben. [1][Die einzige Frau], Hind
Kabawat, ist Christin und eine bekannte Friedensaktivistin. Sie soll das
Ministerium für Soziales leiten. Bildungsminister Mohammad Turko gehört der
kurdischen Gemeinschaft an, Landwirtschaftsminister Amjad Badr [2][ist
Druse]. Auch ein Alawit ist dabei, der Verkehrsminister Yaarub Badr, der
bereits unter Assad das Amt bekleidete. Der Leiter der Weißhelme Raed
al-Saleh wird Minister für Notstandsmanagement.
Die wichtigsten Ministerien – Inneres, Verteidigung, Auswärtiges – bleiben
in den Händen von al-Scharaas Vertrauten, die Verteidigungs- und
Außenministerien werden weiterhin von Murhaf Abu Qasra beziehungsweise
Asaad al-Schibani geleitet. Justizminister Mazhar al-Wais war ebenfalls in
Idlib aktiv und ist Scharia-Experte. Verglichen mit der ersten
Übergangsregierung ist die Neue nun inklusive.
Vor allem [3][nach den Massakern an den Alawit*innen Anfang März] stand
al-Scharaa unter Druck, die komplexe ethnische Landschaft Syriens in der
neuen Regierung widerzuspiegeln. „Wir sind Zeug*innen einer neuen Phase
in unserer nationalen Entwicklung. Und die Entstehung einer neuen Regierung
heute ist eine Ankündigung unseres gemeinsamen Willens, einen neuen Staat
aufzubauen“, so al-Scharaa am Sonntag.
## Strom fließt noch immer nur wenige Stunden am Tag
Auf der Tagesordnung der neuen Regierung: emigrierte und geflohene
Syrer*innen aus dem Ausland zurück in ihre Heimat zu locken,
Landwirt*innen zu unterstützen sowie den Energiesektor umzubauen, um
endlich eine ununterbrochene Stromversorgung zu gewährleisten. Und: „Wir
werden Syriens Armee wiederherstellen, nachdem das frühere Regime ihren Ruf
verleumdete“, so Verteidigungsminister Abu Qasra. Auch Bildung, Technologie
und Gesundheitswesen sollen vorankommen. Gerade fehlt es im angeschlagenen
Land am Nötigsten: Strom fließt noch immer nur wenige Stunden am Tag, Gas
zum Kochen und Heizen ist teuer und schwer zu finden, in den Krankenhäusern
mangelt es an Medikamenten und Geräten.
Al-Scharaa, der sich seit der Machtübernahme von seiner dschihadistischen
Vergangenheit distanziert hat, bleibt in seiner Funktion als
Staatsoberhaupt. Einen Regierungschef gibt es laut der neuen Verfassung
nicht. Al-Scharaa hatte einen Zeitraum von fünf Jahren bis zur ersten
freien Wahl angekündigt – und so lange garantiert ihm die neue Verfassung
sein Amt als Präsident.
Expert*innen und Zivilorganisationen hatten seit Bekanntgabe der neuen
Verfassung Mitte März einige Bedenken geäußert: Laut Human Rights Watch
verdichte die Verfassung etwa die Macht bei der Exekutive, die Autorität
des Präsidenten unterstehe außerdem kaum Kontrollen. Auch die Tatsache,
dass lediglich eine Frau unter den Minister*innen zu finden ist, stimmt
manch ein Beobachter nachdenklich. In der neuen Verfassung sind die Rechte
der Frauen auf Bildung, Arbeit und politische Teilnahme garantiert,
gleichzeitig wird islamisches Recht die Hauptquelle bei der Gesetzgebung.
Kurdische Medien betonten, dass kein Mitglied der kurdischen Verwaltung im
Nordosten dabei sei.
Die Bildung der neuen Regierung gilt als Meilenstein des Übergangs von
einer jahrzehntelangen Diktatur hin zu einer neuen Ära in der syrischen
Geschichte. Von ihr hängt einiges ab. Denn mehrere Sanktionen durch die
Europäische Union sowie die USA sind noch in Kraft. Westliche Regierungen
haben in den vergangenen Monaten mehrfach ihre Skepsis gegenüber den neuen
Machthabern geäußert. Kein Geld für „islamistische Strukturen“, hatte et…
[4][Außenministerin Annalena Baerbock] auf ihrer Reise nach Damaskus im
Januar gewarnt. Es ist jetzt an den neuen syrischen Amtsträgern, die
ausländischen Regierungen vom syrischen Wandel zu überzeugen.
30 Mar 2025
## LINKS
[1] /Neue-Regierung-in-Syrien/!6067038
[2] /Unter-der-neuen-Regierung-in-Damaskus/!6071844
[3] /Syrien-nach-dem-Sturz-von-Assad/!6074900
[4] /Annalena-Baerbock-in-Syrien/!6056913
## AUTOREN
Serena Bilanceri
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