# taz.de -- Parlamentswahl in Italien: Rechte und EU-Kritiker vorne | |
> Die Parlamentswahl hat viele Gewinner, aber keinen klaren Sieger | |
> hervorgebracht. Nicht nur deshalb birgt das Wahlergebnis Unsicherheiten | |
> für Europa. | |
Bild: Viel los in den Kabinen: Die Wahlbeteiligung lag laut Innenministerium be… | |
ROM dpa | Europakritische und rechte Parteien haben bei der Parlamentswahl | |
in Italien mehr als die Hälfte der Stimmen auf sich vereint. Doch weder das | |
vorne liegende Mitte-Rechts-Bündnis von Ex-Ministerpräsident Silvio | |
Berlusconi noch die starke Fünf-Sterne-Protestpartei können laut | |
Hochrechnungen alleine das wirtschaftlich angeschlagene Land regieren. Die | |
historische Schlappe der regierenden Sozialdemokraten dürfte am Montag eine | |
Debatte darüber entfachen, ob Matteo Renzi Chef der Partei PD bleibt. | |
Die Fünf-Sterne-Bewegung als stärkste Einzelkraft triumphierte in der | |
Wahlnacht. „Jetzt müssen alle mit uns reden“, sagte Alessandro Di Battista, | |
der in Italien zu den bekanntesten Köpfen der Bewegung zählt. Er sprach von | |
einem „Triumph“ und einer „wahren Vergöttlichung“, sollten sich die | |
Berechnungen der Meinungsforscher bestätigen. Die Fünf Sterne, die ohne | |
Bündnispartner ins Rennen gegangen waren, liegen nach Hochrechnungen für | |
den Sender La7 bei 33,6 Prozent im Senat und bei 32,5 Prozent im | |
Abgeordnetenhaus. | |
Vor allem im Süden entschied die Fünf-Sterne-Bewegung die Wahl für sich. Im | |
Norden dominierte das Mitte-Rechts-Bündnis. Innerhalb der Allianz wurde | |
Berlusconis konservative Forza Italia von der rechten Lega-Partei überholt | |
– ein Erfolg für Matteo Salvini, der der Partei als Chef mit | |
fremdenfeindlichen Parolen in der Migrationskrise Gehör verschafft hatte. | |
„Von den Italienern zum Mitte-Rechts-Anführer gekrönt“, twitterte die Lega | |
in der Wahlnacht. Parteivize Giancarlo Giorgetti sprach von einem | |
„historischen Moment“. Doch auch für die Lega ist es alles andere als | |
ausgemacht, dass sie in den Regierungspalast einzieht. | |
Denn mit 36,5 Prozent im Senat und 37,3 Prozent in der Kammer dürfte das | |
Bündnis die notwendigen Mehrheiten verpassen, wie aus den Hochrechnungen | |
hervorgeht. Davon entfallen in der Abgeordnetenkammer 17,5 Punkte auf die | |
Lega und nur 14,2 Punkte auf Forza Italia, der Rest auf zwei kleine | |
Rechtsparteien. | |
## „Krasse Niederlage“ für Renzis PD | |
Salvini wollte sich wie der Chef der Sozialdemokraten Renzi am Montag zum | |
Wahlausgang äußern. Die Regierungspartei PD um Ministerpräsident Paolo | |
Gentiloni fuhr den Hochrechnungen zufolge einen historisch schlechten Wert | |
ein und verlor wichtige Direktmandate in Hochburgen wie der Toskana oder | |
Umbrien. | |
Das Magazin L'Espresso schrieb von der „dunkelsten Stunde für die | |
italienische Linke“. Renzis Vize Maurizio Martina sagte in der Wahlnacht, | |
die PD habe eine „sehr eindeutige und sehr klare, eine krasse Niederlage“ | |
erlitten. Den Hochrechnungen zufolge kam die PD nur 18,3 Prozent im Senat | |
und auf 18,7 Prozent in der Kammer. Der PD-Fraktionschef Ettore Rosato sah | |
seine Partei schon auf dem Weg in die Opposition. | |
Eine Mehrheit im Parlament zu bekommen, werde für alle Parteien schwer, | |
„wenn nicht unmöglich sein“, erklärte Wolfgango Piccoli von der Denkfabrik | |
Teneo. „Eine lange Zeit des Kuhhandels zwischen den Parteien steht bevor.“ | |
Populistische und euroskeptische Parteien kämen zusammengenommen auf rund | |
50 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag laut Innenministerium bei | |
rund 73 Prozent, etwas unter dem Wert von 2013. | |
Die Fünf Sterne sind für ihre Fundamentalopposition bekannt und bezeichnen | |
sich als weder rechts noch links sowie als unabhängig und anti-elitär. | |
Lange Zeit trat die 2009 vom italienischen Kabarettisten Beppe Grillo | |
gegründete Bewegung für ein Referendum zum Verbleib in der Euro-Zone ein, | |
dieses Vorhaben legte sie aber mittlerweile zu den Akten. Obwohl die Partei | |
Koalitionen traditionell ausschließt, scheint sie nun Lust aufs Regieren | |
bekommen zu haben. „Eines geht sicher aus diesen Daten hervor: Nämlich dass | |
die Fünf Sterne der Eckpfeiler der nächsten Legislaturperiode werden“, | |
sagte der Sterne-Abgeordnete Alfonso Bonafede. Bei der Parlamentswahl 2013 | |
hatte die Bewegung auf Anhieb 25,6 Prozent der Stimmen geholt. | |
Am 23. März kommen die beiden Kammern des Parlaments zu ihrer ersten | |
Sitzung zusammen. Erst danach beginnen eventuelle Koalitionsverhandlungen. | |
Mit dem unklaren Wahlausgang zeichnet sich dabei eine Hängepartie ab – und | |
es wird wahrscheinlicher, dass Gentiloni bis auf Weiteres regieren wird. | |
Falls sich die Parteien nicht auf ein Regierungsbündnis einigen können, | |
muss Staatspräsident Sergio Mattarella Neuwahlen ausrufen. | |
5 Mar 2018 | |
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