# taz.de -- Nach Kritik an Regierung: Salomonen wollen Facebook verbieten | |
> Im Südpazifikstaat will sich die Regierung Kritik entziehen. Die hat | |
> zugenommen, seit die Staatsführung diplomatisch von Taiwan zu China | |
> gewechselt ist. | |
Bild: Makira, eine der Inseln auf den Salomonen | |
BERLIN taz | Im Südpazifikstaat Salomonen hat die Regierung am Dienstag das | |
Verbot des [1][sozialen Netzwerkes Facebook] beschlossen. Das meldete die | |
Solomon Times online. Das Verbot gehe auf Initiative von Premierminister | |
Manasseh Sogavare und Kommunikationsminister Peter Shanel Agovaka zurück. | |
Letzterer begründete das Verbot, dessen Details noch unklar seien und mit | |
den Internetprovidern geklärt werden müssen, mit dem bei Facebook | |
herrschenden Ton: „Beleidigungen von Ministern, des Premiers, Rufmord, | |
Verleumdung, dies sorgt uns.“ Die Salomonen hätten noch kein Gesetz zur | |
Regulierung von Facebook, das deshalb für einige Zeit verboten werden | |
müsse. Es gehe auch um den Schutz von Kindern und Jugendlichen, so Agovaka. | |
Der Minister sieht im Facebook-Verbot keine Einschränkung der Meinungs- und | |
Pressefreiheit. Zugleich betonte er, dass die Zustimmung des Parlaments zum | |
Verbot nicht nötig sei. | |
Bisher nutzte die Regierung in Honiara selbst Facebook zur Übertragung etwa | |
von Ansprachen des Premierministers oder zur Verbreitung von Informationen | |
zur Bekämpfung von Covid-19. | |
## Opposition sieht Einschränkung der Meinungsfreiheit | |
Von den 650.000 Einwohner*innen des Archipels, von dem Teile von 1886 bis | |
1899 zur Kolonie Deutsch-Neuguinea gehörten, nutzen laut Solomon Times | |
120.000 Facebook. | |
Die Opposition protestiert gegen das geplante Verbot. Es schränke sehr wohl | |
die Meinungsfreiheit ein, empörte sich der Abgeordnete Peter Kenilorea Jr. | |
Er sieht auch einen Bruch der Verfassung und meint, die Regierung versuche | |
mit dem Verbot ihre Rechenschaftspflicht gegenüber der Bevölkerung zu | |
umgehen. | |
Die Regierung sieht sich starker innenpolitischer Kritik ausgesetzt, seit | |
sie im September 2019 Taiwan die diplomatische Anerkennung entzog und | |
stattdessen mit der Volksrepublik China Beziehungen aufnahm. | |
Die beiden asiatischen Staaten kämpfen im Rahmen der von Peking verfolgten | |
„Ein-China-Politik“ mit sogenannter Dollardiplomatie um internationale | |
Anerkennung. Dabei fördert ihr Wettlauf in den betroffenen Ländern, die oft | |
schon für wenige Millionen Dollar zum Seitenwechsel bereit sind, die | |
Korruption. | |
Peking betrachtet das eigenständige Taiwan, das nur noch von sehr wenigen | |
und vor allem kleinen Staaten anerkannt wird, als abtrünnige Provinz und | |
droht mit gewaltsamer Wiedervereinigung. | |
## Vorbehalte gegen Peking | |
Auf der bevölkerungsreichsten Salomonen-Insel Malaita ist der Protest gegen | |
die außenpolitische Kursänderung der Regierung besonders groß und befeuert | |
dort Pläne für ein Unabhängigkeitsreferendum. | |
Die Regierung in Honiara heizte die Proteste zuletzt noch weiter an, als | |
sie kürzlich eine für Malaita gedachte Hilfslieferung aus Taiwan auf die | |
Insel Guadalcanal umleiten ließ. | |
Der Zugang zu Facebook ist in China, Nordkorea und Iran schon seit Jahren | |
verboten. Zensurversuche und zeitweilige Verbote gab es in mehreren | |
Ländern, darunter auch in pazifischen Nachbarstaaten der Salomen wie | |
Papua-Neuguinea, Samoa und Nauru. | |
18 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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