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# taz.de -- Rechter Block bei der Wahl in Italien: Die Propaganda verfängt
> Die Lega Nord hat das beste Ergebnis in der Geschichte der Partei geholt.
> Das liegt auch am Vorsitzenden Salvini: Er setzte auf eine Komplettwende.
Bild: Wer ist hier der Boss? Im Norden holte Matteo Salvinis (v.) Lega dreimal …
ROM taz | Nur ein Wort, komplett in Großbuchstaben, [1][twitterte Matteo
Salvini, der Chef der Lega, in der Wahlnacht]: GRAZIE. Salvini hat allen
Grund, voller Freude Danke zu sagen. [2][Er fuhr am Sonntag mit fast 18
Prozent das beste Ergebnis in der Geschichte der Partei ein].
Denn auch in den besten Zeiten der Lega hatte es höchstens für 10 Prozent
gereicht, aus dem schlichten Grund, dass sie eine reine Regionalpartei des
Nordens war. Umberto Bossi hatte die Lega Nord 1989 gegründet, mit einem
dezidiert populistischen Kurs.
Die Lega wollte die Stimme der Steuerzahler, der brav arbeitenden Leute der
Lombardei, des Piemont oder des Veneto sein und gegen das „diebische Rom“
und den „parasitären Süden“ des Landes antreten. Bis hin zu offen
sezessionistischen Positionen trieb die Lega diese Linie und verfocht als
Fernziel die Schaffung eines unabhängigen „Padanien“ – eines Staates der
Poebene.
Matteo Salvini war damals schon dabei, und er war sich mit Umberto Bossi
einig. Noch vor wenigen Jahren bekannte Salvini, er könne „mit der
italienischen Fahne nichts anfangen“. Die Wende kam vor vier Jahren, als er
die Parteiführung übernahm. Die Lega steckte damals in der schwersten Krise
ihrer Geschichte, erschüttert von dem Skandal um ihren Gründer Bossi, der
Gelder aus der öffentlichen Parteienfinanzierung für Privatvergnügen
veruntreut hatte. Bei den Wahlen im Jahr 2013 war die Lega auf 4 Prozent
abgestürzt.
Vom Regionalismus zum National-Rechtspopulismus
Salvini setzte auf eine Komplettwende, er baute die regionalistische Partei
zu einer national-rechtspopulistischen Kraft um. „Italiener zuerst!“, wurde
zum offiziellen Slogan der Lega, die die Immigranten zu ihrem
Hauptfeindbild machte. Deren „Invasion“ will sie heute in ganz Italien
bekämpfen. Die Partei fordert rüde Rückschaffungsmaßnahmen, sie propagiert
die Bevorzugung von Italienern, zum Beispiel bei der Zuteilung von
Sozialwohnungen.
Selbst zur extremen Rechten zeigte sich Salvini völlig offen. Wenn die
Faschisten von Casa Pound ins Parlament einzögen, werde er
selbstverständlich auch mit ihnen reden, erklärte er, nachdem Casa Pound
die Unterstützung einer Regierung unter Salvini in Aussicht gestellt hatte.
Zum zweiten Feind erkor Salvini die Europäische Union und den Euro. Durch
die Krise der letzten zehn Jahre ist die Gemeinschaftswährung in Italien
unpopulär geworden, sie wird von einer Mehrheit der Bürger für die Misere
des Landes verantwortlich gemacht. Unter Bossi hatte die Lega noch für den
Euro Partei ergriffen. Sie hatten erklärt, Norditalien sei für die
Währungsunion bereit – erst recht, wenn es sich vom Ballast des Südens
befreien könne.
Raus aus Italien, rein in den Euro: Dies war die Parteilinie, die Salvini
dann in den letzten Jahren auf den Kopf stellte. „Nur deutschen Interessen“
diene der Euro, erklärt er immer wieder und propagiert einen „gemeinsam mit
den anderen Staaten vereinbarten Austritt“. Um die Neupositionierung zu
unterstreichen, strich Salvini einfach „Nord“ aus dem Wahlkampflogo der
Partei und ließ dort bloß „Lega“ stehen, ergänzt um den Zusatz „Salvini
Premier“.
Selbst vom verhassten Süden gab es 6 Prozent
Wie das Wahlresultat von 17,6 Prozent zeigt, war diese Propaganda
erfolgreich. Und der populistische Stimmenfang funktioniert mittlerweile
auch weit weg von den Ursprungsregionen im Norden. In der
mittelitalienischen Toskana erreichte die Lega mehr als 17 Prozent – und
sie überflügelte Berlusconis Forza Italia klar.
In Rom lag sie bei 11 Prozent, knapp vor der Forza Italia. Aber auch in
Regionen des tiefen Südens wie Apulien durfte sie sich immer noch über 6
Prozent freuen. In ihren Stammgebieten dagegen deklassierte sie Berlusconi
förmlich, gewann in der Lombardei mit knapp 30 Prozent doppelt so viel wie
die Forza Italia, im Veneto mit 32 Prozent das Dreifache der
Berlusconi-Partei.
Da die Fünf-Sterne-Bewegung mit 32 Prozent zwar die stärkste Einzelpartei
wurde, der Rechtsblock aber mit 37 Prozent die größte Wahlallianz,
beansprucht Salvini jetzt das Amt des Ministerpräsidenten für die Rechten,
genauer gesagt: für sich selbst.
Wohin die Reise gehen soll, hat er schon im Wahlkampf klargemacht. Damals
hat er gesagt, Italien sei eine freie Republik, deren Souveränität von
Brüssel und Berlin mit Füßen getreten werde.
5 Mar 2018
## LINKS
[1] https://twitter.com/matteosalvinimi/status/970433034448187392
[2] /Wahl-in-Italien/!5488892
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
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Italien
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