# taz.de -- Ski Alpin Chef über Sport trotz Corona: „Sonst gibt's den Sport … | |
> Ski-Alpin-Chef Wolfgang Maier will mit dem Rennen in Sölden beweisen, | |
> dass der Weltcup trotz Corona möglich ist. Es gibt ein strenges | |
> Hygienekonzept. | |
Bild: Unklare Zukunft: Ramona Siebenhofer aus Österreich beim Training in Söl… | |
Herr Maier, am Wochenende beginnt in Sölden der Alpine Skiweltcup – unter | |
außergewöhnlichen Voraussetzungen. Wie froh sind Sie dennoch, dass die | |
Saison starten kann? | |
Wolfgang Maier: Was heißt froh? Es gilt den Beweis anzutreten, dass in | |
dieser schwierigen Situation auch Wettkämpfe stattfinden können. Es hängt | |
extrem viel von diesen Sölden-Rennen ab. Der gesamte Weltcup, nicht nur der | |
alpine, auch anderer Wintersportarten, wird daran gemessen, wie gut man | |
sich in Sölden präsentiert. Deshalb bin ich auf der einen Seite froh, dass | |
man in Sölden eröffnet, weil man weiß, dass man einen extrem zuverlässigen | |
Partner und Veranstalter mit höchstem Standard hat. Sportlich gesehen kommt | |
der Auftakt allerdings zu früh. | |
Eine Woche [1][früher als üblich]. | |
Ja, aber wenn wir der Öffentlichkeit beweisen können, dass wir mit dem | |
Covidthema verantwortungsvoll umgehen, dann ist es gerechtfertigt, dass man | |
etwas früher mit dem Weltcup beginnt. | |
Sölden ist also ein Probelauf für alle im Skiweltverband FIS organisierten | |
Sportarten. Auch für den Tourismus in Tirol? | |
Das zu beurteilen, benötigt mehr Kenntnis. Es ist natürlich schon so, dass | |
es bei einer Weltcupveranstaltung unter anderem auch um die Darstellung | |
bestimmter touristischer Regionen geht. Es mag eine Rolle spielen, dass die | |
Söldener zeigen wollen, sie können verantwortungsvoll mit dem Thema Corona | |
umgehen, und dass sie auf eine gewisse Signalwirkung hoffen. Denn es ist ja | |
nicht von der Hand zu weisen, dass Österreich, dass Tirol durch das Thema | |
Ischgl stigmatisiert wurde. | |
Das [2][Hygienekonzept von Sölden] mit Testungen vor Ort, Abschottung der | |
einzelnen Gruppen – und das alles ohne Zuschauereinnahmen – ist sehr | |
aufwändig, auch finanziell. Ist so etwas auf allen Stationen des Weltcups | |
möglich? | |
In Sölden gibt es ein extrem großes Interesse, sportlich, politisch und wie | |
gesagt auch touristisch. Und auch die FIS hat ein großes Interesse, denn | |
man kämpft ums nackte Überleben. Die FIS sagt ja selbst, dass nach einem | |
Winter ohne Weltcup 80 bis 90 Prozent der Verbände nicht mehr existieren | |
würden – und somit der Sport auch nicht mehr. Deshalb will man in Sölden | |
Standards setzen. Das Konzept der Testung, der Isolation ist verbindlich, | |
ebenso wurden die Trennung von Damen- und Herrenwettbewerben sowie | |
Disziplinen im Kalender verankert. | |
Auch die Kosten für die einzelnen Verbände steigen. Allein für die | |
Testmaßnahmen aller Disziplinen in diesem Winter veranschlagt der DSV rund | |
1,2 Millionen Euro. | |
Wir müssen mit einem negativen Test zum Weltcup anreisen. Und der darf | |
nicht älter als 72 Stunden sein, das heißt, es wird im Dreitagesrhythmus | |
getestet. Wir bauen deshalb gerade mit Laboren ein Logistiksystem auf, weil | |
wir ja im Weltcup zwar nur europaweit unterwegs sind, aber man diese Tests | |
ja in die Labore bringen, um die engen Fristen einzuhalten. | |
Das Geld sitzt bei den Sponsoren in diesen Zeiten vielleicht nicht mehr so | |
locker. Muss sich der DSV einschränken? | |
Unsere Hauptsponsoren haben ihr Engagement bestätigt. Wenn die Saison | |
einigermaßen strukturiert abläuft, dann denke ich, dass der DSV sehr | |
ordentlich aus der Pandemiezeit herauskommen kann. Wenn uns unsere | |
Weltcupveranstaltungen allerdings wegbrechen, dann gibt es auch bei uns | |
massive Probleme. Der DSV finanziert seinen Jahresgesamtbedarf von fast 37 | |
Millionen Euro ja zu gut 90 Prozent selbst. Wir werden nur zu einem | |
geringen Teil, gemessen am Gesamtaufkommen, durch die öffentliche Hand | |
gefördert. Deshalb sind wir auch bestrebt, alle in Deutschland geplanten | |
Weltcups stattfinden zu lassen und eine gute nordische Ski-WM in Oberstdorf | |
zu zeigen. | |
Gehörte die logistische und organisatorische Vorbereitung auf diese Saison | |
zu den größten Herausforderungen in Ihrer Zeit als Alpin-Chef? | |
Wir haben versucht, uns lösungsorientiert zu bewegen, die Vorschriften zu | |
beachten und nicht zu lamentieren. Dass die Verhältnisse in Südamerika für | |
ein Training ideal gewesen wären, haben wir nicht zum Thema gemacht, | |
sondern uns stattdessen an die vorhandenen Möglichkeiten angepasst. Wir | |
haben gute Voraussetzungen vorgefunden in Österreich, Italien, der Schweiz, | |
am Anfang noch in Norwegen und versucht, das Beste daraus zu machen. Das | |
Einzige, was uns wirklich massiv beeinträchtigt hat, ist unser | |
Standortnachteil. Um uns herum hatten fast alle Nationen Möglichkeiten, | |
im eigenen Land zu trainieren, als die Reisebeschränkungen unseren | |
Aktionsradius massiv eingeschränkt haben. Wir haben zwar die Zugspitze, | |
aber da konnten wir leider nicht trainieren. | |
Das betrifft aber doch vor allem den Nachwuchs? | |
Ja, da sehe ich auch das größte Problem überhaupt, weil es um die | |
Nachhaltigkeit unseres Sports geht. Der Nachwuchs ist irgendwann nicht mehr | |
konkurrenzfähig, wenn er wie in diesem Jahr keine oder aufgrund der | |
Reisebeschränkungen nur wenig Gelegenheit hat, zu trainieren. Ich glaube, | |
das wird sich über kurz oder lang auch in anderen Sportarten zeigen. Es | |
gibt einfach eine unterschiedliche Behandlung zwischen Auszubildenden, das | |
sind die Nachwuchsfahrer für mich, und den Profis. | |
Viele Skirennläuferinnen und Skirennläufer des DSV beendeten in diesem Jahr | |
ihre Karriere. Die größte Lücke hinterlässt wohl Viktoria Rebensburg. Wie | |
schwer wiegt ihr Fehlen? | |
Der erste Impuls, der auch von außen kommt, ist da natürlich: Jetzt fehlt | |
bei den Frauen eine Siegfahrerin. Natürlich wäre es uns in der Situation | |
lieber gewesen, mit dem Flaggschiff Viktoria in den Weltcup zu ziehen. Ihr | |
Rücktritt ist aber auch eine Chance für neue Gesichter. | |
Sie klingen ganz optimistisch … | |
Wir sehen im Nachwuchs Athletinnen, die unter den besten Zehn in der | |
Weltrangliste ihres Jahrgangs stehen. Das lässt mich schon mit einem | |
gewissen Optimismus rangehen, dass wir auch in den nächsten Jahren wieder | |
im Weltcup der Frauen unter den besten Fünf oder Zehn dabei sein können. | |
Das heißt nicht, dass wir ad hoc mit Mikaela Shiffrin konkurrieren können, | |
aber das Potenzial dagegenzuhalten, haben wir auf alle Fälle. | |
Die Hoffnung ruht nun fast ausschließlich auf den deutschen Männern um | |
Abfahrer Thomas Dreßen. In Sölden steht aber erst einmal Stefan Luitz im | |
Fokus. Was erwarten Sie sich von ihm in dieser Saison? | |
Er macht einen guten Eindruck, aber auch die anderen Jungs aus der | |
Technikergruppe, wie Linus Straßer oder Alexander Schmid, wirken gefestigt. | |
Sie hatten alle eine schwierige Situation, nachdem die Galionsfigur Felix | |
Neureuther weggebrochen war. Aber die Phase ist vorbei. Das Herrenteam | |
sorgt bei mir jedenfalls für keine Sorgenfalten. | |
15 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Riesenslalom-Weltcup-in-Soelden/!5633480/ | |
[2] https://www.soelden.com/de/winter/covid-19-schutzmassnahmen.html | |
## AUTOREN | |
Elisabeth Schlammerl | |
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