# taz.de -- Neue Regierung im Sudan: Aufbruch in eine Ära der Hoffnung | |
> Die Einsetzung einer Übergangsregierung im Sudan markiert den Vollzug der | |
> Revolution gegen die Bashir-Diktatur. Jetzt müssen die Zivilisten | |
> liefern. | |
Bild: Frauen spielten eine führende Rolle bei den Protesten – im Kabinett si… | |
NAIROBI taz | Zum ersten Mal in der Geschichte [1][Sudans] sind Frauen | |
prominent in der Regierung des Landes vertreten. Die neue | |
Übergangsregierung des neuen Premierministers Abdalla Hamdok, die am | |
Wochenende ihre Ämter aufnahm, zählt vier Ministerinnen. [2][Im Souveränen | |
Rat aus Zivilisten und Militärs], die höchste Macht im Land, sind zwei der | |
elf Mitglieder Frauen. | |
Frauen spielten bereits eine wichtige Rolle in den monatelangen Protesten | |
im Sudan – erst gegen die Diktatur des Langzeitpräsidenten Omar Hassan | |
al-Bashir und dann, nachdem Bashir im April gestürzt wurde und ein | |
Militärrat die Macht übernahm, gegen die Generäle und für die Einsetzung | |
einer Bürgerregierung. Die Demonstrationen wurden öfters blutig | |
auseinandergeschlagen, wobei Hunderte von Zivilisten ums Leben kamen. Trotz | |
der Gefahr blieb die führende Rolle der Frauen erhalten. | |
Asmaa Abdalla ist jetzt die erste Außenministerin in Sudan. De 73-Jährige | |
hat bereits früher im Außenministerium gearbeitet, aber wurde gefeuert, als | |
Bashir 1989 an die Macht kam. Sie ging nach Marokko. Zuletzt schloss sie | |
sich der Oppositionskoalition FCC (Forces of Freedom And Change) an, die | |
die Proteste in den vergangen sieben Monaten organisierte. | |
Noch keine 24 Stunden im Amt, forderte die neue Außenministerium bereits | |
die USA auf, Sudan von der US-Liste der Terrorunterstützer zu streichen. | |
Die USA hatte Sudan 1993 auf diese Liste gesetzt, weil die Bashir-Regierung | |
unter anderen Al-Qaida-Führer Osama bin Laden jahrelang Unterschlupf | |
gewährt hatte. Die Terrorbezeichnung schloss Sudan aus Schuldenerlassen und | |
Finanzhilfen internationaler Institutionen aus und begrenzte mögliche | |
Auslandsinvestitionen. | |
Die Aktivistin Walaa al-Bushi ist Ministerin für Jugend und Sport, Intisar | |
Saghyroun ist die Chefin des Ministeriums für höhere Bildung. Eine | |
schwierige Position hat Lina al-Sheikh bekommen mit dem Ministerium für | |
Gewerkschaften und soziale Entwicklung. Gewerkschaften waren ein wichtiger | |
Bestandteil der Protestbewegung, die sich im Dezember 2018 an rapide | |
steigenden Preisen und sich verschlechternden Lebensbedingungen entzündete, | |
aber es mangelt an Arbeitsplätzen in Sudan – vor allem für die Jugend. Die | |
Arbeitsbedingungen derjenigen, die bezahlte Arbeit haben, sind oft sehr | |
schlecht. | |
## Ende für alte Gewohnheiten | |
Der Souveräne Rat zählt zwei Frauen. Die Frauenrechtlerin Aisha Mousa ist | |
eine der fünf Zivilisten im Rat. Unter den fünf Militärs gibt es keine | |
Frau, aber das elfte Mitglied, auf das beide Seiten sich einigen mussten, | |
ist Rajaa Abdelmaseeh – eine Richterin, die mehr als 30 Jahre für das | |
Justizministerium gearbeitet hat. Sie ist eine koptische Christin, eine | |
Besonderheit in einem überwiegend islamischen Land. | |
Mit der Beförderung von Frauen schlägt Sudan neue Wege ein. Premierminister | |
Hamdok hat auch anderen alten Gewohnheiten ein Ende gesetzt. Unter Bashir | |
flossen rund 80 Prozent des Staatshaushaltes an die Armee und | |
paramilitärische Milizen. Das will Hamdok schnell ändern: „Das Geld wird | |
dann an Gesundheit und Bildung gehen“, versprach er. Damit zieht er schon | |
in den Streit mit den Militärs im Souveränen Rat, die sicher alles tun | |
werden, um eine Umschichtung des Staatshaushaltes zu verhindern. | |
Als Grund für die großzügige Alimentierung der Streitkräfte hatte Bashir | |
früher die ethnischen Konflikte Sudans angeführt. Hamdok will nun eine | |
Friedenskommission zusammenstellen, die sich speziell mit den Konflikten | |
befasst, zum Beispiel in Darfur. | |
## Die Regierung kommt nicht zu Geld | |
Allzu weit wird Hamduk das Militär allerdings nicht herausfordern können. | |
Die Übergangsregierung ist Ergebnis eines Kompromisses, nachdem Militär, | |
politische Parteien und protestierende Gruppen vorigem Monat ein Abkommen | |
über eine drei Jahre dauernde Machtteilung im Land erzielten. Diese Zeit | |
bleibt dem neuen Regierungschef, um das Leben der Sudanesen zu verbessern. | |
Um das zu schaffen und das Land aus der Krise zu holen, ist der neue | |
Finanzminister Ibrahim Elbadawi, ein ehemaliger Ökonom bei der Weltbank, | |
die Schlüsselfigur. Durch die bisherige schlechte Wirtschaftspolitik und | |
die immense Korruption im Land ist es schwierig für die neue Regierung, an | |
Geld zu kommen, um Grundbedürfnisse wie Benzin und Mehl bezahlen zu können. | |
„Wir müssen in der kurzen Zeit die Preise von Grundnahrungsmitteln | |
stabilisieren und die Lebenshaltungskosten senken“, sagte Elbadawi nach | |
seiner Vereidigung. „Wir sind zwar politisch und emotional frei geworden, | |
aber wir werden wirtschaftlich noch immer unterdrückt.“ | |
9 Sep 2019 | |
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## AUTOREN | |
Ilona Eveleens | |
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