# taz.de -- Steuerskandal Warburg: Steuer-Chefin rechnete mit Ärger | |
> Leiterin der Hamburger Steuerverwaltung hat sich früh auf | |
> Untersuchungsausschuss eingestellt. Vermutungen über teuflischen Plan | |
> einer Finanzbeamtin. | |
Bild: Worüber sie wohl miteinander sprechen? Bürgermeister Peter Tschentscher… | |
Der Leiterin der Hamburger Steuerverwaltung war früh klar, dass es zur | |
Behandlung der Cum-Ex-Geschäfte der Warburg-Bank einen Parlamentarischen | |
Untersuchungsausschuss (PUA) der Hamburgischen Bürgerschaft geben könnte. | |
„Egal wie wir entschieden hätten, wir hätten immer ein Problem gehabt“, | |
sagte die inzwischen pensionierte Angela Nottelmann am Dienstag vor dem | |
Ausschuss. Vor dem Gremium kam auch der in einem Chatverlauf erwähnte | |
angebliche teuflische Plan der Finanzbeamtin Daniele P. zur Sprache, die | |
sich für die Bank eingesetzt hat. | |
Der Ausschuss soll die Frage klären, ob die damalige Senatsspitze, | |
[1][Finanzsenator Peter] [2][Tschentscher und Bürgermeister Olaf Scholz | |
(beide SPD), die Steuerverwaltung veranlasst haben, die Bank zu schonen]. | |
Bei Cum-Ex handelt es sich um Aktiengeschäfte, die nur deshalb getätigt | |
wurden, um den Fiskus auszunehmen. Dabei ließen sich die Beteiligten einmal | |
gezahlte Steuern mehrfach erstatten. Der Schaden beläuft sich allein in | |
Deutschland auf schätzungsweise zehn Milliarden Euro. | |
Die Ausschusssitzung, bei der ehemalige Mitarbeiter der Finanzbehörde zum | |
zweiten Mal befragt wurden, drehte sich um eine Zusammenkunft von | |
Mitarbeitern des Finanzamtes für Großunternehmen sowie der übergeordneten | |
Finanzbehörde am 17. November 2016. Für die Sitzung hatte Daniela P. eine | |
29-seitige Vorlage erstellt. Darin wird der Fall ausführlich diskutiert mit | |
einer klaren Tendenz, dass die Warburg 2009 bis 2011 erstatteten | |
[3][Kapitalertragssteuern auf Cum-Ex-Geschäfte] zurückgingen und | |
zurückgefordert werden sollten. | |
„Auch wenn das Finanzamt in rechtlicher Hinsicht diverse Probleme sieht, | |
die Erfolgsaussichten eines evtl. finanzgerichtlichen Verfahrens nur als | |
ausgeglichen angesehen werden und die Auswirkungen für die Warburg Bank | |
erheblich sind, so bittet das Finanzamt um Zustimmung“, heißt es am Schluss | |
des Dokuments. | |
Das von P. verfasste Schreiben ging am 7. Oktober bei der Finanzbehörde | |
ein. Wie jetzt deutlich wurde, v[4][ertrat P. bei der Sitzung fünf Wochen | |
später schon eine andere Meinung], wie zwei Zeugen berichteten – und das, | |
obwohl neu aufgetauchte Erkenntnisse etwa der Kölner Staatsanwaltschaft | |
eher die in der Vorlage vertretene Position bekräftigten. | |
## Löcher in der Aktenführung | |
„In der heutigen Sitzung [5][wurden die Konturen des ‚teuflischen Plans‘ | |
deutlich]“, kommentiert Norbert Hackbusch, Obmann der Linksfraktion im | |
Ausschuss. „Erst wird ein Vermerk verfasst, dass geraubte Steuermillionen | |
zurückgefordert werden müssen. Anschließend initiiert die Beamtin ein | |
Treffen mit der übergeordneten Behörde und argumentiert dort gegen ihren | |
eigenen Bescheid.“ Hackbusch vermutet, dass dieses Vorgehen „von ganz oben | |
abgesegnet und mitgetragen“ worden sei. | |
Klar war, dass es sich um einen brisanten Fall handelte, allein schon wegen | |
der Größe und weil es sich um ein traditionsreiches Unternehmen gehandelt | |
habe, wie ein Behördenmitarbeiter sagte. „Der Fall war untypischerweise | |
schon lange Gegenstand von Presseberichterstattung und die ging in eine | |
bestimmte Richtung“, sagte die Leiterin der Steuerverwaltung, Nottelmann. | |
„Wir waren dabei, eine andere einzuschlagen.“ Die dreiseitige | |
Zusammenfassung des Sitzungsergebnisses ließ sie deshalb von allen | |
Sitzungsteilnehmern unterzeichnen. Ein Protokoll der Sitzung gibt es nicht. | |
Nottelmann sagte, sie habe ihre Mitarbeiter angewiesen, diesen Fall | |
besonders sorgfältig zu dokumentieren. Zwei weitere Zeugen erinnerten sich | |
nicht an einen solchen Hinweis. „Es war Usus in der Finanzbehörde, dass | |
sämtliche fallrelevante Mails gespeichert werden“, erinnerte sich der Zeuge | |
Michael W. | |
Umso erstaunlicher fanden Ausschussmitglieder den Hinweis der Kölner | |
Staatsanwaltschaft, es gebe eine Diskrepanz zwischen der Zahl der Termine | |
zu dem Fall und dem Umfang des Mail-Verkehrs. „Die riesigen Löcher in der | |
Aktenführung 2017 legen allerdings den Schluss nahe, dass einige Mitglieder | |
der Finanzbehörde in Sachen Gewissenhaftigkeit gänzlich andere Schlüsse aus | |
dieser Aussicht gezogen haben“, kommentierte David Stoop von der Linken. | |
Der Untersuchungsausschuss sollte eigentlich mit einer zweiten Befragung | |
des damaligen Bürgermeisters Olaf Scholz am Freitag kommender Woche enden. | |
Die CDU möchte den Untersuchungsauftrag jedoch gern erweitern. Beschlossen | |
wurde die Ladung der Person, die die Chat-Nachricht mit dem Verweis auf den | |
teuflischen Plan erhalten hat. | |
10 Aug 2022 | |
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## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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