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# taz.de -- Streit um Islamunterricht in Hessen: Ditib-Erfolg in Karlsruhe
> Hessen setzte die Kooperation beim Islamunterricht mit Ditib aus. Dessen
> Klage wurde abgewiesen. Zu Unrecht, so das Verfassungsgericht.
Bild: Islamunterricht an deutschen Schulen: wichtig zur Anerkennung muslimische…
Karlsruhe taz | Der türkische Moscheedachverband Ditib darf seit
vergangenem Sommer nicht mehr den islamischen Religionsunterricht in Hessen
verantworten. Klagen dagegen wurden von hessischen Verwaltungsgerichten als
„unzulässig“ verworfen. Zu Unrecht – wie nun das Bundesverfassungsgericht
feststellte. Ditib habe zumindest Anspruch auf ein rechtsstaatliches
Gerichtsverfahren.
Das Angebot von islamischem Religionsunterricht an staatlichen Schulen gilt
schon seit langem als wichtiger Schritt zur Anerkennung einer muslimischen
Normalität in Deutschland. So sprach sich 2008 etwa die Deutsche
Islamkonferenz unter dem damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble
(CDU) für schulischen Islamunterricht aus.
Die meisten Bundesländer haben inzwischen Islamunterricht [1][eingeführt].
Teilweise wird er vom Staat verantwortet, teilweise sind es noch
Schulversuche. Vorreiter für einen „bekenntnisorientierten“ Unterricht, wie
er entsprechend auch von evangelischer und katholischer Kirche erteilt
wird, war Hessen.
Dort gelten Ditib und die kleine Ahmadiyya-Gemeinde seit 2013 als
Kooperationspartner. Der Ditib-Islamunterricht wurde in 56 Grundschulen und
12 weiterführenden Schulen Hessens angeboten. Die LehrerInnen waren an
[2][staatlichen Universitäten] in Frankfurt am Main und Gießen fortgebildet
worden. Mehr als 3.000 Kinder nahmen an diesem Schulfach teil.
## Ditib-Unterricht zuvor an 68 hessischen Schulen
Die von Beginn an bestehenden Zweifel an der Eignung von Ditib als
Kooperationspartner verschärften sich jedoch, als die Türkei nach dem
Putschversuch 2016 religionspolitisch die Zügel anzog. Die
Bundesanwaltschaft ermittelte sogar gegen 19 Ditib-Imame, die in
Moscheegemeinden Anhänger des in Ungnade gefallenen Predigers Fethullah
Gülen ausspioniert haben sollen.
Hessens Kultusminister Alexander Lorz (CDU) holte drei Gutachten ein, die
sich überwiegend skeptisch zeigten. „Ditib Hessen bildet das letzte Glied
einer Weisungskette, die über den Ditib-Bundesverband zur türkischen
Religionsbehörde Diyanet führt, die ihrerseits unmittelbar dem türkischen
Staatspräsidenten untersteht“, schrieb etwa der konservative Staatsrechtler
Josef Isensee.
Wohl aus Sorge vor einer gerichtlichen Niederlage widerrief Lorz aber nicht
den Zulassungsbescheid für Ditib, sondern setzte die Kooperation lediglich
aus. Denn praktische Probleme mit dem Ditib-Religionsunterricht gab es laut
Ministerium nicht.
Auch Indoktrination im Interesse des türkischen Staates wurde nicht
bekannt. Das Land übernahm dann zum Schuljahr 2020/21 die bisherigen
LehrerInnen und Unterrichtsmaterialien und führte den islamischen
Religionsunterricht in eigener Verantwortung fort.
## Ditib klagte gegen die Aussetzung der Kooperation
Ditib klagte zwar gegen die Aussetzung der Kooperation. Doch das
Verwaltungsgericht Wiesbaden und der Verwaltungsgerichtshof Kassel hielten
die Eilanträge aus formalen Gründen für unzulässig.
Das von Ditib angerufene Bundesverfassungsgericht entschied nun, die
hessischen Gerichte hätten „in sachlich nicht mehr vertretbarer Weise“ die
Ditib-Klage fehlinterpretiert. Sie hätten den „Zugang zu einer
gerichtlichen Sachprüfung in unzumutbarer Weise“ erschwert. Ob die
Aussetzung der Kooperation mit Ditib zulässig war, müssen nun also doch die
hessischen Verwaltungsgerichte entscheiden.
22 Jan 2021
## LINKS
[1] /Islamunterricht-an-Schulen/!5572569
[2] /ExpertInnen-zu-islamischer-Theologie/!5736609
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Islamverband Ditib
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Hessen
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