# taz.de -- Neue Verfassung für Syrien: Wie Damaskus die nächsten fünf Jahre… | |
> Syrien hat eine neue, vorläufige Verfassung. Sie besagt unter anderem, | |
> dass der Präsident Muslim sein soll. Es regt sich Kritik – etwa von | |
> kurdischer Seite. | |
Bild: Unterschrift vor der Flagge mit den drei Sternen: Übergangspräsident Ah… | |
Beirut taz | Syriens Übergangspräsident Ahmad al-Scharaa hat am | |
Donnerstagnachmittag eine neue vorläufige Verfassung unterschrieben. Sie | |
ist auf fünf Jahre angelegt, die bisherige Verfassung wurde Anfang des | |
Jahres ausgesetzt. Die Bezeichnung Syrische Arabische Republik bleibt | |
erhalten, die mit der Revolution assoziierte Flagge ist nun offiziell | |
Staatsflagge. Die Glaubensfreiheit wird bekräftigt, aber nur für anerkannte | |
„himmlische Religionen“, also die aus islamischer Sicht auf einem Glauben | |
an einen Gott beruhen. „Persönliche Angelegenheiten religiöser Sekten“ | |
sollen [1][„geschützt und garantiert“ werden.] Die Ausübung bestimmter | |
religiöser Rituale kann eingeschränkt werden, wenn sie als Verstoß gegen | |
die öffentliche Ordnung angesehen werden. | |
Als Grundlage der Gesetzgebung werde das Land die islamische | |
Rechtssprechung beibehalten, erklärte ein Mitglied des | |
Verfassungsausschusses im syrischen Fernsehen. Das Staatsoberhaupt müsse | |
demnach Muslim sein. Diese Bestimmung stand in der bisherigen Verfassung | |
und bleibt erhalten. Die Verfassungserklärung soll Meinungs- und | |
Pressefreiheit und die politischen Rechte von Frauen garantieren. | |
In dem Dokument wird die Einheit Syriens als Nationalstaat betont. | |
Forderungen nach „Spaltung“ und „ausländischer Intervention“ werden un… | |
nicht definierte Strafe gestellt. Alle bewaffneten Fraktionen sollen | |
aufgelöst werden und der Staat das Monopol auf Gewaltausübung haben. Das | |
parlamentarische System des Volksrats bleibt erhalten, dieser soll vorerst | |
aber nicht durch freie Wahlen bestimmt werden. Theoretisch könnte dieser | |
Rat den Übergangspräsidenten al-Scharaa auch absetzen. Praktisch würde dies | |
wohl nicht passieren, da er ein Drittel dessen Mitglieder bestimmen soll. | |
Der für das Dokument zuständige Verfassungsausschuss betonte eine strikte | |
Gewaltenteilung. Das solle eine Wiederholung der Machtkonzentration | |
verhindern, wie es unter Ex-Machthaber Baschar al-Assad der Fall war. Unter | |
Assad gab es nur eine Partei, die Baath Partei. Diese wurde nach dem Sturz | |
des Regimes aufgelöst. In der vorläufigen Verfassung steht, dass ein | |
künftiges Gesetz Parteienvielfalt garantieren soll. | |
## Nicht alle sind mit der neuen Verfassung zufrieden | |
Arabisch soll die Amtssprache sein und kulturelle und sprachliche Rechte | |
verschiedener Gemeinschaften garantiert werden. Das legt nahe, dass andere | |
Sprachen wie Kurdisch gesprochen werden dürfen. Der Staat, so die | |
Erklärung, „setzt sich für das Zusammenleben und die gesellschaftliche | |
Stabilität ein und schützt den bürgerlichen Frieden.“ | |
Die Übergangsregierung betonte immer wieder, Minderheiten schützen zu | |
wollen und eine integrative Übergangsphase gestalten zu wollen. | |
[2][Vergangene Woche hatten al-Scharaa und der Kommandeur der kurdischen | |
bewaffneten Kämpfer der SDF, Mazlum Abdi, vereinbart,] die militärischen | |
und Verwaltungsstrukturen des selbstverwalteten Nordostens mit denen in | |
Damaskus zusammenlegen zu vollen. Der Deal bekräftigt territoriale Einheit. | |
Der politische Arm der kurdischen SDF, genannt Demokratischer Rat Syriens, | |
lehnt nun aber die Verfassungserklärung ab. Sie untergrabe Bemühungen um | |
eine „echte Demokratie“ und es fehlten Maßnahmen zur „Vielfalt“ Syrien… | |
Religiöse und ethnische Minderheiten stehen den neuen Führern skeptisch | |
gegenüber. Al-Scharaa war Anführer der Gruppe Hayat Tahrir asch-Scham | |
(HTS), die im Dezember ein Milizenbündnis angeführt hatte, das Baschar | |
al-Assad schließlich stürzte. Die Übergangsregierung besteht zum Großteil | |
aus früheren HTS-Funktionären. Sie hatte einen politisch integrativen | |
Prozess angekündigt, an dessen Ende eine neue Verfassung und Wahlen stehen | |
sollen. Vergangene Woche war die Regierung aber unfähig, [3][Massaker gegen | |
Hunderte alawitische Zivilist*innen] entlang der Küstenregion zu | |
verhindern. | |
14 Mar 2025 | |
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## AUTOREN | |
Julia Neumann | |
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