| # taz.de -- Polizeitgewalt als Videospiel: Mit dem Knüppel | |
| > Das Videospiel „Riot Control Simulator: Rookie Day“ stattet uns mit der | |
| > Montur und Macht von Polizisten aus. Es zeigt, wie sich beides | |
| > missbrauchen lässt. | |
| Bild: „Riot Control Simulator“ lädt die Spielenden nicht zur Zimperlichkei… | |
| Mit dem Knüppel können wir zuschlagen, mit dem Taser zwingen wir unser | |
| Gegenüber in die Knie, mit dem Schulterwurf können wir jeden zu Boden | |
| werfen. Und sollte das alles nicht reichen, können wir die Schrotflinte mit | |
| Gummigeschossen zücken und aus nächster Nähe in das Gesicht der | |
| vermeintlichen Gefahr schießen. | |
| Ohne ersichtlichen Grund können wir Passanten festnehmen und abführen oder | |
| ebenso grundlos zuschlagen. Diese und weitere Formen der Polizeigewalt sind | |
| nicht nur Realität, sondern auch Teil des Videospiels „Riot Control | |
| Simulator: Rookie Day“. Dabei handelt es sich um eine [1][plumpe | |
| Machtfantasie] zum Nachspielen: Bereits im Startbildschirm fliegt uns das | |
| Blut der Demonstrierenden nach einem Knüppelschlag in Zeitlupe entgegen. | |
| Ende Mai veröffentlichte das polnische Entwicklungsstudio Corpix Games | |
| seine Vorschauversion. In der zweiten Jahreshälfte soll das Spiel | |
| vollständig erscheinen. Als Polizist Snap werden wir gleich zu Beginn von | |
| unserer Frau als Held bezeichnet, damit die moralischen Weichen gestellt | |
| sind. Begrüßt werden wir von muskulösen Polizisten und solchen, die bereits | |
| in voller Montur herumstehen. | |
| Es ist auffällig, dass wir neben zig Männern nur drei Frauen auf dem Revier | |
| treffen, eine davon die Reinigungskraft. Dafür sind die | |
| Waffenzeitschriften, die überall herumliegen, detailliert wie kaum eine | |
| andere Textur im Spiel. Wir lernen die Grundtechniken des Polizeieinsatzes | |
| – zusammenschlagen, entwaffnen, festnehmen – und werden in unseren ersten | |
| und in der Vorschau einzigen Einsatz geschickt. | |
| ## Keine Kritik, nur Verherrlichung | |
| Hier gilt es, eine Gruppe an gewaltbereiten Hooligans unter Kontrolle zu | |
| bringen und zuvor eine Straße zu räumen. Das können wir mit [2][exzessiver | |
| Gewalt] machen oder mit langatmiger, einschläfernder Überredungskunst. | |
| Nachdem wir jemandem aus nächster Nähe das Gesicht zerschlagen und dessen | |
| Leben für immer verändert haben, ermahnt uns ein Kollege. Doch erst nach | |
| dem dritten Mal werden wir suspendiert. Das Spiel möchte, dass wir Gewalt | |
| offensiv einsetzen, andere Inhalte hat es kaum zu bieten. Und nach maximal | |
| einer Stunde ist die Machtfantasie vorerst zu Ende. | |
| „Riot Control Simulator: Rookie Day“ ist ein kleines, kaum beachtenswertes | |
| Spiel. Es ist technisch unsauber, repetitiv und gewaltverherrlichend. Und | |
| doch spielen es einige Youtuber und erreichen damit Hunderttausende von | |
| Klicks. Doch das Problem sind nie die Handlungen der Spielenden, sondern | |
| die Intentionen der jeweiligen Entwickler:innen. | |
| Die Ideen für das Spiel sind längst in der Entwicklung entstanden und | |
| etabliert, die Spielenden bekommen nur das Ergebnis. Corpix Games hat eine | |
| [3][Liebe zur Autorität in Uniform], zur willkürlichen Gewalt gegen wen | |
| auch immer. Das Spiel bedient selbst in seinem frühen Zustand einen | |
| deutlichen Fetisch: die uneingeschränkte, blinde Loyalität zur | |
| Staatsgewalt. | |
| Auch bei dem vollständigen Spiel wird man aller Voraussicht nach weder | |
| Kritik an Polizeigewalt noch an Machtmissbrauch finden. Das Potenzial für | |
| mehr wäre durchaus gegeben, zum Beispiel in Form einer Polizist:in, die die | |
| Gewalt ihrer Hundertschaft miterlebt und nun zwischen Berufsethos und ACAB | |
| steht. Selbst die „Max Payne“-Reihe hatte zumindest Ansätze, sich mit dem | |
| Alkoholismus des gleichnamigen Polizisten und einem korrupten System | |
| auseinanderzusetzen. Doch „Riot Control Simulator: Rookie Day“ kritisiert | |
| nicht, es verherrlicht nur. | |
| 10 Jun 2025 | |
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| Martin Seng | |
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