# taz.de -- Sicherheitsvertrag China und Salomonen: „Klein-Kuba vor Australie… | |
> China sichert sich Rechte in den Salomonen und löst in Australien und | |
> Neuseeland Ängste aus. Die USA sehen ihre geostrategische Interessen | |
> berührt. | |
Bild: Solomonen-Premier Manasseh Sogavare und Chinas Präsident Xi Jinping bei … | |
BERLIN taz | Die südpazifischen Salomonen und China haben ein umstrittenes | |
Sicherheitsabkommen unterzeichnet. Das bestätigte der salomonische | |
Premierminister Manasseh Sogavare am Mittwoch in der Hauptstadt Honiara. | |
Schon am Vortag hatte Chinas Außenamtssprecher die Unterzeichnung bekannt | |
gegeben. | |
Doch beide sagten weder wann und wo das Abkommen geschlossen wurde, noch | |
machten sie Angaben zu dessen Details. Berichten zufolge sollen Inhalte nur | |
mit gegenseitiger Zustimmung genannt werden dürfen. | |
Auffällig ist, dass die Unterzeichnung so kurz vor dem für diesen | |
Donnerstag geplanten Besuch des Indo-Pazifik-Koordinators im Nationalen | |
US-Sicherheitsrat, Kurt Campbell, bekanntgegeben wurde. Die USA hatten erst | |
kürzlich angekündigt, ihre vor einigen Jahren geschlossene Botschaft wieder | |
eröffnen zu wollen. | |
Bisher waren Beobachter noch von einer späteren Unterzeichnung des Abkommen | |
zwischen Peking und Honiara ausgegangen worden. Das hatte dazu geführt, | |
dass auch andere Regierungen noch versuchen wollten, Sogavare umzustimmen: | |
Erst kürzlich hatte Australiens Entwicklungsministerin deshalb Honiara | |
besucht. | |
## Entwurf geleakt | |
Ein Entwurf des Abkommens war in den Salomonen Ende März in sozialen Medien | |
geleakt worden. Er löste innenpolitische Proteste und regionale Sorgen aus. | |
Unklar ist, wieweit der damalige Entwurf identisch mit dem jetzt | |
geschlossenen Abkommen ist. | |
Laut dem Entwurf werde chinesischen Schiffen das Recht eingeräumt, Häfen | |
der Salomonen anzulaufen, um dort versorgt zu werden. Zudem soll Peking auf | |
Anforderung Honiaras bewaffnete Kräfte in den Inselstaat entsenden dürfen. | |
Dies führte insbesondere bei Australien, Neuseeland und den USA zur Sorge, | |
dass bald chinesische Truppen auf den strategisch gelegenen Salomonen | |
stationiert werden könnten. Sie galten bisher als Teil des australischen | |
Hinterhofes. Doch die Beziehungen zwischen Canberra und Peking sind schon | |
seit einiger Zeit auf einem Tiefpunkt. | |
„Wir wollen nicht unser kleines Kuba vor unserer Küste haben“, sagte | |
Australiens Vizepremier Barnaby Joyce in Anspielung an die Kuba-Krise. In | |
Australien fürchtet man, dass Chinas Militär samt Schiffen und Raketen dort | |
bis auf 2.000 Kilometer heranrücken könnte. | |
Der salomonische Premier Sogavare wies solche Ängste am Mittwoch erneut | |
zurück. Das Abkommen sei im „nationalen Interesse“ seines Landes, sagte er. | |
Es trage zur Pluralisierung der Außen- und Sicherheitsbeziehungen bei. Eine | |
Stationierung chinesischer Truppen sei nicht geplant, erklärte er [1][zum | |
wiederholten Male]. | |
## Neuseeland nennt Abkommen „unnötig“ | |
Neuseelands Außenministerin [2][Nanaia Mahuta] nannte das Abkommen | |
„unwillkommen und unnötig“. Sie sei enttäuscht, dass die Salomonen sich f… | |
ihre Sicherheit an eine Macht außerhalb der Region gewandt haben. Sie | |
füchtet, dass es diese destabilieren könne. | |
Sogavare konnte mit seiner Beschwichtigungen auch den salomonischen | |
Oppositionsführer Matthew Wale nicht überzeugen. Der fürchtet sogar, dass | |
chinesische Sicherheitskräfte eines Tages innenpolitisch eingesetzt werden | |
könnten. | |
In den Salomonen gibt es seit Jahren ethnisch-soziale Spannungen zwischen | |
den Bewohnern der beiden Hauptinseln Guadalcanal und Malaita. Zwischen 1998 | |
und 2003 sind dabei rund 200 Menschen zu Tode gekommen. Erst einer | |
australischen Militärintervention gelang eine brüchige Befriedung. | |
Doch im letzten November entluden sich erneut [3][Spannungen mit Gewalt]. | |
Hintergrund war der umstrittene außenpolitische Schwenk von Sogavare in der | |
Ein-China-Politik. Er ließ den bisherigen Verbündeten Taiwan fallen, um | |
dafür volle diplomatische Beziehungen mit Peking aufzunehmen. | |
## China traniert jetzt salomonische Polizisten | |
Dies wurde in Malaita, das besonders von taiwanischer Hilfe profitierte, | |
abgelehnt. Taipeh und Peking sollen jeweils mittels Dollardiplomatie um die | |
Gunst der 700.000 Einwohner der Salomonen gebuhlt habe. | |
Bei der Gewalt im November, die sich an der China-Frage entzündet hatte und | |
erst wieder von australischen und neuseeländischen Sicherheitskräften | |
beendet werden konnte, gingen überwiegend chinesische Geschäfte in Flammen | |
auf. Vier Personen starben. | |
Seitdem schulen von China entandte Ausbilder lokale Polizisten in | |
Aufstandsbekämpfung. Doch die Opposition fürchtet, dass diese Polizisten | |
eines Tages auch gegen sie eingesetzt werden könnten. | |
Dass die Salomonen, deren nördlicher Teil einst zur Kolonie | |
[4][Deutsch-Neuguinea] gehörte, nicht so abgeschieden liegen, wie es auf | |
den ersten Blick aus Europa scheint, zeigt die Geschichte: Wegen der | |
geostrategischen Lage der Inselgruppe fand auf Guadalcanal 1942/43 zwischen | |
Japan und den USA eine der entscheidenden Schlachten des Pazifikkriegs | |
statt. | |
20 Apr 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Sicherheitsabkommen-Salomonen-China/!5845660 | |
[2] /Neuseelands-vielfaeltiges-Kabinett/!5726054 | |
[3] http://xn--Stellvertreterstreit%20in%20der%20Sdsee-kqd | |
[4] /Aus-Le-Monde-diplomatique/!5778081 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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