# taz.de -- Ski-WM in Cortina d'Ampezzo: Eine Frage des Knies | |
> Nach Romed Baumanns Silber im Super-G geht das deutsche Speed-Team ohne | |
> Druck in die Abfahrt. Das kommt auch Thomas Dreßen entgegen. | |
Bild: Wieder unterwegs: Thomas Dreßen in Garmisch-Partenkirchen | |
Cortina d'Ampezzo taz | Draußen im Hotel Mirage hatten sie in aller Eile | |
einen kleinen Sektempfang organisiert. Romed Baumann hat kurz angestoßen | |
mit den Trainern, Betreuern und Teamkollegen, aber so richtig Zeit zum | |
Genießen fand der frischgekürte Silbermedaillengewinner im Super-G noch | |
nicht. Die Momente, sagt er, „sind gespeichert“. Schnell stellte sich die | |
übliche Routine wieder ein. „Wir haben ja ein strenges Programm“, sagte | |
Baumann. Am Freitag ging es gleich weiter mit dem ersten Training für die | |
Abfahrt bei der [1][Ski-WM in Cortina d’Ampezzo]. Er sei zwar „ein bisschen | |
schwerer aus dem Bett gekommen“ als sonst, gibt er zu, aber bestens erholt. | |
„Ich habe sehr gut geschlafen.“ | |
Wäre nicht diese Medaille am Donnerstag gewesen, hätte die Bühne beim | |
Training alleine dem Kollegen [2][Thomas Dreßen] gehört. Der 27-Jährige vom | |
SC Mittenwald war bis dahin trotz seiner Verletzungspause – und obwohl erst | |
nach dem zweiten Training über einen Start am Sonntag entschieden wird – | |
eigentlich der aussichtsreichste Kandidat für Edelmetall bei den deutschen | |
Schnellfahrern gewesen. Baumann hat den Fokus nun ein wenig von dem | |
fünffachen Abfahrtssieger genommen – und sich selbst in eine | |
Mitfavoritenrolle gehievt. | |
Für Dreßen ging es bei seinem ersten Auftritt in Cortina nicht darum, | |
möglichst weit vorne im Training zu landen, sondern ob das Knie, das seit | |
seiner schwerer Verletzung 2018 immer wieder einmal zwickt, mitmacht – und | |
ob er bereit fürs Risiko sein würde, „dass ich bestimme, was da runter | |
passiert und nicht der Berg“. Bei seiner Trainingsfahrt in Garmisch eine | |
Woche zuvor war das nicht der Fall gewesen, „da war ich noch nicht schnell | |
genug mit dem Denken.“ Bei seinem ersten Auftritt in Cortina am Freitag | |
habe er zum einen nichts „vom Knie gemerkt“ und zum anderen sei es ihm | |
„ganz gut gelungen“, umzusetzen, was er sich vorgenommen habe, findet er, | |
„auch wenn es auf dem Video nicht so ausschaut.“. | |
Genau genommen sah es bei keinen Athleten gut aus. Denn um das Tempo vor | |
dem Vertigne-Sprung zu drosseln, haben die Kurssetzer ein paar „U-Hackerl“, | |
wie es Baumann ausdrückte, ein paar stark drehende Kurven eingebaut. Ein | |
Tor war noch dazu nur mit einem extrem Bremsschwung regelkonform zu | |
passieren. Viele Athleten scheiterten daran, darunter die beiden Abfahrer | |
mit der schnellsten Zeit, Dominik Paris aus Italien und der Schongauer | |
Simon Jocher. | |
## Nur nicht hadern | |
Während die Konkurrenz anschließend mit dem einen Riesenslalom ähnlichen | |
Teil haderte, gab es von den Deutschen nicht viel Kritik. „Es passt“, sagte | |
Baumann. Vermutlich hätte er das aber auch gesagt, wenn oben ein paar enge | |
Slalom-Tore gestanden hätten. Mit dem Gefühl, mehr erreicht zu haben als | |
ihm viel zugetraut hatten, fällt vieles leichter. | |
„Ich glaube, es war für heute ganz gut, dass sie es eingebremst haben“, | |
fand aber auch Dreßen, hoffte aber, „dass die Kurssetzung noch ein bisschen | |
offener wird“. Und wenn nicht, „dann ist es auch okay.“ Es gehört zu sei… | |
Philosophie, nicht zu hadern, sondern die Situation anzunehmen, wie sie | |
ist. „Du darfst ein Rennen nie schwerer reden, sondern musst es einfacher | |
machen“, ist sein Credo. | |
Die erste Medaille eines deutschen Schnellfahrers seit Florian Eckerts | |
Abfahrts-Bronze vor 20 Jahren mag wie eine kleine Befreiung für die | |
Trainer, die Verantwortlichen sein, aber „für mich persönlich hat der | |
Erfolg vom Romed keinen so großen Stellenwert“, sagt Dreßen. Für seine | |
eigene Ambitionen, meint er. Wie er sich aber mit Baumann gefreut hat, ist | |
auf einem Video-Post auf Instagram zu sehen. Er sei „fast ein bisschen | |
emotional“ gewesen, erzählt Dreßen, als er den Kollegen, der auch ein guter | |
Freund ist, bei der Rückkehr ins Hotel gesehen habe. | |
Es sagt viel über das deutsche Teamgefüge aus, gönnen zu können, ohne die | |
eigenen Ambitionen aus den Augen zu verlieren. Man könne jetzt als | |
Mannschaft „locker auffahren, auch wenn ich gerne noch ein besseres | |
Ergebnis mitnehmen würde“, fasste es Andreas Sander zusammen. Eine Medaille | |
am besten, denn „jeder weiß, dass bei einer WM nur die ersten drei Plätze | |
zählen“, sagt Dreßen. Auch für ihn. Wenn er startet. | |
14 Feb 2021 | |
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## AUTOREN | |
Elisabeth Schlammerl | |
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