# taz.de -- Stefan Dettl über Yoga-Musik: „Eine Kuh ist für mich beruhigend… | |
> Stefan Dettl ist Frontmann von LaBrassBanda. Ein Gespräch über Blasmusik | |
> als Meditationshilfe und das Münchner Hofbräuhaus als Yoga-Retreat. | |
Bild: Machen jetzt auch Yoga: LaBrassBanda mit Stefan Dettl, dritter von rechts | |
taz: Herr Dettl, heute schon Yoga gemacht? | |
Stefan Dettl: Nein, ich bin sehr früh aufgestanden, hab’ einen Kaffee | |
getrunken und bin zehn Minuten spazieren gegangen. Das war heute mein Yoga. | |
Sie machen aber tatsächlich auch Yoga? | |
Vor dem Spielen mach’ ich Atemübungen und schau’, dass ich Körper und Gei… | |
etwas in Schwung bring’. Das sind oft Übungen, die aus dem Yoga kommen. | |
Jetzt haben Sie mit Ihrer Band LaBrassBanda ein neues Album veröffentlicht, | |
es heißt „Yoga Symphony No. 1“. Nun ist Yoga-Musik nicht unbedingt das | |
Naheliegendste, was man sich von einer zünftigen bayerischen Blaskapelle | |
erwarten würde. | |
Das hat sich einfach so ergeben. [1][Nachdem 2020 alle Konzerte aufgrund | |
der Coronapandemie abgesagt wurden], bekamen wir im Oktober die | |
Möglichkeit, zu einer Yoga-Veranstaltung die Hintergrundmusik zu machen. | |
Das war im Allgäu, in Füssen im Theater. 150 Personen saßen auf Matten, mit | |
Abstand, und wir haben einfach ruhige, meditative Blasmusik dazu gespielt. | |
Die Reaktionen waren krass. Viele Menschen sind einfach nur eine Stunde | |
lang auf der Matte gesessen und haben geweint. Andere hatten richtig Spaß. | |
Und manche haben ganz normal ihr Yoga-Ding durchgezogen. Hinterher sind | |
dann viele auf uns zugekommen und haben gesagt, sie möchten unbedingt die | |
Musik haben. Und da wir eh nix zu tun hatten, haben wir das Ganze in | |
Album-Form gebracht. | |
Sollte Musik fürs Yoga nicht eher in den Hintergrund treten, also das | |
Gegenteil dessen darstellen, was sich Künstler:Innen wünschen? | |
Bei uns ist das nicht so. LaBrassBanda macht ja Tanzmusik. Wir wollen nicht | |
vom Feuilleton hochgejubelt werden, sondern wir sind eine Blaskapelle, die | |
spielt, damit sich die Menschen zur Musik bewegen und eine schöne Zeit | |
dabei haben. | |
Ist das jetzt nicht ein bisschen Tiefstapelei? | |
Wieso? | |
Na, Sie sind doch nicht die Gute-Laune-Tanzcombo von nebenan. | |
Aber was will ich denn mehr? Wenn da tausend Leute vor mir stehen, die | |
lachen mich an und springen und schreien, das ist doch das Allerschönste. | |
Und wenn im Idealfall unsere Musik noch Menschen dabei hilft, sich zu | |
öffnen – umso besser. Und letztendlich geht es um dasselbe auch beim Yoga, | |
bloß halt etwas leiser und langsamer. | |
Aber Sie würden vermutlich kein Album mit Fahrstuhlmusik aufnehmen … | |
Das wäre aber mal eine gute Idee! Fahrstuhlmusik wird zu Unrecht völlig | |
unterschätzt. Wenn man im Aufzug lustige Musik hört und dann beschwingt | |
aufs Hotelzimmer geht oder wohin auch immer – das ist doch was Schönes. | |
Im Herbst planen Sie wieder ein Yoga-Event, diesmal im Münchner | |
Hofbräuhaus, also quasi dem Mekka der Yoga-Community … | |
Lachen Sie ruhig. Aber für mich ist das Hofbräuhaus wirklich das | |
weltoffenste Wirtshaus in München. Ich hab’ da während meines Musikstudiums | |
fünf Jahre spielen dürfen. Dabei habe ich Menschen aus aller Welt | |
kennengelernt. Für unser Yoga-Konzert könnte man sich keinen besseren Ort | |
ausdenken. Und dann dieser unfassbar schöne historische Festsaal! Das wird | |
eine fantastische Yoga-Stunde. | |
Wie kommen Sie mit Ihrer Band bis jetzt durch die Krise? | |
Wir selber können uns kaum beklagen. Dadurch, dass wir über mehrere Jahre | |
enorm erfolgreich waren und nach wie vor genügend andere Jobs bekommen, | |
kommen wir gut über die Runden. Aber wir sehen natürlich schon auch andere | |
Kolleg:Innen und Bands. Vor allem junge MusikerInnen, die vielleicht | |
gerade ihr Debütalbum veröffentlicht haben und die erste größere Tour | |
hätten machen sollen – [2][für die ist die Zwangspause eine | |
Katastroph][3][e.] | |
Wann werden Sie wieder auf der Bühne stehen? | |
Ab Juli gibt es Konzerttermine, für jeden Auftritt existiert aber immer | |
auch gleich ein Ersatztermin, falls es doch nicht klappt. | |
Sie spielen nicht mehr nur in kleinen Clubs, sondern füllen inzwischen auch | |
die großen Hallen. Nach wie vor treten Sie aber am liebsten im Bierzelt | |
auf. Warum ist das so? | |
[4][So ein Veranstaltungsort ist einzigartig auf der Welt.] Das Bierzelt | |
ist ein mobiler kleiner Club – und das auf dem Land. Da kommst du | |
vielleicht in eine Ortschaft, in der 100 Menschen leben, und da steht dann | |
ein Bierzelt mit 4.000 Leuten. Wenn wir mit ausländischen Bands auf | |
Bierzeltkonzerttour gehen, können die das immer gar nicht glauben. | |
Die Grundidee für LaBrassBanda ist aber nicht in einem bayerischen | |
Bierzelt, sondern in New York entstanden. | |
Das stimmt. Das war 2004, als ich nach dem Studium mit einem Freund nach | |
New York geflogen bin. Die Reise haben wir uns mit Kirchenkonzerten | |
finanziert. Und in New York besuchte ich ein Konzert der Youngblood Brass | |
Band. Das ist eine Blaskapelle aus Brooklyn, die Musik Richtung New Orleans | |
und HipHop macht. Und die haben in einer kleinen Doppelgarage gespielt. Ihr | |
Konzert hat mir die Augen geöffnet. Schon auf dem Rückflug wusste ich: Ich | |
möchte unbedingt in einer Doppelgarage Blasmusik spielen und Mädchen in | |
Tanktops hupfen umeinander. Und dann habe ich mir Musiker:Innen | |
gesucht, die den Traum mit mir verwirklichen wollten. | |
Bei LaBrassBanda war es dann aber weniger New-Orleans-HipHop-Fusion und | |
mehr Balkan-Brass. | |
Das entsprach mehr unserem Stil. Aber die Idee, Blasmusik als Clubsound zu | |
machen, habe ich in New York aufgeschnappt. Im Chiemgau gab es damals | |
regelmäßig Balkan-Partys. Auf denen haben wir dann als Einlage gespielt. | |
Das waren die Anfänge von LaBrassBanda. | |
Wir müssen auch über Kühe reden! Einige Ihrer Albencover zieren Kühe, Sie | |
geben eine Zeitschrift namens „Muh“ heraus. Haben Sie eine besondere | |
Beziehung zum Rindvieh? | |
Absolut. Da schließt sich vielleicht wieder der Kreis zum Yoga: Ich glaub’ | |
ja, [5][dass die Kuh auch in Bayern irgendwie heilig ist.] Wenn ich eine | |
Kuh sehe, ist das für mich immer beruhigend. Kühe sind sehr sensibel, | |
kriegen sehr viel mit. Sie schauen oft so tölpelhaft aus, sind aber ganz | |
feine Wesen. Wie wir Bayern. | |
Haben Sie deshalb Ihr Live-Album in einem Kuhstall aufgenommen und „Kiah | |
Royal“ genannt? | |
Wir hatten das Angebot, ein Unplugged-Album zu machen, wollten aber kein | |
menschliches Publikum, sonst hätten wir uns nur von den Leuten treiben | |
lassen und automatisch wieder Tanzmusik gespielt. Wir haben Publikum | |
gesucht, das uns dazu anhält, dass wir ganz, ganz feine Musik machen. So | |
sind wir auf den Kuhstall gekommen. | |
Und wie hat es dem Publikum gefallen? | |
Die Kühe waren total geflasht. Sie wohnten in einem Laufstall, wo sie | |
jederzeit rein- und rausgehen konnten. Und da haben wir gemerkt, es gibt | |
Kühe, die mögen Uptempo-artigen Technosound, andere waren mehr so | |
Reggae-affin. | |
Sie betreiben nebenbei eine Landwirtschaft. Haben Sie auch Kühe? | |
Nein. Ich lebe zwar auf einem Bauernhof, und rundum sind viele Kühe, aber | |
ich selbst habe keine. Dafür 60 Obstbäume und sechs Schafe. | |
Landwirtschaft, Konzerte, Tourneen, Zeitschrift-Machen, mit Ihrer Schwester | |
haben Sie auch noch den Radiosender Radio Buh gegründet – vielleicht täte | |
Ihnen etwas mehr Yoga gar nicht schlecht, um mal runterzukommen. | |
Nein, dafür habe ich wirklich keine Zeit. | |
7 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
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