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# taz.de -- Signa-Pleite in Berlin: Krise ohne Konsequenzen
> Der Senat reagiert kaum auf die Pleite des Signa-Immobilienkonzerns.
> Stattdessen hofft Schwarz-Rot auf neue Investoren.
Bild: Vom Immobilienhai zum Pleitegeier
Berlin taz | Der Senat hat bislang so gut wie gar keine Konsequenzen aus
der Insolvenz des Immobilien- und Warenhauskonzerns Signa gezogen. Das geht
aus einer Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf eine
schriftliche Anfrage der Linken-Abgeordneten Katalin Gennburg hervor, die
der taz exklusiv vorliegt. Sowohl der Ausübung des Vorkaufsrechts für die
Immobilien der Kaufhaussparte als auch einem Planungsstopp erteilt die
Senatsverwaltung an dieser Stelle eine Absage.
Welche Strategie die Senatsverwaltung stattdessen fährt, zeigt sich an den
umstrittenen Großprojekten am Hermannplatz und am Kurfürstendamm: Warten,
bis ein anderer Investor kommt. Dort wollte Signa die Karstadt-Kaufhäuser
abreißen und durch monumentale Neubauten ersetzen.
Um politische Widerstände aus den Bezirken zu überwinden, hatte die
Senatsverwaltung die Planungsverfahren an sich gezogen. Anlass, die
Projekte endgültig zu stoppen, sieht die Senatsverwaltung dabei nicht: „In
den Verfahren werden keine weiteren formalen Schritte mehr vorgenommen, bis
klar ist, welcher leistungsfähige Partner bereitsteht, um die Planungsziele
des Landes Berlin umzusetzen“, heißt es in der Antwort.
Interessant ist vor allem, dass die Planungsziele Berlins fast eins zu eins
mit den [1][Immobilienverwertungsinteressen Signas] übereinstimmen. Sowohl
am Ku’damm als auch am Hermannplatz setzte Signa seine Wünsche weitgehend
ohne grundlegende Änderungen durch. „Indem der Senat weiterhin die von der
Signa gewünschten Volumina als seine eigenen Planungsziele ausgibt, treibt
er damit die Grundstückspreise in die Höhe und verunmöglicht damit weniger
profitträchtige Nutzungen in der Zukunft“, kritisiert Katalin Gennburg, die
stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion.
## Vereinbarung von 2020 wertlos
Bislang begründete die Stadtentwicklungsverwaltung ihre Haltung mit der
Sicherung von Arbeitsplätzen bei Galeria-Karstadt-Kaufhof. Im Zuge der
ersten Galeria-Insolvenz 2020 einigte sich Mutterkonzern Signa mit dem
damaligen rot-rot-grünen Senat auf einen „Letter of Intent“ (LOI) genannten
Deal: Vier von Schließungen bedrohte Galeria-Filialen blieben erhalten und
bekamen mehrjährige Bestandsgarantien, dafür sicherte der Senat Signa
Baurecht bei den umstrittenen Bauprojekten am Ku’damm und am Hermannplatz
sowie dem am Alexanderplatz zu.
Dabei hätten die Zusagen aus dem LOI kaum noch eine Bedeutung, wenn es im
Zuge der Insolvenz zum Verkauf des Warenhauskonzerns oder seiner Immobilien
kommt. Ein Vorgeschmack darauf liefert die [2][Filiale am Alexanderplatz],
die Signa bereits im Juni an die Fondsgesellschaft Commerz Real verkaufte.
Signa riss ein Teil des Galeria-Kaufhauses ab, um es durch einen 130 Meter
hohen Turm zu ersetzen. Im LOI vereinbarten Signa und der damalige Senat
eine Bestandsgarantie von 10 Jahren ohne eine Reduzierung der
Verkaufsflächen für Galeria.
Wie die Antwort aus dem Haus von Senator Christian Gaebler (SPD) nun zeigt,
ist es dem Senat auch 6 Monate nach dem Verkauf noch nicht gelungen, die
neue Eigentümerin zur Einhaltung des LOI zu bewegen. „Der Senat befindet
sich aktuell in Gesprächen zur Klärung, unter welchen Voraussetzungen das
Projekt weitergeführt wird. Dabei hat der Erhalt der Warenhausflächen
oberste Priorität“, heißt es von der Senatsverwaltung.
## Ablehnende Haltung des Senats
„Dem Senat geht es – wie der Signa bis vor Kurzem – um
Immobilienentwicklung, nicht um Arbeitsplätze“, sagt Linke-Politikerin
Gennburg. Für sie passt es dann auch ins Bild, dass Schwarz-Rot „sich nicht
um die Signa-seitige Umsetzung des LOI schert“.
Die [3][Haltung des Senats] sorgt bei Gennburg für Unverständnis.
Schließlich hätten viele andere Städte im Zuge der Signa-Krise
Planungsstopps verhängt oder das Vorkaufsrecht für von der Schließung
betroffene Galeria-Filialen gezogen. So forderte auch der Deutsche
Städtetag zuletzt, dass „Städte potenziell Zugriff auf zentrale Immobilien
bei Insolvenzen bekommen“ sollten.
„Mit seiner klar ablehnenden Haltung steht der Senat bundesweit unter den
betroffenen Kommunen allein auf weiter Flur“, kritisiert Gennburg.
21 Dec 2023
## LINKS
[1] /Spekulation-mit-Immobilien/!5925353
[2] /Immobilienspekulation-in-Berlin/!5937540
[3] /Immobilienkonzern-in-der-Krise/!5968520
## AUTOREN
Jonas Wahmkow
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