| # taz.de -- Strafverfolgung im Internet der Dinge: Verbrecher fangen mit Kühls… | |
| > Können Elektronikgeräte zur Verbrechensaufklärung beitragen? Das | |
| > erforscht Niedersachsens Polizei mit Wissenschaftler:innen. | |
| Bild: Ungebetener Besuch? Der smarte Fenstergriff könnte ihn zumindest registr… | |
| hamburg taz | Ein Mensch wird ermordet – und den entscheidenden Hinweis auf | |
| den Täter liefert der Kühlschrank. So muss man sich wohl Kriminalfälle | |
| vorstellen, die die Polizei in Zukunft auch mithilfe von | |
| [1][Smart-Home]-Forensik lösen möchte. Denn längst sind viele Geräte wie | |
| Glühbirnen oder Staubsauger in Privathaushalten intelligent, mit Chips und | |
| Sensoren ausgestattet, untereinander und oft auch [2][mit dem Internet | |
| vernetzt]. Alexa und Co. können ganze Etagen abhören. Und sie sammeln dabei | |
| eine Flut von Daten. | |
| Wie man all das, was in WLANs, Bewegungsmeldern oder Stromzählern anfällt, | |
| für die Aufklärung von Verbrechen nutzbar machen kann, soll in den | |
| kommenden zwei Jahren ein gemeinsames Forschungsprojekt des „Innovation | |
| Hub“ der niedersächsischen Polizei und der Ostfalia Hochschule für | |
| angewandte Wissenschaften im östlichen Niedersachsen herausfinden. Das gab | |
| die Hochschule Anfang Dezember bekannt. Knapp 400.000 Euro gibt es für | |
| [3][das Projekt „Smarthome Forensics“] vom Land und der EU. | |
| Die Möglichkeiten, digitale Zeugen zu befragen, sind nämlich vielfältig. | |
| Die Daten eines WLAN-Routers könnten zeigen, wer zum Zeitpunkt einer | |
| Straftat eingeloggt und also am Tatort war. Bewegungsmelder könnten | |
| Aufschluss darüber geben, wie viele Personen vor Ort waren. Und wenn zum | |
| Beispiel „der Stromverbrauch plötzlich nachts ansteigt“, erklärt | |
| Projektleiter Felix Büsching von der Ostfalia, „ist das zumindest ein | |
| Hinweis auf irgendeine Aktivität zum betreffenden Zeitraum“. Sein Kollege | |
| Thorsten Uelzen geht noch weiter: „Allein durch die Betätigung von | |
| Lichtschaltern oder das Auslösen von Bewegungssensoren könnte ein | |
| Tathergang in einem Haus zeitlich perfekt rekonstruiert werden.“ | |
| ## Nutzer:innen haben angeblich schon zugestimmt | |
| Dass bei dem Projekt der Datenschutz und rechtliche Aspekte „eine | |
| wesentliche Rolle“ spielen, ist den Verantwortlichen bewusst. Die | |
| Auswertung der Daten orientiere sich „stets an den bereits vorhandenen | |
| Regelungen“, sagt Kathleen Arnhold, Vizepräsidentin der Zentralen | |
| Polizeidirektion Niedersachsen. Das heißt, die Auswertung muss richterlich | |
| angeordnet werden. Zusätzliche Geräte würden nicht installiert, betont | |
| Büsching. | |
| „Anfälligkeiten für Manipulationen oder Spionage“ durch möglicherweise | |
| böswillige andere Akteure solle das Projekt erkennen und „Möglichkeiten zum | |
| Melden oder Schließen der entdeckten Lücken“ etablieren. Und der Verwendung | |
| der Daten hätten die Nutzer:innen ja „bei der Installation der smarten | |
| Geräte bereits ex- oder implizit zugestimmt“, so Büsching. | |
| Zunächst solle es aber laut der Ostfalia darum gehen, herauszufinden, | |
| welche smarten Haushaltsgeräte überhaupt Daten speichern, die später | |
| interessante Zusatzinformationen liefern können, und wie diese Geräte an | |
| einem Tatort ausfindig gemacht werden. Herauskommen solle unter anderem | |
| eine Handlungsempfehlung an die Ermittelnden, ob es jeweils besser ist, die | |
| Geräte vom Tatort mitzunehmen oder sie vor Ort auszuwerten, damit möglichst | |
| wenig Daten zum Beispiel durch Stromverlust verloren gehen. | |
| Außerdem sollen Szenarien entwickelt werden, „die sich an der tatsächlichen | |
| Ermittlungsarbeit von Polizei, Kriminaltechnik und Forensik orientieren“. | |
| Dafür sollen Forschende und Studierende bei der Polizei hospitieren, um | |
| „die Szenarien und Lösungen innerhalb des Projekts möglichst praxisnah und | |
| praxistauglich gestalten zu können“. | |
| Die Vielzahl von Auswertungsmöglichkeiten in einen Zusammenhang zu stellen, | |
| sei „eine Mammutaufgabe“, die in zwei Jahren Projektlaufzeit nicht | |
| „vollumfänglich“ gelöst werden könne, schätzt Büsching, „aber wir k�… | |
| anhand von Beispielen aufzeigen, wo die Reise hingehen kann“. | |
| ## Vorläuferprojekt fand Sicherrheitsprobleme | |
| Ein ähnliches Projekt zu polizeilichen Ermittlungen im „Internet der Dinge“ | |
| gab es von 2018 bis 2021 in Mecklenburg-Vorpommern. Das Kooperationsprojekt | |
| „Emerge IoT“ von der Uni Rostock und dem Landeskriminalamt | |
| Mecklenburg-Vorpommern hatte zum Ziel „die Entwicklung von Kompetenzen, | |
| Methoden und Werkzeugen für zukunftsorientierte Ermittlungen und | |
| Ermittlungsunterstützung im „Internet of Things“ (IoT)“. Herausgekommen … | |
| dabei unter anderem auch, wie viele Sicherheitsprobleme es bei smarten | |
| Geräten zu Hause gibt. | |
| Das Thema polizeiliche Ermittlungen im Internet der Dinge sorgt immer mal | |
| wieder für Aufregung. 2019 hatte es vor der Innenministerkonferenz Gerüchte | |
| gegeben, die Innenminister wollten Strafverfolgungsbehörden Zugriff auf | |
| Alexa und Co geben. „Wir wollen keine Kinderzimmer überwachen“, | |
| beschwichtigte der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und | |
| Niedersachsens damaliger Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte: „Weder | |
| Alexa noch Google Home sollten und dürfen abgehört werden.“ | |
| Daten eines intelligenten Kühlschranks zu beschlagnahmen und auszuwerten, | |
| war aber auch damals schon möglich, nämlich immer dann, wenn es bei einem | |
| traditionellen Kommunikationsmittel oder Speichermedium oder Gerät auch | |
| erlaubt wäre, merkte das Online-Portal netzpolitik.org an. Die | |
| Bundesregierung hatte 2017 in ihrer Antwort auf eine Anfrage der FDP | |
| nämlich längst klargestellt, dass smarte Geräte nichts anderes als | |
| informationstechnische Systeme sind, für die es Regeln gibt. Es sei deshalb | |
| „gar kein spezifischer strafprozessualer Regelungsbedarf ersichtlich“. | |
| 26 Dec 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Alltag-in-der-Energiekrise/!5888482 | |
| [2] /Einigung-auf-Data-Act-der-EU/!5932865 | |
| [3] https://www.ostfalia.de/cms/de/pws/buesching/forschung/shforensic/ | |
| ## AUTOREN | |
| Robert Matthies | |
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