# taz.de -- Serie über britischen Krankenhausalltag: Dauerstress und Dauerkrise | |
> „This Is Going to Hurt“ zeigt den harten Alltag in einem staatlichen | |
> Krankenhaus in Großbritannien. Der Autor der Serie arbeitete selbst in | |
> einem. | |
Bild: Arbeiten am Limit: Die Ärzt:innen Adam (Ben Whishaw) und Shruti (Ambika … | |
Der harte Alltag der Ärzte im [1][Dienst des britischen National Health | |
Service (NHS)] lässt sich oft nur noch mit einem scharfen Humor ertragen, | |
der wehtut. Dieser Humor zieht sich durch die siebenteilige Serie „This Is | |
Going to Hurt“, die ungeschönt aus dem Leben eines britischen Arztes | |
erzählt. Authentisch ist sie dadurch, dass die Hauptfigur mindestens | |
teilweise mit dem Autor identisch ist. Beide tragen denselben Namen: Adam | |
Kay. Der echte Kay, ebenfalls von Haus aus Arzt, schrieb vor einigen Jahren | |
ein Sachbuch über seine Erfahrungen im Klinikalltag („Jetzt tut es gleich | |
ein bisschen weh“). Eine dramatisierte, fiktionalisierte Fassung ist nun | |
die Grundlage für die Serie. | |
Serienarzt Adam (Ben Whishaw) arbeitet in der gynäkologischen Abteilung | |
einer staatlichen Klinik in London. Wir sehen ihn zu Beginn schlafend in | |
seinem Auto – morgens vor dem Krankenhaus, denn er war nach der letzten | |
Schicht am Steuer eingeschlafen, bevor er nach Hause fahren konnte. Das ist | |
ebenso komisch wie tragisch und zeigt das Grundprinzip der ganzen Serie. | |
Zugleich entwickelt sich ein temporeiches Drama, denn auf dem Weg zur | |
nächsten Schicht sammelt der verschlafene Arzt draußen vor der Klinik eine | |
Frau mit heftigen Wehen auf, die es nicht mehr in den Kreißsaal schaffte. | |
Während es im Laufe der Serie immer wieder zu solchen Minidramen kommt, | |
spannt sich ein großer Handlungsbogen über das Ganze. Adam muss mehrere | |
zusammenhängende Großprobleme bewältigen: Eine Fehldiagnose seinerseits hat | |
dazu geführt, dass ein Baby viel zu früh auf die Welt geholt werden musste. | |
Nun gibt es eine Beschwerde, durch die er seine Zulassung verlieren kann. | |
Obwohl die Situation ihn belastet, schafft er es nicht, seinem Freund davon | |
zu erzählen, und macht ihm stattdessen spontan einen Heiratsantrag. | |
Allerdings hat er sich bisher nicht [2][als schwul geoutet]. | |
## Sie werden verheizt | |
Weder Eltern noch Kolleg*innen wissen davon. Dieser Serien-Adam ist, | |
obwohl schlagfertig, witzig und seinen Patient:innen gegenüber | |
mitfühlend, nicht bedingungslos sympathisch. Der Autor-Adam hat ihm eine | |
gute Portion irritierender Selbstherrlichkeit mitgegeben, gespeist aus | |
einem unhinterfragten Upperclass-Background, und einen Hang zu asozialem | |
Verhalten. Es gehört zu den großen Stärken der Serie – und ihres | |
Hauptdarstellers –, dass es trotzdem kein Problem ist, ihn als | |
Identifikationsfigur anzunehmen. | |
Adams Gegenstück ist die junge Assistenzärztin Shruti (Ambika Mod), die | |
genau wie er Doppelschichten schiebt und nebenbei für ihre Prüfungen lernen | |
muss. Zu Beginn noch hilflos in der praktischen Arbeit, wächst Shruti in | |
den Monaten, die die Serie umfasst, zu einer zupackenden, fachlich | |
versierten Ärztin heran. Doch sie verliert dabei den inneren Halt, wird | |
verheizt in einem [3][unterfinanzierten, strikt hierarchisch | |
organisierten System], das Berufsanfänger:innen ausbeutet, während | |
alle, die auf der Leiter höher stehen, vor allem auf die eigenen erreichten | |
Privilegien achten. | |
Die Serie zeigt diese Ordnung der Dinge nicht in Schwarz-Weiß, sondern in | |
der durchaus widersprüchlichen Figur einer Oberärztin, die selbst aus der | |
Arbeiterschicht stammt und Shruti zunächst zu fördern scheint. Aber in | |
ihrer robusten Toughness begreift sie nicht, dass Förderung durch | |
Überforderung der falsche Weg ist. | |
Die oft absurde Komik des Scripts verdeckt niemals das Tragische; dafür | |
sorgen eine zwischen beiden Polen straff gespannte Dramaturgie und | |
großartig pointierte Dialoge. So traurig die Zustände sind, so befreiend | |
ist der Humor. | |
2 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Katharina Granzin | |
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