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# taz.de -- Neue Regierung in Syrien: Lieber doch keine Frau als Gouverneurin
> Muhsina al-Mahithawi sollte Gouverneurin des drusisch geprägten
> Suweyda werden – im Amt ist sie bis heute nicht. Frauen und Minderheiten
> werden kaum berücksichtigt.
Bild: Wie soll die Zukunft im Land aussehen? Syrische Staatssicherheitskräfte …
Damaskus taz | Seit Ende vergangener Woche steht fest, wer im sogenannten
Vorbereitungskomitee für eine Demokratisierung Syrien sitzen soll: drei
Männer aus dem Umfeld der regierenden HTS, ein Islamforscher, ein Aktivist,
eine Aktivistin und eine Forscherin zu interreligiösen Frieden. Die
kurdische Selbstverwaltung in Nordostsyrien, wie auch Vertreter der
drusischen Minderheit haben keinen eigenen Platz im Komitee erhalten, wie
die Selbstverwaltung nun moniert.
Bereits bevor die Übergangsregierung in Syrien unter dem früheren Anführer
der HTS-Miliz Ahmed al-Scharaa die Zusammensetzung des Komitees bekannt
gab, hatte es immer wieder Kritik gegeben: Im bisherigen politische Prozess
im neuen Syrien würde Frauen und Minderheiten zu wenig berücksichtigt, die
neuen Machthaber dominierten. Sie sind mehrheitlich Sunniten mit
Verbindungen zu Hayat Tahrir al-Scham (HTS), einer islamistischen
Rebellengruppe, die sich nun als solche auflösen soll, [1][und sich moderat
gibt.]
Ein Beispiel für diese Kritik ist etwa die Besetzung des Postens des
Gouverneurs von Suweyda: Muhsina al-Mahithawi sollte eine der wenigen
Frauen in Machtpositionen sein, nach dem Machtwechsel in Syrien.
Gouverneurin der Region Suweyda hätte sie werden sollen, so hatte es die
syrische staatliche Nachrichtenagentur Sana angekündigt. Die ursprüngliche
Meldung ist inzwischen nicht mehr auffindbar, [2][doch auf Wikipedia steht
unter Muhsina al-Mahithawi] weiter, sie sei „eine syrische Ökonomistin und
Politikerin, die seit 2024 als Gouverneurin von Suweyda tätig ist“. Am 31.
Dezember 2024 titelte die „Tagesschau“: „Syrische Regierung vergibt Posten
an Frauen“, dabei wird al-Mahithawi aufgelistet.
„Nein, ich bin nicht Suweydas Gouverneurin“, sagt Muhsina al-Mahithawi nun
am Telefon mit aufgeregter Stimme. „Ich habe kandidiert, doch bislang kam
keine Ernennung.“ Sie sei zwar für das Amt vorgeschlagen worden, doch
darauf, dass sie es offiziell antreten darf, hoffe sie bislang vergeblich.
Sogar eine Stelle in der privaten Wirtschaft habe sie dafür aufgegeben. Ein
HTS-Mann soll das Gouverneursamt übernehmen. Ein Sprecher der syrischen
Verwaltung in Suweyda ließ eine Anfrage der taz dazu unbeantwortet.
## „Wir haben einen anderen Lebensstil“
Al-Mahithawi war eine prominente Figur bei den Protesten, die vor allem ab
August 2023 in der drusisch geprägten Stadt Suweyda gegen den nun
gestürzten Diktator Baschar al-Assad stattfanden. Vor allem der
wirtschaftliche Abstieg und die hohe Inflation trieben seit damals die
Einwohner*innen der 375.000-Einwohnerstadt auf die Straßen. Auf dem
Al-Karama-Platz versammelten sich jeden Freitag Protestierende, die
drusische Flaggen schwankten. Eine von ihnen war Ola al-Thaher.
Al-Thaher – schulterlange, schwarze Haare, geschminkte Augen – zeigt
lächelnd zwei Plakate: Auf einem sind zwei Frauen zu sehen, auf dem anderen
steht ein Datum, der 1.9.2023. Die habe sie selbst gemalt, für die
Proteste, sagt sie stolz. Eigentlich war al-Thaher als Staatsangestellter
das Protestieren verboten. Doch die „angestaute Wut“ sei zu groß gewesen,
sagt sie. Damals, 2023, ging sie auf eine der Demonstrationen – und wurde
seitdem fester Bestandteil des Protests. Nicht nur das: Sie rekrutierte
aktiv Mitstreikende am Arbeitsplatz. Die Drohungen begannen, berufliche
Nachteile, ein Ausreiseverbot – doch die ließen sie unbeeindruckt.
Jüngst ist eingetreten, was al-Thaher sich gewünscht hatte: [3][Diktator
Baschar al-Assad ist Anfang Dezember gefallen], die Chance einer Demokratie
im Lande zum Greifen nah. „Wir haben am 8. Dezember Atem geholt“, sagt sie.
Doch ein Unwohlsein, ein ungutes Gefühl nimmt ihr die Freude. Al-Thaher hat
Angst. Für konservative Sunnit*innen „sind wir zu 100 Prozent
Ungläubige“, erklärt sie. „Wir haben einen anderen Lebensstil.“ Kein
Kopftuch, viele Frauen bewegen sich Tag und Nacht frei, andere Bräuche.
Sehnlich hätte sie sich gewünscht, dass al-Mahithawi an die Macht kommt,
sagt al-Tahner. Und wartet weiter auf Teilhabe – und auf einen echten
Durchbruch in ihrer Heimat.
18 Feb 2025
## LINKS
[1] /Nach-dem-Sturz-von-Assad/!6059730
[2] https://en.wikipedia.org/wiki/Muhsina_al-Mahithawi
[3] /Dichterin-Asma-Kready-ueber-Damaskus/!6068139
## AUTOREN
Serena Bilanceri
## TAGS
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Rebellen
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