# taz.de -- Steueroasen verursachen Umweltschäden: Steuern weg, Fische weg, Wa… | |
> Reiche und Konzerne sparen hier nicht nur ohne Ende Abgaben: Steueroasen | |
> schädigen laut einer Studie auch die Umwelt. Und Deutschland mischt mit. | |
Bild: Hier geht die Kohle hin – und verursacht besonders viele Umweltsünden:… | |
STOCKHOLM/BERLIN taz/dpa | Steuerparadiese im Ausland ermöglichen Reichen | |
nicht nur Milliardengeschäfte – sie erleichtern einer neuen Studie zufolge | |
auch die Ausbeutung der Natur. Demnach fahren 70 Prozent aller bekannten | |
Schiffe, die in illegale und unregulierte Fischerei verstrickt sind, unter | |
der Flagge einer Steueroase. Auch die Abholzung des brasilianischen | |
Regenwalds werde allem Anschein nach durch Geld aus Steuerparadiesen | |
begünstigt, schreiben schwedische Forscher [1][im Magazin Nature Ecology | |
and Evolution]. | |
Ein direkter Nachweis der Kausalität zwischen Steueroasen und | |
Umweltzerstörung sei wegen des Finanzgeheimnisses schwer möglich, räumt das | |
Team vom Resilience Centre der Universität Stockholm (SRC) und vom Global | |
Economic Dynamics and the Biosphere der Schwedischen Akademie der | |
Wissenschaften ein. Es könne nicht sicher gezeigt werden, wie die | |
Finanzströme die wirtschaftlichen Aktivitäten vor Ort – und damit die | |
Umwelt – beeinflussten. | |
Dennoch zweifeln die Forscher nicht an ihren Resultaten: „Unsere Analyse | |
zeigt, dass die Nutzung von Steueroasen nicht nur ein | |
gesellschaftspolitisches und wirtschaftliches, sondern auch ein | |
umweltpolitisches Problem ist“, erläutert Hauptautor Victor Galaz von der | |
Universität Stockholm in einer Mitteilung seiner Hochschule. Die Existenz | |
von Steueroasen beeinträchtige eine nachhaltige Bewirtschaftung von Ozeanen | |
und des Amazonas-Regenwaldes. | |
## Steueroasen auch für Geldwäsche interessant | |
Steuerparadiese sind Staaten oder Gebiete, die besonders niedrige oder gar | |
keine Steuern auf Einkommen und Vermögen erheben und dabei hohe Diskretion | |
versprechen. Das macht sie nicht nur als Unternehmenssitze attraktiv, | |
sondern auch für Geldwäsche und andere unlautere Geschäfte interessant. | |
Nach Ansicht der Wissenschaftler werden Steuerparadiese wie Belize und | |
Panama vor allem auch genutzt, um illegale oder unregulierte Fischerei zu | |
verschleiern. In vielen dieser Länder würden Schiffe nicht angezeigt, die | |
internationale Gesetze brächen. | |
In einer weiteren Untersuchung deckten die Wissenschaftler auf, dass die | |
neun größten Unternehmen in der brasilianischen Soja- und Fleischindustrie | |
zwischen den Jahren 2000 und 2011 im Schnitt mehr als zwei Drittel ihrer | |
ausländischen Direktinvestitionen über Steueroasen bekamen. Unter anderem | |
mit Daten der brasilianischen Zentralbank fanden die Wissenschaftler | |
heraus, dass von dort 18,4 Milliarden US-Dollar an die Firmen flossen – | |
insbesondere von den Kaimaninseln und den Bahamas. Die Empfängerunternehmen | |
seien maßgeblich verantwortlich für die Abholzung des Regenwalds, der das | |
Klimasystem der Erde stabilisiere. | |
Die Unternehmen gingen dabei unterschiedlich vor: Sie schichteten Gewinne | |
über Tochtergesellschaften in Ländern mit geringem Steuersatz um oder | |
finanzierten Tätigkeiten in Ländern mit hohen Steuern durch Kredite der | |
Tochtergesellschaft im Steuerparadies. | |
## Auch deutsche Entwicklungsgelder landen in Steueroasen | |
Nach den Enthüllungen der sogenannten Panama Papers über umstrittene | |
Geschäfte mit Briefkastenfirmen haben die größeren Wirtschaftsnationen zwar | |
ihre Bemühungen verstärkt, Steueroasen weltweit trockenzulegen und | |
Steuertricksereien internationaler Konzerne einzudämmen. | |
Allerdings: Auch Entwicklungsgelder der deutschen Regierung landen in | |
diesen Steueroasen – und fördern so indirekt seit Jahren die Vernichtung | |
der Umwelt. Dies geht aus einer Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion an | |
die Bundesregierung hervor, [2][über die der Tagesspiegel berichtet]. | |
Danach fließen etwa eine Milliarde Euro der Deutsche Investitions- und | |
Entwicklungs GmbH (DEG), einer Tochter der bundeseigenen Entwicklungsbank | |
KfW, zunächst in Fonds in Steueroasen. Nahezu ein Drittel davon entfallen | |
auf Mauritius und die Kaimaninseln. | |
Seit Ende 2008 habe sich der Anteil der Entwicklungsgelder, die über | |
sogenannte Offshore-Finanzzentren geflossen sind, verachtfacht, heißt es in | |
dem Bericht. Allein im vergangenen Jahr hat die DEG demnach mehr als 60 | |
Millionen Euro neu in Fonds in Steueroasen angelegt – die Hälfte davon in | |
acht Fonds mit Sitz auf den Kaimaninseln. | |
Ein Beispiel ist die Beteiligung der DEG an der Paraguay Agricultural | |
Corporation S.A. (Payco), deren Sitz in der Steueroase Luxemburg ist. „Über | |
den entwicklungspolitischen Mehrwert von Payco, dessen Produktion zu 85 | |
Prozent aus Soja besteht, ist nicht viel bekannt“, heißt es in einer | |
weiteren [3][Anfrage der Fraktion der Linken] vom Feburar dieses Jahres. | |
## Bundesregierung verteidigt Vorgehen der DEG | |
„Die Entwicklungszusammenarbeit wird so zum Instrument der Förderung von | |
Schattenfinanzplätzen“, sagt Fabio De Masi, Fraktionsvize der Linken. | |
Gerhard Schick, Finanzexperte der Grünen, meint: „In Schattenfinanzzentren, | |
die für weltweite Steuerhinterziehung und -vermeidung in Milliardenhöhe | |
stehen, sollte sich eine staatliche Bank nicht engagieren.“ | |
Die Bundesregierung hingegen verteidigt das Vorgehen der DEG. Die | |
Offshore-Finanzzentren seien nur eine Zwischenstation der Finanzierung: | |
„Die von der DEG geleisteten Investitionen gelangen immer vollständig in | |
ein DEG-Partnerland, unabhängig vom Sitz des Fonds. Das heißt, die DEG | |
investiert über Offshore-Finanzzentren in die Zielländer“, so die Antwort | |
auf die Kleine Anfrage. | |
Ziel sei es, mit den Investitionen in die Fonds private Geldgeber zu | |
mobilisieren. Deshalb steige die DEG als „Signalinvestor“ bei Fonds ein, | |
die Projekte in Entwicklungsländern finanzieren – in der Hoffnung, dass | |
andere Geldgeber nachziehen. Nur so könne für einige private Investoren | |
Rechtssicherheit und die Vermeidung von Doppelbesteuerung gewährleistet | |
werden. | |
14 Aug 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.alphagalileo.org/en-gb/Item-Display/ItemId/167123?returnurl=htt… | |
[2] https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/kfw-tochter-deg-warum-deutsche-entwi… | |
[3] http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/010/1901050.pdf | |
## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
## TAGS | |
Steueroasen | |
Umwelt | |
Entwicklungspolitik | |
Amazonas | |
Fischerei | |
Bürgerbewegung | |
Schwerpunkt Brexit | |
Briefkastenfirmen | |
Steueroasen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Grünen-Abgeordneter Schick tritt zurück: In Bewegung statt im Bundestag | |
Der grüne Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick startet die „Bürgerbewegung | |
Finanzwende“. Am Jahresende will er dafür sein Amt niederlegen. | |
Die Isle of Man und der Brexit: Das störende Image einer Steueroase | |
Beim EU-Austritt durften sie nicht mitreden, müssen aber mit den Folgen | |
umgehen. Die Menschen auf der Isle of Man sehen in eine ungewisse Zukunft. | |
Ergebnis des neuen Schattenfinanzindex: Die Schweiz, Mama der Steueroasen | |
In der Top 10 der Steueroasen sind die Schweiz und USA – doch Europas | |
größte Wirtschaftsmacht ist ein sicherer Hafen für Schwarzgeld aus aller | |
Welt. | |
Steueroasen in der EU: Böses Panama, braves Irland | |
Die Europäische Union setzt nur 17 Staaten auf ihre schwarze Liste der | |
Steueroasen. CSU und Linke kritisieren das einstimmig. |