# taz.de -- Streit um Handelsabkommen: Miese Stimmung im Mercosur | |
> Im südamerikanischen Wirtschaftsbündnis Mercosur eskaliert der Streit | |
> unter den Mitgliedsländern um die künftige Handelspolitik. | |
Bild: Im südamerikanischen Wirtschaftsbündnis Mercosur stellen sich Brasilien… | |
BUENOS AIRES taz | In der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft | |
Mercosur herrscht miese Stimmung. Am Mittwoch gab Uruguays Regierung | |
bekannt, Freihandelsabkommen mit Drittländern zukünftig auch im Alleingang | |
aushandeln zu wollen. Die Ankündigung kam nicht nur einen Tag vor dem | |
routinemäßigen Treffen der Staatschef der vier Mitgliedsstaaten | |
Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Sie steht auch im Widerspruch | |
zu der in den Statuten festgeschriebenen Konsensklausel, nach der alle | |
Mitgliedsstaaten an solchen Verhandlungen beteiligt sein und zustimmen | |
müssen. | |
Seit den Amtsantritten des konservativ-liberalen Präsidenten Luis Lacalle | |
Pou in Uruguay und des linksgemäßigten Präsidenten Alberto Fernández in | |
Argentinien hat sich der [1][Richtungsstreit] zwischen den zwei | |
marktliberalen Mitgliedstaaten Uruguay und Brasilien und den beiden eher | |
protektionistisch ausgerichteten Mitgliedern Argentinien und Paraguay | |
stetig verschärft. Gegenwärtig gleicht das Gerangel einer Pattsituation. | |
[2][Betroffen davon ist auch das Freihandelsabkommen zwischen dem Mercosur | |
und der Europäischen Union,] dessen Umsetzung immer unwahrscheinlicher | |
wird. | |
Bereits vor Monaten hatte Uruguay einen Vorschlag zur Flexibilisierung der | |
Verhandlungen von Freihandelsabkommen sowie den gemeinsamen | |
Außenzollschranken zusammen mit Brasilien vorgelegt. Doch Argentinien steht | |
auf der Bremse. Bei der 30-Jahrfeier zur Gründung des Mercosur im März | |
hatten sich Lacalle Pou und Alberto Fernández deshalb einen verbalen | |
Schlagabtausch geliefert. Der Mercosur dürfe nicht zur „Last“ für die | |
Entwicklung seiner Mitglieder werden, kritisierte Lacalle Pou. Wenig | |
diplomatisch konterte Fernández: „Wenn wir eine Last sind, nehmt ein | |
anderes Schiff.“ | |
Der Streit setzte sich auch am Donnerstag bei dem virtuellen Treffen | |
anlässlich der routinemäßigen Übergabe der Mercosur-Präsidentschaft fort, | |
die von Argentinien an Brasilien wechselte. Zigfach pochte Fernández in | |
seiner Auftaktrede auf das Konsensprinzip und mahnte auf eine stärkere | |
Konzentration nach innen als nach außen an. „Nur durch eine stärkere | |
regionale Integration gelangen wir in eine besseren Position, um zu | |
produzieren, zu handeln, zu verhandeln und zu konkurrieren“, so Fernández. | |
## Ganze Branchen stünden auf der Kippe | |
Druck bekommt Fernández vom argentinischen Industrieverband UIA. Der hatte | |
ihn vor wenigen Tagen in einem Brief dazu aufgefordert nicht nachzugeben. | |
Die Sorge der Industriellen ist berechtigt. Eine Absenkung oder gar Öffnung | |
der hohen Zollschutzmauer würde sie der internationalen Konkurrenz | |
aussetzen, deren Produktivität weit höher ist. Ganze Branchen stünden dann | |
auf der Kippe. | |
„Ich bin sicher, dass wir einen Weg finden werden, um gemeinsam | |
voranzukommen“, versuchte sich Paraguays Präsident Mario Abdo in | |
Optimismus. Doch Lacalle Pou machte seinem „Amigo Presidente“ Alberto | |
unmissverständlich klar, wohin der Wegweiser für Uruguay zeigt. „Für uns | |
ist die Richtung klar, hoffentlich gehen wir alle zusammen“, sagte Lacalle | |
Pou. | |
In diese Richtung wies auch Brasiliens rechtsradikaler Präsident Jair | |
Bolsonaro. „Der Mercosur darf nicht länger das Synonym für Ineffizienz, | |
Chancenverschwendung und Handelsbeschränkungen sein. Brasilien priorisiert | |
die Modernisierung der Wirtschaftsagenda und wird diesen Weg in Ausübung | |
der Präsidentschaft fortsetzen“, so Bolsonaro. | |
Um die Stimmung wenigstens etwas aufzuheitern, sprach er dann noch über | |
Fußball. „Die einzige Rivalität, die wir mit Argentinien haben, wird sich | |
am Samstag in Maracana-Stadion in Rio de Janeiro beim Finale der Copa | |
América zeigen. 5:0 werden wir Argentinien schlagen“, prophezeite | |
Bolsonaro. | |
9 Jul 2021 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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