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# taz.de -- Studie zu Ageism in Deutschland: Altersdiskriminierung ist Alltag
> Alte Menschen werden in Deutschland regelmäßig benachteiligt, zeigt eine
> neue Studie. Aber auch Jüngere sind von Ageism betroffen.
Bild: Smells like teen spirit
Berlin taz | Zu Beginn ihrer Amtszeit als Bundesbeauftragte für
Antidiskriminierung hatte [1][Ferda Ataman] angekündigt,
Altersdiskriminierung zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit zu machen. Am
Donnerstag stellte Ataman nun Ergebnisse aus der Studie „Ageismus –
Altersbilder und Altersdiskriminierung in Deutschland“ vor, die als
empirisches Fundament für den Kampf gegen [2][Stereotype, Vorurteile und
Diskriminierung gegen Menschen fortgeschritteneren Alters] dienen soll.
„Trotz der vielseitigen Ergebnisse der Untersuchung bin ich erschrocken
darüber, dass ein signifikanter Teil der Gesellschaft offenbar denkt,
ältere Menschen haben zu viel Macht und seien rückschrittlich“,
kommentierte Ataman die Studie in der Pressekonferenz. Rund ein Drittel der
2.000 Befragten zwischen 16 und 94 Jahren stimmten der Aussage zu, dass
alte Menschen wichtige Berufe und gesellschaftliche Rollen an jüngere
Menschen abtreten sollten. Über 50 Prozent würden sogar eine gesetzliche
Altersgrenze von 70 Jahren für politische Ämter begrüßen.
Studienleiterin Eva-Marie Kessler, die an der Medical School Berlin
forscht, zog in der Begründung dieser Ablehnungshaltung gegenüber älteren
Menschen eine weitere Zahl heran: Mehr als die Hälfte der Befragten meinen,
dass ältere Menschen nicht entscheidend zum gesellschaftlichen Fortschritt
beitragen würden. Insbesondere bei der Bewältigung des Klimawandels: Junge
Befragte fühlten sich meist von älteren Menschen im Stich gelassen oder
werfen ihnen vor, Veränderung zu blockieren.
Gleichzeitig haben über 15 Prozent der Befragten Altersdiskriminierung
selbst erlebt: bei der Bewerbung auf einen Job, eine Wohnung oder einen
Kredit und bei ihren Tätigkeiten im Ehrenamt. Ageism – ein Begriff aus der
angelsächsischen Forschung – beschreibt hierbei das Phänomen, dass Menschen
aufgrund ihres Lebensalters Vorurteilen, Stereotypen und Diskriminierungen
ausgesetzt sind.
## Extra-Studie über Diskriminierung Jüngerer geplant
Auch Jüngeren würden regelmäßig Fähigkeiten und Rechte aufgrund ihres
Alters abgesprochen, so Ataman. Die Unabhängige Beauftragte kündigte an,
dass man Altersdiskriminierung gegen Jüngere in einer weiteren Studie
untersuchen wolle. Dass Ageism ein gravierendes, gleichzeitig unbeachtetes
Problem darstellt, sei jedoch durch die erste Studie zur Haltung gegenüber
älteren Menschen deutlich geworden. „Gerade mit Blick auf den
demografischen Wandel ist es wichtig, dass wir über die Diskriminierung
gegen Menschen aufgrund ihres Alters stärker aufklären“, appelierte Ataman.
Eine Ursache für die ausbleibende Debatte über Altersdiskriminierung sei
auch ein fehlendes geteiltes Verständnis darüber, ab wann ein Mensch als
alt gilt: „Für etwa 15 Prozent der Studienteilnehmer:innen gilt man
bereits ab 50 als alter Mensch, für weitere 15 Prozent erst ab 70“, so
Studienleiterin Kessler. Ein daraus abgeleiteter Durchschnittswert von 61
Jahren bewertet Kessler als eine niedrige Altersgrenze: Es sei ein
grundlegendes Problem, dass man relativ früh als alt wahrgenommen wird. In
den Niederlanden läge der Durchschnittswert etwa bei 71 Jahren.
Mangelndes Wissen gebe es auch in Bezug auf den Anteil älterer Menschen in
der Gesellschaft: Zwei Drittel der Befragten überschätzen, wie viele
Menschen über 70 in Deutschland leben. Tatsächlich machen über 70-Jährige
18 Prozent der Gesellschaft aus, häufig wurde der Anteil auf über 30
Prozent geschätzt. Begriffe wir Überalterung und Pflegelast würden zu
dieser Fehleinschätzung beitragen, so Kessler.
Ataman hob ebenfalls hervor, dass Menschen im fortgeschrittenen Alter oft
ausschließlich anhand ihres vermeintlichen gesellschaftlichen Nutzen
bewertet werden. “Wenn die Daseinsberechtigung eines Menschen nur über
einen spezifischen Nutzen gewährt wird, ist das ein menschenrechtliches
Problem“, mahnte Ataman. Sie forderte, den Begriff “Lebensalter“ in Artik…
3 des Grundgesetzes aufzunehmen, sodass Altersdiskriminierung als
verfassungswidrig gelten würde und umfassender bekämpft werden könne.
Ataman forderte auch, dass Höchstaltersgrenzen für ehrenamtliche
Tätigkeiten abgeschafft werden. Mit Blick auf die jüngste Debatte über den
Renteneintritt mit 67 forderte Ataman eine flexiblere, menschlichere
Diskussion, die sich nicht an starren Vorstellungen von Alter festklammere:
“Wir müssen besser verstehen, warum manche Menschen bereits vor dem
Regelalter in Rente gehen und Abschläge in Kauf nehmen, andere gleichzeitig
aufgrund ihres Alters aus dem Beruf entlassen werden, obwohl sie gerne
weiterarbeiten wollen würden“, so Ataman.
15 Dec 2022
## LINKS
[1] /Ferda-Ataman-ueber-Kritik-an-Nominierung/!5869271
[2] /Altersdiskriminierung-von-Frauen/!5714293
## AUTOREN
Tatjana Söding
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