# taz.de -- Streit bei Grünen um NSU-Ausschuss: Rücktritt wegen Rückgrat | |
> Gorden Isler findet den Umgang der Hamburger Grünen mit ihrer | |
> Abgeordneten Miriam Block „unerträglich“. Sein Amt im Landesvorstand legt | |
> er nun nieder. | |
Bild: Gorden Isler zieht Konsequenzen aus der Miriam Block-Affäre der Grünen | |
HAMBURG taz | Der Krach bei den Hamburger Grünen über die [1][Einsetzung | |
eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) zum NSU-Komplex] hat | |
nun die nächste personelle Folge: Gorden Isler ist aus Protest gegen das | |
Agieren der Grünen-Spitze von seinem Amt im Landesvorstand zurückgetreten. | |
„Wir erleben gerade einen massiven Glaubwürdigkeitsverlust für die | |
antifaschistische Arbeit der Grünen in Hamburg“, sagt Isler, der auch | |
Vorsitzender der Seenotrettungsorganisation Sea-Eye ist, der taz. | |
Mitte April waren die Grünen an dem Versuch gescheitert, der mitregierenden | |
SPD einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss über die Umstände des | |
Mords an Süleyman Taşköprü abzuringen. Taşköprü wurde 2001 vom | |
Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) erschossen. Die Hamburger | |
Ermittlungsbehörden waren nicht in der Lage, den Mord aufzuklären, ein | |
rechtsextremes Motiv sahen sie gar nicht erst. | |
Anders als die Grünen fand die SPD jedoch in den Fraktionsgesprächen der | |
vorhergehenden Wochen, es gebe keine offenen Fragen mehr zum NSU-Komplex in | |
Hamburg. Am Ende der Verhandlungen stand [2][ein Kompromiss, der bei den | |
Grünen eine Menge Wut auslöste:] Statt eines PUA mit weitreichenden | |
Anhörungsrechten der Parlamentarier:innen soll es nun lediglich eine | |
wissenschaftliche Aufarbeitung geben. | |
Die Grünen-Abgeordnete Miriam Block rebellierte gegen den Kompromiss: Sie | |
stimmte in der Bürgerschaft gegen ihre Fraktion und für den Antrag der | |
Linkspartei zur Einsetzung eines PUA. | |
## Umgang mit Miriam Block „völlig unverhältnismäßig“ | |
Den nachfolgenden Umgang der Fraktionsspitze um Dominik Lorenzen und Jenny | |
Jasberg kritisiert der nun zurückgetretene Isler scharf: „Für mich | |
persönlich ist das unerträglich. In meiner Rolle als Mitglied des | |
Landesvorstandes halte ich die Maßnahmen der Fraktion gegen die Abgeordnete | |
Miriam Block für völlig unverhältnismäßig“, sagt Isler. | |
Denn nachdem Block sich nicht an die eingeforderte Fraktionsdisziplin | |
gehalten hatte, stimmte die Fraktion dem Antrag der Fraktionsspitze zu, die | |
33-Jährige als Sprecherin für Wissenschaft und Hochschule abzuwählen sowie | |
aus den Ausschüssen für Wissenschaft und Inneres abzuberufen. Isler sagt, | |
er hätte in dieser Situation von der Fraktionsspitze „eine weitreichendere | |
Einbindung des Landesvorstands erwartet“. | |
Dabei hatte sich die Fraktionsspitze bei dem Umgang mit Block nicht nur die | |
Rückendeckung der grünen Senator:innen geholt, sondern auch der Spitze | |
des Landesvorstandes. Isler, der im Mai 2021 in den Landesvorstand gewählt | |
wurde, sieht sich dabei als Beisitzer nicht gehört. | |
Er verbindet seinen Rücktritt nun mit einem Appell an die Fraktionsspitze: | |
Sie solle „politische Verantwortung für diese schwerwiegende Krise | |
übernehmen“ und die Abstrafung Blocks neu überdenken. | |
## Miriam Block soll neues Amt bekommen | |
Fraktionschef Dominik Lorenzen verweist hingegen darauf, dass die Fraktion | |
schließlich mit einer deutlichen Zwei-Drittel-Mehrheit entschieden habe, | |
Block von ihren bisherigen Ämtern abzuziehen. Allerdings deutet Lorenzen | |
an, dass Block künftig wieder enger in die Fraktion eingebunden werden | |
soll: „Wir blicken nun nach vorn und beraten aktuell, in welchem Ausschuss | |
Miriam Block einen zusätzlichen Vollsitz übernehmen wird“, sagt Lorenzen | |
der taz. | |
Ohnehin herrscht bei den Grünen nun die Hoffnung, dass nach den | |
debakelreichen Wochen, in denen auch das Platzen der Koalition | |
zwischenzeitlich denkbar schien, wieder Ruhe einkehrt. Schließlich hatte | |
das grüne Agieren bundesweite Aufmerksamkeit auf sich gezogen, selbst in | |
der Bundestagsfraktion gab es [3][verständnislose Reaktionen für den Umgang | |
der Hamburger Grünen mit Block.] | |
Und so verwundert es kaum, dass die Hamburger Parteispitze um die beiden | |
Vorsitzenden Maryam Blumenthal und Leon Adam schmallippig auf den Rücktritt | |
Islers reagiert. Sein Name war bereits vor einigen Tagen hinweislos von der | |
Liste des Landesvorstandes auf der Grünen-Homepage entfernt worden: „Wir | |
bedauern den Rücktritt von Gorden Isler sehr“, teilt die Parteispitze auf | |
Anfrage mit. „Wir danken ihm für sein großes Engagement und die gute | |
Zusammenarbeit.“ | |
11 May 2023 | |
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## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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