# taz.de -- Nach der Wahl in Italien: Die Linken sind enttäuscht | |
> Die Krise der Linken ist in ganz Europa zu spüren – so auch in Italien. | |
> Die Wahlergebnisse der Sozialdemokraten sind katastrophal. | |
Bild: Hat bei der Wahl viele Stimmen verloren: Matteo Renzi, Chef der italienis… | |
Unser armes Europa, das haben diese Italienwahlen einmal mehr vor Augen | |
geführt, hat eben doch noch zumindest ein verbindendes Element: die Krise | |
der Linken. | |
Und zwar sowohl die Krise der traditionellen, (ex-)sozialdemokratischen | |
Linken als auch die des neuen, zarten Versuchs, eine Opposition aufzubauen: | |
eine, die an zwei Fronten kämpfen muss, die sowohl dem technokratischen | |
Weiter-so als auch der Welle von Rechtspopulismus und Neofaschismus etwas | |
entgegenzusetzen hätte. | |
Die Ergebnisse der Formationen links von der bisherigen | |
sozialdemokratischen Regierungspartei PD (Partito democratico, | |
Demokratische Partei) sind überaus ernüchternd. LEU (Liberi e uguali, Frei | |
und gleich), eine PD-Abspaltung von Parteigranden, die sich durch den | |
ehemaligen Premier Matteo Renzi gedemütigt fühlten, hat sich als veritabler | |
Flop erwiesen. | |
Mit derzeit 3,4 Prozent zieht LEU zwar mit ein paar Abgeordneten ins | |
Parlament in Rom ein; doch wenn einer der Gründer von LEU, Pippo Civati, | |
der den Einzug ins Abgeordnetenhaus selbst wohl verpassen wird, nun sagt, | |
eine solch krachende Niederlage hätte niemand erwartet, dann muss man | |
gerade aus einer deutschen Perspektive sagen: Oh doch! | |
## Zurück in den Schoß der Mutterpartei? | |
Denn aus ein paar sehr altgedienten Funktionären und jungen Karrieristen | |
eine Partei zu schmieden, die keinen Bezug zu den realen Problemen vor Ort, | |
vor allem aber keinen zu denjenigen Menschen hat, die sich in lokalen oder | |
regionalen Initiativen konkret für eine Alternative zum herrschenden, | |
neoliberalen Lauf der Dinge engagieren – das, wissen wir von der SPD, kann | |
nicht funktionieren. | |
Ob sich LEU nun wieder in den Schoß der Mutterpartei begeben wird nach dem | |
zu erwartenden Abgang des gescheiterten Matteo Renzi sowie einer sich | |
möglicherweise resozialdemokratisierenden PD? Das ist derzeit eine Rechnung | |
mit zu vielen Unbekannten. Dass man in der italienischen Politik niemanden | |
vorschnell abschreiben sollte, ist auch klar. Aber als gesellschaftliche | |
Kraft wird man dem Projekt LEU keine Zukunftschancen bescheinigen wollen. | |
Auf den ersten Blick sogar noch ernüchternder fällt das Resultat für die | |
erst vor wenigen Monaten gestartete Formation Potere al Popolo (Die Macht | |
dem Volke, PaP) aus. Einer ihrer Sprecher, Maurizio Coppola, nannte das | |
Ergebnis von 1,12 Prozent gegenüber der taz eine „Enttäuschung“. Der | |
soziale Protest habe sich gerade im Süden klar für die Fünf-Sterne-Bewegung | |
als Sprachrohr entschieden. | |
Diese Enttäuschung sei auch einem Wahlkampf geschuldet, für den man nur | |
40.000 Euro habe ausgeben können. Das politische Projekt allerdings, das | |
man gerade erst auf die Beine gestellt habe, werde dadurch aber nicht vom | |
Laufen abgehalten. | |
## Eher am Anfang als am Ende | |
Die Alten – von LEU über Berlusconi bis Renzi – seien jetzt weg, das sei | |
erst mal positiv, sagt Coppola. Zudem seien Neuwahlen spätestens im | |
nächsten Jahre wahrscheinlich, da es keine Mehrheit für eine Regierung | |
gebe. | |
Nicht zuletzt muss die Fünf-Sterne-Bewegung zeigen, wohin sie sich mit dem | |
Protestvotum tatsächlich bewegen will – nach links oder doch eher, | |
insbesondere in der Migrationspolitik, nach rechts. | |
Auch der Politikwissenschaftler Marco Damiani von der Universität Perugia, | |
der zu linken Parteien und Bewegungen in Europa arbeitet, sieht PaP | |
geschlagen, aber dennoch eher am Anfang als am Ende. | |
Bei einer für den 18. März in Rom einberufenen „Nationalen Versammlung“ | |
werde es darauf ankommen, ob man das Prinzip der lokal engagierten und | |
erfolgreichen Bewegung von unten in einem strukturell konservativen Land | |
wie Italien auf eine breitere Basis stellen könne. Das gelte insbesondere | |
im Hinblick auf die Europawahl 2019 – dann auch im Bündnis mit anderen | |
europäischen Linksparteien wie La France insoumise von Jean-Luc Mélenchon. | |
„Die Linke muss bei null anfangen“, sagte die Spitzenkandidatin von PaP, | |
Viola Carofalo. Da hat sie recht. Aber besser tatsächlich von vorne und von | |
unten und mit jungen Leuten beginnen, als das Publikum mit einem „leeren | |
Spektakel“ zum Besten zu halten, wie es mit den Worten des | |
Spiegel-Kolumnisten Georg Diez gerade die SPD bei ihrem | |
Mitgliederentscheid getan hat. | |
6 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Ambros Waibel | |
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