# taz.de -- Spahns neue Corona-Maßnahmen: Gesetz für die National-Epidemie | |
> Der Bund soll den Ländern sagen können, was sie in der Coronakrise zu tun | |
> haben. Auch eine Handy-Ortung von Kontaktpersonen war geplant. | |
Bild: Der Katastrophenfall bedarf besonderer Maßnahmen – aber wie weit dürf… | |
FREIBURG taz | Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) plant eine | |
[1][Verschärfung] des Infektionsschutzgesetzes. Behörden sollen künftig | |
Ärzte zwangsverpflichten und Handys orten können. Der Bund könnte den | |
Ländern zudem Weisungen erteilen. | |
Das Infektionsschutzgesetz ist das zentrale Gesetz zur Bekämpfung der | |
Coronavirus-Epidemie. Fast alle Maßnahmen der Behörden stützen sich bisher | |
auf dieses Gesetz. Es ist ein Bundesgesetz, das aber von den Ländern | |
ausgeführt wird. | |
Spahn hat nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, der am Montag im Kabinett und | |
am Mittwoch im Bundestag beschlossen werden soll. Er umfasst 23 Seiten und | |
liegt der taz vor. | |
Alle neuen Befugnisse setzen eine „epidemische Lage nationaler Tragweite“ | |
voraus. Diese National-Epidemie muss von der Bundesregierung festgestellt | |
werden – und soll sich von einer normalen Epidemie in der Wucht | |
unterscheiden und deshalb neue Befugnisse des Bundes erfordern. | |
Der Gesetzentwurf zählt vor allem Maßnahmen auf, mit denen die | |
Leistungsfähigkeit der Gesundheitsversorgung gesichert werden kann. So | |
würde das Gesundheitsministerium ermächtigt, per Rechtsverordnung | |
„Ärztinnen, Ärzte, Angehörige von Gesundheitsfachberufen und | |
Medizinstudierende zu verpflichten, bei der Bekämpfung übertragbarer | |
Krankheiten mitzuwirken“. | |
[2][Die FAZ] fasst Spahns Gesetzentwurf als „Entmachtung der Länder“ | |
zusammen. Das ist aber etwas übertrieben. Denn die neuen staatlichen | |
Möglichkeiten gab es bisher noch gar nicht, sie wurden den Ländern also | |
nicht weggenommen. Die bisherigen Befugnisse der Länder bleiben auch | |
bestehen, sie können weiterhin alle „notwendigen Schutzmaßnahmen“ anordne… | |
also zum Beispiel Infizierte in Quarantäne stecken, Schulen und Restaurants | |
schließen. | |
Allerdings soll die Bundesregierung hier künftig den Ländern | |
„Einzelweisungen“ erteilen können. Der Bund könnte so etwa verhindern, da… | |
einzelne Länder durch ihren Leichtsinn die Maßnahmen anderer Länder | |
gefährden. Der Bund könnte das Instrument aber auch nutzen, um in einer | |
Einzelfrage alle Länder auf eine Linie zu bringen. Spahn nennt im | |
Gesetzentwurf keine konkreten Beispiele. | |
Wegen dieser Weisungsmöglichkeit ist für das Gesetz, falls es am Mittwoch | |
im Bundestag beschlossen wird, auch die Zustimmung des Bundesrats | |
erforderlich. Der Bundesrat hat für Freitag dieser Woche eine Sondersitzung | |
anberaumt, um die vielen zu erwartenden Corona-Gesetze sofort behandeln zu | |
können. | |
In den sozialen Netzwerken hatte ein Punkt von Spahns Vorschlag für große | |
Empörung gesorgt, der nichts mit dem Bund-Länder-Verhältnis zu tun hat. So | |
sollten mit Hilfe [3][von Handyortung] im Fall einer nationalen Epidemie | |
auch Kontaktpersonen von Kranken identifiziert und lokalisiert werden. Die | |
Gesundheitsbehörden hätten die Befugnis erhalten, von | |
Telekom-Dienstleistern die entsprechenden Verkehrsdaten zu verlangen. | |
## Bayern plant eigenes Gesetz | |
Wegen der Proteste hat Spahn den Punkt am Sonntagnachmittag wieder aus dem | |
Gesetzentwurf gestrichen. Der Vorschlag ist aber nicht vom Tisch, sondern | |
soll mit mehr Ruhe später wieder aufgegriffen werden. Dann wäre auch zu | |
klären, wie das „Tracking“ konkret funktionieren würde. Denn der | |
Telefon-Provider weiß nur, in welche Funkzelle sich ein Mobilfunknutzer | |
eingeloggt hat. Da sich in einer Funkzelle aber Tausende Personen befinden | |
und solche Funkzellen oft quadratkilometergroß sind, lassen sich so | |
eigentlich keine konkreten „Kontaktpersonen“ identifizieren. | |
Parallel zum Gesetzentwurf von Spahn plant Bayern ein eigenes | |
Infektionsschutzgesetz. Im Fall eines „Gesundheitsnotstands“ könnte der | |
Staat dann Mediziner zwangsverpflichten und medizinische Materialien | |
beschlagnahmen. Das bayerische Gesetz soll an diesem Mittwoch im Münchener | |
Landtag beschlossen werden. Wenn es nun aber im | |
Bundes-Infektionsschutzgesetz ganz ähnliche Regelungen gibt, dürfte Bayern | |
seine Gesetzgebungskompetenz verlieren. | |
22 Mar 2020 | |
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[1] /Freiheitsrechte-und-Covid-19/!5673056 | |
[2] https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/coronavirus/corona-klin… | |
[3] /Datenschutz-in-der-Corona-Krise/!5668755 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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