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# taz.de -- Sorge um Aktivist Alaa Abd el-Fattah: Festgehalten auf unbestimmte …
> Der Wagenbach-Verlag und die Böll-Stiftung sorgen sich um den
> Regimekritiker Alaa Abd el-Fattah. Der beschreibt seine Gefangenschaft in
> einem Buch.
Bild: Laila Soueif, die Mutter von Alaa Abd el-Fattah, mit einem Bild ihres Soh…
Ägypten ist mit Ende der UN-Klimakonferenz (COP 27) wieder aus dem
Blickfeld geraten. Während in Scharm al-Scheich zwar nur wenig Wegweisendes
entschieden wurde, so fiel zumindest auf die Menschenrechtslage in Ägypten
ein wenig Aufmerksamkeit. Das 100-Millionen-Einwohner-Land ließ nach China
und Iran 2021 die meisten Menschen hinrichten, über 60.000 Menschen sollen
sich aus politischen Gründen in Haft befinden.
Überschattet wurde die Klimakonferenz so von dem sich seit April im
Hungerstreik befindlichen Aktivisten Alaa Abd el-Fattah, der zeitgleich zum
Konferenzbeginn auch keine Flüssigkeiten mehr zu sich nahm. Den Streik
brach er einige Tage später komplett ab, seit gut zwei Wochen erreichen
seine Familie jedoch keine Nachrichten mehr von ihm.
Alaa Abd el-Fattah zählt zu den Schlüsselfiguren [1][der ägyptischen
Revolution 2011.] Seit 2013 ist er mit Unterbrechungen inhaftiert. „Der
Staat behauptet anhaltend, in seinen Haftanstalten befänden sich keine
politischen Gefangenen. Doch jeder weiß, dass die Gefängnisse voll von
Dissidenten sind, die ‚zeitweilig‘ festgehalten werden“, schreibt der
Aktivist in der soeben auf Deutsch erschienenen Textsammlung „Ihr seid noch
nicht besiegt“, aus der die Schauspielerin Aysima Ergün vergangene Woche
bei einer von der Heinrich-Böll-Stiftung gemeinsam mit dem Wagenbach-Verlag
organisierten Gesprächsrunde im Berliner silent green Kulturquartier
vorlas.
Aus seinen Texten spricht eine gewisse Verzweiflung ob ausbleibenden
Protests in Ägypten. [2][Jeder wisse um die Korruptheit der Gerichte und
der Polizei im Land] – „und die Mehrheit stört es offensichtlich nicht“,
heißt es weiter.
Ägypten gelte als stabiler Partner vieler europäischer Länder, bemängelt
die stellvertretende Generalsekretärin von Amnesty International
Deutschland, Julia Duchrow. Tatsächlich hat Siemens gerade den größten
Auftrag seiner Firmengeschichte vereinbart und soll in Ägypten ein 2.000
Kilometer langes Hochgeschwindigkeitsbahnnetz realisieren. Wer den Bau in
Höhe von acht Milliarden Euro bezahlen soll – Ägypten ist hochverschuldet
–, ist unklar.
## Grundlose Festnahmen
Deutschland investiert noch auf anderem Gebiet massiv: Ägypten, deren
Sicherheitskräfte laut Human Rights Watch Kriegsverbrechen auf der
Sinai-Halbinsel begehen, [3][ist der drittgrößte Abnehmer deutscher
Waffenexporte.]
Seit dem Militärputsch 2013 fließe ein steter „cash flow“ aus Europa ins
Land, kritisiert der kurzfristig verhinderte Filmemacher und Cousin von
el-Fattah, Omar Robert Hamilton, in einer Grußbotschaft. Was
Gerichtsverfahren betreffe, sei die Lage unter Präsident El-Sisi noch
schlimmer als unter dem bis 2011 diktatorisch regierenden Mubarak, sagt der
in Heidelberg lehrende Historiker Taqadum Al-Khatib. Grundlos festgenommen
wurde man auch schon damals, heute jedoch oft auf unbestimmte Zeit.
El-Fattah, der aus einer Familie von Aktivist:innen stammt, wird seit
neun Jahren immer wieder zu Haftstrafen verurteilt. Der 41-Jährige
berichtete von Gewalt und Folter. „Ich bin praktisch eine Geisel und kein
Angeklagter; der Tora-Gefängniskomplex ist ein Gefangenenlager und keine
Haftanstalt“, schreibt er.
Es ist eine Mischung aus Essayistischem und Erfahrungsberichten, was im
Buch zusammen mit Tweets, Facebook-Posts und Reden die Praxis der
ägyptischen Gewaltenteilung bezeugt. Die Texte El-Fattahs, der mitunter in
einer Zelle ohne Stift und Papier festgehalten wird, gelangten dabei auf
verschiedenste Weise aus dem Gefängnis. Freunde und Besucherinnen
schmuggelten Papierfetzen heraus und auch der Gerichtssaal wurde zur Bühne:
Reden, in denen er Staat und Bevölkerung a-dressiert, schrieben seine
Anwälte mit, sodass el-Fattahs Familie sie anschließend online
veröffentlichen konnte.
3 Dec 2022
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## AUTOREN
Julia Hubernagel
## TAGS
Ägypten
Menschenrechte
Zehn Jahre Arabischer Frühling
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