# taz.de -- Streit um iranische Moschee: Grüne tun sich schwer mit Mullahs | |
> Das Islamische Zentrum Hamburg ist per Staatsvertrag der Stadt verbunden. | |
> Weil es aus dem Iran gesteuert wird, gibt es daran immer wieder Kritik. | |
Bild: Die Blau Mosche: Sitz des Islamischen Zentrums – und ein Ort zum Beten | |
HAMBURG taz | Die [1][Imam-Ali-Moschee] an der vornehmen Hamburger | |
Außenalster ist ein blaues Gebäude im persischen Stil und eine der ältesten | |
islamischen Einrichtungen in Deutschland. Ins Auge sticht sie nicht nur | |
wegen ihres gediegenen Äußeren, sondern auch, weil sie Sitz des | |
[2][Islamischen Zentrums Hamburg (IZH]) und damit die wichtigste | |
Repräsentanz des iranischen Schiitentums in Deutschland ist. Deshalb wird | |
regelmäßig in Frage gestellt, ob das IZH ein Partner der Stadt beim | |
Staatsvertrag mit den muslimischen Gemeinden sein kann. | |
Hamburg hat 2012 als erstes Bundesland einen [3][Staatsvertrag] mit den | |
muslimischen Verbänden abgeschlossen. Er betont gemeinsame Wertegrundlagen | |
und gewährleistet deren Selbstverwaltung, die Feiertage, | |
Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen und das Recht der | |
religiösen Betreuung in öffentlichen Einrichtungen. | |
Aktuell zeigen sich die entsprechenden Meinungsverschiedenheiten bei den | |
Hamburger Grünen, die in der Hansestadt zusammen mit der SPD regieren. Die | |
Bürgerschaftsabgeordnete Gudrun Schittek bezeichnete bei einer | |
[4][Demonstration zum Tag der Offenen Moschee] das IZH als „das geistige | |
Zentrum und die Propagandazentrale des Mullah-Regimes in Teheran“. | |
Leiter des Zentrums ist der hochrangige Koran-Gelehrte und | |
Wissenschaftsmanager an der Universität Gom, dem wichtigsten theologischen | |
Zentrum des Irans, Mohammad Hadi Mofatteh. | |
## Menschenrechtsverletzungen, Kriege und Vertreibung | |
Die iranische Regierung sei verantwortlich für Menschenrechtsverletzungen, | |
Kriege und Vertreibung, kritisiert Schittek. Das IZH dürfe deshalb nicht | |
länger Partner im Staatsvertrag sein. | |
Die Grünen-Fraktionschefin Jennifer Jasberg, die am Donnerstag bei einer | |
Podiumsdikussion zur Blauen Moschee, der als Terrororganisation verbotenen | |
und vom Iran unterstützten paramilitärischen Organisation Hisbollah und dem | |
Staatsvertrag auftreten sollte – jetzt ist sie verhindert -, sah sich zu | |
einer Distanzierung veranlasst: | |
„Die Aussagen von Frau Schittek spiegeln nicht die Meinung der Fraktion | |
wider“, teilte Jasberg mit. Die in Staatsverträgen vorgesehene Revision im | |
Jahr 2022 wollten die Grünen nutzen, um Probleme anzusprechen und Lösungen | |
zu finden. „Wir stehen zu dem im Koalitionsvertrag festgehaltenen | |
Bekenntnis zu den Staatsverträgen als geeignete Grundlage für den Austausch | |
mit muslimischen Verbänden“, versicherte Jasberg. | |
Schittek weist darauf hin, dass sie am Anfang ihrer Rede deutlich gemacht | |
habe, dass sie nicht für die Fraktion spreche, „sondern als Parteimitglied | |
und Mitglied des Arbeitskreises Respekt und Klarheit der Grünen Hamburg“. | |
Diese säkularen Grünen sehen die im Koalitionsvertrag mit der SPD | |
vorgesehene Weiterführung des Staatsvertrages grundsätzlich kritisch. | |
„Warum brauchen wir den Staatsvertrag in einem säkularen Staat, in dem | |
jeder seine Religion frei ausüben kann?“, fragt Schittek. | |
Sollte der Staatsvertrag nach der für das kommende Jahr vorgesehenen | |
Überprüfung verlängert werden, ginge das aus der Sicht Schitteks und ihrer | |
Mitstreiterinnen nur ohne das IZH. „Wir engagieren uns gegen | |
Rechtsradikalismus und genauso müssen wir uns gegen Islamismus wehren“, | |
sagt Schittek. „Das gehört dazu für Demokraten.“ | |
Um die Rede am Tag der Offenen Moschee sei sie von einem Parteifreund, | |
einem Exiliraner, gebeten worden. Dieser habe selbst nicht sprechen wollen, | |
weil er in Hamburg bedroht werde und Angst um seine Familie habe. | |
Die konkreteste Kritik am IZH bezieht sich auf den jährlich stattfindenden | |
Al-Quds-Tag in Berlin, bei dem zur Vernichtung Israels aufgerufen wird. | |
Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes hat das IZH noch 2018 die | |
Anreise aus der Metropolregion Hamburg organisiert. „Zu den | |
Versammlungsteilnehmern aus dem IZH gehörten auch hochrangige Funktionäre, | |
wie 2018 der stellvertretende IZH-Leiter“, teilte der Senat im Juli auf | |
Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion mit. | |
Partner des Staatsvertrages ist das IZH als Mitglied der [5][Schura], des | |
Rates der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg. „Wir arbeiten als Schura | |
seit 20 Jahren mit dem IZH zusammen und haben nichts beobachtet, wo wir | |
sagen würden, es gibt Handlungsbedarf“, sagt der Schura-Co-Vorsitzende | |
Fatih Yildiz. | |
## Bekenntnis zum Grundgesetz | |
Mit Unterzeichnung des Staatsvertrages bekenne sich das IZH zu den Werten | |
des Grundgesetzes. „Da sich das IZH uneingeschränkt zu den Grundlagen | |
unserer religiösen Tätigkeit und gesellschaftlichen Orientierung bekennt, | |
besteht für Schura kein Grund, sich vom IZH zu trennen.“ | |
Die Tatsache, dass das IZH vom Verfassungsschutz beobachtet werde, nähmen | |
bestimmte Gruppen, wie auch die CDU, gerne zum Anlass, die Schura und den | |
Staatsvertrag in Frage zu stellen, sagt Yildiz. Für die Schura sei klar: | |
„Wir wollen keine Beteiligung des IZH am Al-Quds-Tag.“ 2019 habe das IZH | |
daran auch nicht teilgenommen. „Das ist das, was wir besprochen haben“, | |
sagt Yildiz. „Und daran wird sich auch gehalten.“ 2020 fiel der Tag | |
coronabedingt aus. | |
[6][Beschlusslage] der Landesmitgliederversammlung der Grünen ist, dass | |
sich Landesvorstand, Fraktion und Senator*innen weiterhin dafür einsetzen | |
sollen, „dass seitens der Schura klare Zeichen ergehen, dass eine Teilnahme | |
an Demonstrationen wie dem Al-Quds-Tag nicht mit dem Geist, in dem die | |
Verträge geschlossen worden sind, vereinbar ist“. Die Parteigremien, | |
Fraktion und Senator*innen sollten darauf achten, nicht-orthodoxe Muslime | |
einzubinden. Die Meinungsbildung der Fraktion zum Staatsvertrag stehe noch | |
aus, sagt Schittek. | |
21 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] /50-Jahre-Imam-Ali-Moschee/!5085619 | |
[2] https://izhamburg.com/blog/2014/02/26/leitung-des-izh/ | |
[3] https://www.hamburg.de/contentblob/3551370/373c79022a3cc28025f815d9a33d2b49… | |
[4] /Hamburg-und-proiranische-Moschee/!5718563 | |
[5] https://schurahamburg.de/vorstand/ | |
[6] https://beschluss.gruene-hamburg.de/2017/12/09/kein-schritt-weiter-mit-dem-… | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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