| # taz.de -- Nach der Wahl in Italien: Der Frust mit der EU | |
| > Die Skepsis gegenüber Europa ist in Italien ein eher junges Phänomen. Sie | |
| > ist aber auch die Folge der Politik der Europäischen Union. | |
| Bild: Die antieuropäischen Parteien – wie die Bewegung „Fünf Sterne“ �… | |
| Wie hat die EU das nur geschafft? Wie konnte es passieren, dass in Italien, | |
| einem Gründerland der Europäischen Union, bei der [1][Parlamentswahl] am | |
| Sonntag weite Teile der Wählerschaft für europakritische oder sogar | |
| -feindliche Parteien abstimmten? Auf 32 Prozent ist die Wahlsiegerin | |
| Fünf-Sterne-Bewegung am Sonntag gekommen, auf 18 Prozent die rechtsradikale | |
| Lega Nord. | |
| Eine tiefe Unzufriedenheit mit der nationalen Politik und ihren Renzis, | |
| Gentilonis und Grassos mag der eine Grund für das Ergebnis sein. Aber | |
| Brüssel, die EuropapolitikerInnen und die EU-Mitgliedsländer dürfen ihren | |
| Anteil nicht ignorieren: Gerade die jüngeren ItalienerInnen haben beim | |
| Gedanken an die EU wohl kaum mehr die enthusiastische Erzählung von Frieden | |
| und Wohlstand im Sinn. Stattdessen dürften sie an das eiskalte Spardiktat | |
| denken und den Mangel an Solidarität der Mitgliedsländer in der | |
| Migrationsfrage. | |
| Euroskeptizismus ist in Italien ein eher junges Phänomen. Den Umfragen ist | |
| der Trend deutlich anzusehen: 2007 etwa vertrauten dem Eurobarometer der | |
| Kommission zufolge noch 58 Prozent der Italiener der EU. Im Mai 2017 waren | |
| es 36 Prozent – noch weniger Vertrauen hatten nur Zypern, Tschechien und, | |
| wenig verwunderlich, die Brexit-Nation Großbritannien und das von | |
| Sparvorgaben gebeutelte Griechenland. | |
| Dieser Frust ist ein riesiges Problem. So chaotisch die Regierungsbildung | |
| noch werden könnte – mit den EU-Zweiflern der Fünf Sterne an der Spitze ist | |
| zu rechnen. Es ist noch als bestmöglicher Fall zu sehen, wenn der künftige | |
| Regierungschef es Vorgänger Silvio Berlusconi nachmacht und die EU zwar | |
| öffentlich kritisiert, aber zumindest nicht auf Blockade setzt. | |
| ## Es fehlt eine solidarische Lösung | |
| Wie schafft es die EU, künftigen Generationen ein positives Bild zu | |
| vermitteln? Kostenlose Interrail-Tickets für junge Leute reichen nach den | |
| vergangenen Jahren nicht: Wenn Deutschland und Frankreich es wirklich ernst | |
| damit meinen, die EU reformieren zu wollen, dann müssen Kanzlerin Angela | |
| Merkel und Frankreichs Präsident Macron im März nicht wie geplant nur ihre | |
| Pläne für die Institutionen der Eurozone vorlegen. Sie müssen vielmehr | |
| schnell einen Lösungsweg finden, damit sich Staaten wie Italien mit der | |
| Versorgung ankommender Flüchtlinge nicht mehr alleingelassen fühlen. | |
| Migration war ein wahlkampfbeherrschendes Thema in Italien; die EU muss | |
| zeigen, dass sie eine solidarische Lösung finden kann, für Ankunftsländer | |
| in der EU und Flüchtlinge zugleich. | |
| Ansonsten gibt es genug Themen, mit denen die Institutionen zeigen können, | |
| dass wir dringend weniger nationalen Egoismus brauchen: Man denke nur an | |
| den schädliche Steuerwettbewerb, auf den vor allem Irland, die Niederlande, | |
| Luxemburg, Malta und Zypern setzen. Darüber empört sich | |
| Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici zwar gern, aber wie er es zu ändern | |
| gedenkt, ist nicht bekannt. | |
| Es besteht eine Schieflage darin, mit welcher Härte die EU jeweils Probleme | |
| angeht: Wie will man den EuropäerInnen gegenüber argumentieren, dass | |
| Sparmaßnahmen wie in Griechenland knallhart durchgesetzt werden können – | |
| die EU aber immer noch keinen Weg gefunden hat, die | |
| Steueroptimierungshelfer-Staaten unter den Mitgliedern zur Ordnung zu | |
| rufen? | |
| Letztlich geht es aber auch darum, Italiens neue europakritische Regierung | |
| ernst zu nehmen. So schwer, vielleicht sogar unerträglich das auch werden | |
| könnte, je nachdem, wie die Regierungsbildung ausgeht: Letztlich muss die | |
| EU Italien stärker in ihre Reformpläne einbinden und dem Staat mehr | |
| Solidarität zusichern. Warum sollten nur Merkel und Macron den großen | |
| Aufschlag mit ihren Ideen machen – zumal gerade Deutschland in vielen | |
| Ländern als rigider Zuchtmeister gilt? Italiens Rolle als handelnder Akteur | |
| in der EU muss gestärkt werden. Nur so kann die EU verhindern, dass die | |
| Regierung in Rom die Schuld an allem nationalen Ungemach Brüssel zuschiebt. | |
| 9 Mar 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eva Oer | |
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