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# taz.de -- Regierungsbildung in NRW: Grüne wählen Wüst
> Schwarz-Grün bestätigt Hendrik Wüst als Regierungschef. Aufregung gibt es
> um den katholischen Hardliner Liminski als möglichen Schulminister.
Bild: Kam mit seiner Ehefrau Katharina und Tochter Philippa in den Landtag: Hen…
Bochum taz | Um 14:46 Uhr am Dienstagnachmittag stand das neue
schwarz-grüne Regierungsbündnis in Nordrhein-Westfalen. 106 der 195
Abgeordneten des Landtags haben den Christdemokraten Hendrik Wüst, der
bisher mit Unterstützung der FDP regierte, im Amt bestätigt. Notwendig
wären 98 Stimmen gewesen.
Wüst hatte damit nicht die Unterstützung aller Parlamentarier:innen
seiner neuen schwarz-grünen Koalition: Im Düsseldorfer Landtag verfügt die
CDU über 76 Sitze, die Grünen kommen auf 39. Zwar fehlten bei der CDU vier
Abgeordnete coronabedingt und die Grünen meldeten einen Krankheitsfall.
Dennoch müssen damit mindestens vier Parlamentarier:innen des
Regierungsbündnisses gegen Wüst gestimmt haben.
Für NRW ist Schwarz-grün Neuland. Lange wurde das größte Bundesland mit
seinen 18 Millionen Menschen entweder von Rot-grünen oder von
Schwarz-gelben Koalitionen regiert. Nachdem aber die Landtagswahl am 15.
Mai von der CDU mit 35,7 und den [1][Grünen mit 18,2 Prozent gewonnen
wurde], hatten zwei Parteitage am Samstag einem in knapp vierwöchigen
Gesprächen ausgehandelten Koalitionsvertrag zugestimmt.
Sein vollständiges Kabinett will Wüst erst am Mittwochnachmittag
vorstellen. Unklar bleibt damit, welche acht Christdemokrat:innen
künftig Minister:innen werden. Offenbar fürchtete Wüst, dass
Enttäuschte bei der Wahl zum Regierungschef gegen ihn stimmen könnten. Als
gesetzt gilt aber der [2][bisherige CDU-Innenminister Herbert Reul,] der
die [3][repressiven nordrhein-westfälischen Polizei- und
Versammlungsgesetze] verantwortet. Auch der bisherige Gesundheits- und
Arbeitsminister Karl-Josef Laumann dürfte Kabinettsmitglied bleiben.
## Aufregung um Liminski
Für Aufregung sorgen dagegen Spekulationen, nach denen ausgerechnet der
bisherige Staatskanzleichef Nathanael Liminski neuer Minister für Schule
und Bildung werden könnte – denn der 36-Jährige gilt [4][vielen als
ultra-katholischer Hardliner]: Zur Unterstützung des mittlerweile
zurückgetretenen Papstes Joseph Ratzinger hat er als 22-Jähriger die
„Generation Benedikt“ ins Leben gerufen, die heute als „Initiative
Pontifex“ Deutschland „re-katholisieren“ will und gegen die
Selbstbestimmung von Frauen kämpft.
Ausdrücklich „begrüßt“ die Initiative, dass der Oberste Gerichtshof der …
in der vergangenen Woche das Recht auf Abreibung gekippt hat – und erhofft
sich von dem Urteil „Rückenwind auch für den Schutz ungeborenen Lebens in
Deutschland“.
Liminski selbst propagierte als junger Erwachsener Keuschheit vor der Ehe
ebenso wie „eheliche Treue“ als Mittel der Wahl gegen HIV. Homosexualität
dagegen halte er nicht „für eine vollendete Form von Sexualität“ –
schließlich fehle die „Dimension der Fortpflanzung“, erklärte er 2007 in
der TV-Talkshow Sandra Maischbergers.
Vor einem „Tabubruch“ warnt deshalb der Bundesvorstand des Lesben- und
Schwulenverbands Deutschland, Alfonso Pantisano. „Nichts wert“ sei der
Regenbogen der NRW-Grünen, wenn sie zuließen, dass der „homophobe Nathanael
Liminski Schulminister wird“, [5][schrieb er bei Twitter.] „Jemand wie
Nathanael Lininski mit seinen radikal christlichen Vorstellungen sollte
nicht die Bildungspolitik eines Landes bestimmen“, sagte auch der
Vorsitzende des Zentralrats der Konfessionsfreien, Philipp Möller, der
Neuen Osnabrücker Zeitung.
„Ihr macht nicht wirklich einen religiösen Fundamentalisten zum
Bildungsminister in NRW“, fragte auch Martina Renner, Bundestagsabgeordnete
der Linken, die Grünen. Deren Bundes-Parlamentarier Konstantin von Notz
allerdings stellte sich bereits hinter Liminski: „Wenn jemandem vorgeworfen
wird, politische Verantwortung übernehmen zu wollen, obwohl er katholisch
ist, dann ist das das Allerletzte und geht gar nicht!“, schrieb er auf
Twitter – und erntete seinerseits massive Kritik.
## Neubaur wohl für Wirtschaft und Klima zuständig
Ob Liminiski tatsächlich NRW-Schulminister wird, steht am
Mittwochnachmittag um 14:45 Uhr fest. Vereidigt werden sollen dann auch die
vier Minister:innen der Grünen, deren Namen bereits bekannt sind. Die
grüne Landtagswahl-Spitzenkandidatin Mona Neubaur gilt als designierte
Super-Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klima und Energie.
Für Umwelt, Naturschutz und Verkehr kommt der aus Düren bei Aachen
stammende Oliver Krischer zurück nach Düsseldorf: Noch ist Krischer
Staatssekretär in Robert Habecks Berliner Bundeswirtschaftsministerium.
Josefine Paul, bisher Co-Landtagsfraktionschefin, wird Familien- und
Integrationsministerin. Und das Justizministerium soll Benjamin Limbach
übernehmen, Sohn der einstigen Bundesverfassungsgerichts-Präsidentin Jutta
Limbach.
28 Jun 2022
## LINKS
[1] /Schwarz-Gruen-in-Nordrhein-Westfalen/!5863465
[2] /NRW-verschaerft-Polizeigesetz/!5555983
[3] /Umstrittenes-Versammlungsgesetz-in-NRW/!5822488
[4] /Nathanael-Liminski-in-NRW/!5752330
[5] https://twitter.com/Pantisano/status/1540581996493213696
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Homophobie
Koalition
GNS
Hendrik Wüst
Nordrhein-Westfalen-Wahl 2022
Bündnis 90/Die Grünen
Nordrhein-Westfalen-Wahl 2022
Nordrhein-Westfalen
Grüne
Daniel Günther
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