| # taz.de -- Sexistische Videospiele: Next Level Frauenhass | |
| > Im Videospiel „No Mercy“ müssen möglichst viele Frauen vergewaltigt | |
| > werden. Das ist kein Einzelfall, sondern Zeichen einer misogynen | |
| > Gaming-Kultur. | |
| Bild: Wurde schon immer sexualisiert und objektiviert: Lara Croft im Spiel „T… | |
| Weibliche Figuren haben es nicht leicht in der Welt der Videospiele. Über | |
| Jahrzehnte wurden sie sexualisiert, stigmatisiert, marginalisiert, | |
| objektiviert und fetischisiert. Davon zeugen nicht nur die spitzen | |
| Pixelbrüste von Lara Croft aus den frühen „[1][Tomb Raider]“-Spielen, | |
| sondern auch die sexuellen Übergriffe von Figuren wie „Duke Nukem“, | |
| „Leisure Suit Larry“ und „General Custer“ in ihren gleichnamigen | |
| Spielereihen. | |
| Inzwischen haben sich weibliche Charaktere im Medium etabliert und dienen | |
| nicht mehr nur der männlichen Fleischbeschau. Sie haben nun eigene | |
| Geschichten, Stärken, Schwächen und Ambitionen. Doch der Sexismus ist nicht | |
| besiegt, weder in der Gesellschaft noch in den Medien. | |
| Ein trauriger Beweis dafür ist der im März erschienene Titel „No Mercy“. | |
| Der Inhalt ist denkbar abartig: Das [2][Ziel sind] Vergewaltigungen an | |
| Frauen, die Erpressung der eigenen Stiefmutter, Inzest und das Übergehen | |
| eines jeden „Nein“. | |
| Das Überschreiten von Grenzen steigern im Spiel das „Dominanz-Meter“ des | |
| männlichen Protagonisten. Eine solche Mechanik soll die Gewalt gegen Frauen | |
| verherrlichen. Durch eine Kampagne von [3][Collective Shout], einem | |
| Kollektiv gegen die Ausbeutung sexueller Inhalte in den Medien, konnte das | |
| Spiel im April verboten und von der weltweit größten Vertriebsplattform | |
| Steam offline genommen werden. Dabei war das Spiel bis zu seiner | |
| Gegenkampagne vollkommen unbekannt. | |
| Ähnlich gelagerte Spiele gibt es zu Tausenden, nur eben nicht an der | |
| Oberfläche des Internets – wie Steam es ist –, sondern in seinen Tiefen, wo | |
| die Inhalte dunkler und abstoßender werden. „No Mercy“ ist kein Einzelfall. | |
| Es ist ein Symptom. | |
| Deswegen ist es notwendig, den Titel öffentlich zu diskutieren, um darauf | |
| aufmerksam zu machen. Während manche Streamer – deren Namen man an dieser | |
| Stelle gar nicht erst erwähnen muss – einen „feministischen Kult“ hinter | |
| dem Verbot sehen, zeigen sie damit vielmehr ihren wahren Antrieb: | |
| internalisierter Frauenhass. | |
| ## Extremismus und Radikalisierung | |
| Die Problematik hinter dem Spiel ist nicht nur der Inhalt, sondern der | |
| Vertrieb selbst. Es stellt sich die Frage, wie „No Mercy“ überhaupt auf | |
| Steam veröffentlicht und zum Kauf angeboten werden konnte? Mick Prinz von | |
| der Amadeu Antonio Stiftung ist Projektleiter von „Good Gaming – Well | |
| Played Democracy“ und beobachtet rechten Extremismus und Radikalisierung in | |
| der Gaming-Kultur. | |
| „Wir sehen schon seit Jahren, dass Steam-Richtlinien im Community- und | |
| Game-Bereich von der Plattform nicht umgesetzt werden“, so Prinz. | |
| Auf Steam werden täglich zwischen 40 und 50 Spiele hochgeladen und nur die | |
| wenigsten davon werden kontrolliert. Es überrascht Prinz nicht, „dass neben | |
| beispielweise rassistischen Propagandagames oder antisemitischen | |
| Modifikationen auch solch ein frauenverachtendes Spiel über die | |
| Steam-Shop-Seite kaufbar war“. | |
| Er kritisiert auch, dass die Plattform immer erst auf öffentlichen Druck | |
| hin reagiert und ihre eigenen Richtlinien nicht umsetzen will. Prinz | |
| vermutet dahinter wirtschaftliches Kalkül. | |
| Obwohl das Spiel inzwischen nicht mehr auf Steam verfügbar ist, bleibt es | |
| auf Umwegen erhältlich. Auf itch.io, einer Marktplattform für unabhängige | |
| Studios, antwortet Zerat Games auf Fragen, wie man das Spiel weiterhin | |
| herunterladen kann. Hinter dem Studio steht aller Wahrscheinlichkeit nach | |
| ein einziger Entwickler, Nationalität unbekannt. | |
| Er sieht in seinem Spiel keinen Frauenhass, sondern rechtfertigt alles mit | |
| verschiedenen Meinungen. Wieder einmal wird der Deckmantel der | |
| Meinungsfreiheit über die Misogynie gelegt. | |
| Dabei hat das Medium der Videospiele längst gezeigt, dass es auch | |
| vollwertige weibliche Figuren in den Mittelpunkt stellen kann. Ellie aus | |
| „The Last of Us“, die titelgebende Hexe in „Bayonetta“, 2B aus „Nier: | |
| Automata“, das Mädchen Clementine aus der „The Walking Dead“-Reihe oder | |
| Amicia de Rune, die in den „A Plague Tale“-Spielen ihren kleinen Bruder | |
| beschützt – sie alle stehen gegen die Marginalisierung und Fetischisierung | |
| ihres Geschlechts. Das Problem liegt nicht am Medium, sondern an den Köpfen | |
| dahinter. | |
| 24 Apr 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Neue-Tomb-Raider-Serie/!6051372 | |
| [2] /Plattform-entfernt-Vergewaltigungsspiel/!5574824 | |
| [3] https://www.collectiveshout.org/ | |
| ## AUTOREN | |
| Martin Seng | |
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