# taz.de -- Spardebatte im Berliner Abgeordnetenhaus: Koalition verteidigt Spar… | |
> Im Parlament bereitet Finanzsenator Stefan Evers (CDU) Berlin darauf vor, | |
> mit weniger Geld im Haushalt auszukommen. Die Opposition übt scharfe | |
> Kritik. | |
Bild: Zitierte in der Haushaltsdebatte Bonhoeffer-Worte, die Berlin offenbar Mu… | |
BERLIN taz | Frühere enge Koalitionskollegen, die sich nun die Expertise | |
absprechen, ein Finanzsenator, der Dietrich Bonhoeffer zitiert, und eine | |
AfD-Rednerin, die der Linkspartei zustimmt: Berlins Landesparlament hat am | |
Donnerstag in der lang erwarteten Debatte zu Haushaltsmisere gleich mehrere | |
Denkwürdigkeiten erlebt. Das Fazit nach knapp eineinviertel Stunden: Es | |
wird nicht die letzte Debatte dazu sein – und ob die milliardenschweren | |
Kürzungen bis 2026 für einen Kahlschlag sorgen, ist Definitionssache. | |
Bis zu fünf Milliarden fehlen, das hat Finanzsenator Stefan Evers (CDU) | |
schon vor Monaten klar gemacht. Das ist jeder achte Euro im Etat, der 2024 | |
und 2025 jeweils rund 40 Milliarden umfasst. Das Besondere: Bloß wenige | |
Wochen vor dem Haushaltsbeschluss kurz vor Weihnachten hatte die | |
CDU-SPD-Koalition [1][den Senatsentwurf noch um 800 Millionen aufgestockt.] | |
Die Linkspartei sieht Berlin darum an einer „Abbruchkante“, kann bei der | |
Koalition weder Plan noch klare Vorgehensweise erkennen. Steffen Zillich, | |
der bis Frühjahr 2023 in der rot-grün-roten Koalition eng mit | |
SPD-Chefhaushälter Torsten Schneider arbeitete, vermisst eine | |
„grundsätzliche finanzpolitische Strategie“. Jetzt bei Lehrern, Polizei und | |
Feuerwehr zu sparen, ist für ihn wie ein Tritt in die Magengrube. Auch die | |
AfD-Fraktion sieht ein Haushaltschaos – „da muss man den Linken mal recht | |
geben.“ | |
Zillichs grüner Oppositionskollege André Schulze, gleichfalls vormals | |
Koalitionskollege von SPD-Mann Schneider, kann bei diesem und bei | |
Schwarz-Rot insgesamt nicht jenen verantwortlichen Umgang mit den Finanzen | |
erkennen, von dem [2][im Koalitionsvertrag von CDU und SPD] die Rede ist: | |
„Das war Ihr Anspruch“, sagte Schulze, „die Wirklichkeit ist eine andere.… | |
Schneider, als parlamentarischer Geschäftsführer zudem die zentrale Figur | |
seiner Fraktion, lässt das nicht gelten. Seine Koalition habe genau die | |
„strategische Verabredungsfähigkeit“, die es brauche und die SPD und CDU | |
schon von 2011 bis 2016 bewiesen hätten. Hört man ihn, dann muss man beim | |
Kürzen bloß wollen. Weil etwa in den Teilhaushalten für Wirtschaft und | |
Kultur noch immer „signifikante Coronahilfen“ stünden. Großes Potenzial | |
sieht Schneider auch bei den Verträgen zwischen Land und | |
Verkehrsunternehmen über den öffentlichen Nahverkehr, für den von 2016 bis | |
2023 Grünen-Senatorinnen politisch verantwortlich waren. „Da steckt eine | |
Milliarde Euro drin, eine grüne Fantasiepolitiik, lauter Fata Morganas.“ | |
Es ist nicht so, dass Stefan Evers nicht auch in schneiderscher Weise | |
zuspitzen und polemisieren könnte. Als CDU-Generalsekretär [3][hat er das | |
früher durchaus gezeigt]. Als Finanzsenator aber gibt er sich anders, | |
grundsätzlicher und auch philosophisch – [4][jüngst ließ er sich etwa über | |
den Sisyphos-Mythos] aus. „Die Berliner Politik hat von jeher | |
Schwierigkeiten mit der Prioritätensetzung“, sagt Evers an diesem | |
Donnerstagvormittag und bezieht dabei Regierungen mit CDU-Beteiligungen | |
ein. | |
Mit dem nun in der Koalition verabredeten Sparbeschluss und der | |
durchgesickerten Sparliste (siehe Text rechts) sei aber nur der Anfang | |
gemacht. „Es ist ein wichtiger, aber der leichteste Schritt von allen, die | |
wir noch machen müssen“. Berlin kann und muss aus seiner Sicht auch mit | |
weniger Geld funktionieren, „vielleicht sogar besser“. Das werde zu spüren | |
sein, aber ein Kahlschlag sei das nicht. | |
Seine Rede beendet er wie angekündigt mit dem Zitat des von den Nazis | |
ermordeten Theologen Bonhoeffer. Es ist aber nicht das berühmte, auf Gott | |
vertrauende „Von Guten Mächten wunderbar geborgen“. Nein, Evers bereitet | |
Berlin auf den anstehenden Milliardensparkurs mit diesen Worten vor: | |
„[5][Es gibt ein erfülltes Leben trotz vieler unerfüllter Wünsche.“] | |
6 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Berliner-Doppelhaushalt-2024-und-2025/!5974654 | |
[2] https://www.berlin.de/rbmskzl/politik/senat/koalitionsvertrag/ | |
[3] /Nazi-Sprache-in-der-Berliner-CDU/!5409915 | |
[4] /Berliner-Abgeordnetenhaus/!6010465 | |
[5] https://www.dietrich-bonhoeffer.net/zitat/276-es-gibt-erfuelltes-leben-tro/ | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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