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# taz.de -- Sudan im Wandel: Schwieriger Weg zur Demokratie
> Ein elfköpfiger Rat nimmt seine Arbeit auf und soll den Sudan in die
> Post-Baschir-Ära führen. Doch werden die Militärs tatsächlich die Macht
> abgeben?
Bild: Gerade erst vereidigt, aber schon Chef im Haus: al-Burhan (r.) am Mittwoc…
Kairo taz | Es ist ein Meilenstein der Geschichte des Sudans. Nachdem das
Oppositionsbündnis und das Militär am Wochenende ein Power-Sharing-Abkommen
unterzeichnet haben, ist am Mittwoch der Chef des neuen [1][Übergangsrates]
eingeschworen worden.
General Abdel Fattah al-Burhan stand zuvor dem Obersten Militärrat vor, der
seit dem Sturz von Ex-Präsident Omar al-Baschir im April das Land regierte
und nun aufgelöst wird. Beim führenden Personal bleibt damit zwar alles
beim Alten.
Das Neue aber ist, dass der Übergangsrat als oberstes Gremium des Landes
aus sechs Zivilisten – darunter zwei Frauen – und fünf Militärs besteht.
Die Militärs sollen in den kommenden 21 Monaten den Vorsitz innehaben, dann
soll ein Zivilist für weitere 18 Monate übernehmen – ein kreatives
Konstrukt, das zunächst eine blutige Auseinandersetzung zwischen Militär
und Opposition verhindert hat.
Damit sind nun die Rahmenbedingungen für die Übergangszeit gesteckt, die
2022 dann in eine zivile, demokratisch gewählte Regierung münden soll – so
zumindest die Theorie, denn auf dem Weg dorthin liegen viele Stolpersteine.
Ob die Generäle nach drei Jahrzehnten Monopolisierung der Macht diese am
Ende tatsächlich abgeben, ist fraglich.
Zudem ist die ökonomische Lage alles andere als rosig. Sudan ist eines der
ärmsten und im Verhältnis zum Bruttosozialprodukt am höchsten verschuldeten
Länder der Welt. Eine explosive Mischung, mit der selbst in einem gut
funktionierenden Staat schwer umzugehen wäre. Doch der Sudan hat, abgesehen
vom Militär, kaum landesweit funktionierende staatliche Institutionen.
## Starke Opposition
Das große Guthaben des Landes ist eine Opposition, die es in den
vergangenen Monaten immer wieder geschafft hat, die Menschen landesweit zu
mobilisieren. Das führte nicht nur zum Sturz des Langzeitdiktators
al-Baschir. Auch alle folgenden Versuche des Militärs und der Milizen,
einfach einen der Ihren an die Spitze des Staates zu hieven und das
Baschir-Regime unter anderem Namen weiterzuführen, stoppte das
Oppositionsbündnis erfolgreich.
Doch die Zivilisten sind politisch unerfahren. Ahmed al-Rabia, der das
Power-Sharing-Abkommen mit den Generälen unterzeichnet hat, ist ein Lehrer,
der nur mit zusätzlichen Taxischichten nach der Schule über die Runden
kommt. Muhammad Nadschi al-Assam, ein 29-jähriger Arzt, der im Januar
verhaftet und gefoltert wurde, fungiert als Sprecher der Bewegung und hat
bei der Unterzeichnung des Abkommens eine für die ganze Region
bemerkenswert eloquente Rede gehalten, in der er dem Militär selbstbewusst
Handelsanweisungen gab. Diese Aktivisten haben in der Bevölkerung zwar
einen „Einer von uns“-Nimbus, aber wenig Erfahrung. Nun müssen sie sich in
der Tagespolitik beweisen und dürfen sich nicht auseinanderdividieren
lassen.
Gegenüber stehen das Militär und die seit dem Darfur-Konflikt berüchtigten
Dschandschawid-Milizen, die sich heute RSF-Miliz nennen, mit ihrem Anführer
Muhammad Hamdan „Hemetti“ Dagolo, der ebenfalls dem neuen Übergangsrat
angehört. Es wäre ein Novum in der gesamten Region, sollten diese
tatsächlich in einem weichen politischen Übergang ihre Macht abgeben. Das
erklärt auch, warum arabische Autokraten dieses sudanesische Experiment mit
Argwohn betrachten.
Die Militärs und Milizen würden im Falle einer erfolgreichen Übergangszeit
nicht nur politische, sondern auch wirtschaftliche Macht verlieren. Das
Militär verfügt neben dem überdimensionalen Verteidigungshaushalt über
zahlreiche Privilegien. Milizen etwa üben Kontrolle über Goldminen aus und
haben sich als Söldner etwa im Jemenkrieg lukrativ an die reichen
Golfstaaten verkauft.
## Druck von außen
Dass sich die Militärs überhaupt auf einen Kompromiss eingelassen haben,
hat neben der Mobilisierungsstärke des Oppositionsbündnisses auch mit
externem Druck zu tun. Damit das Machtteilungsabkommen auch funktioniert,
müssen weiter internationale Kräfte den Übergangsprozess begleiten. Hier
sind die Afrikanische Union und die UNO gefragt, aber auch Europa. Es
sollte nicht den reichen Golfstaaten überlassen bleiben, Geld ins Land zu
pumpen, denn diese wollen in Wirklichkeit keinen Übergang zu einer
demokratischen Regierung und haben ihr Geld stets direkt bei den
sudanesischen Militärs und Milizen investiert.
Europa wäre gut beraten, hier ein Gegengewicht zu schaffen und gerade die
in den Kinderschuhen steckenden zivilen Strukturen im Sudan zu
unterstützen. Schließlich waren es auch immer wieder interne Konflikte im
Sudan, die zu Fluchtbewegungen geführt haben. So mancher hat sich auch auf
den Weg nach Europa gemacht.
22 Aug 2019
## LINKS
[1] /Uebergangsregierung-im-Sudan/!5616020
## AUTOREN
Karim El-Gawhary
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