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# taz.de -- Politikerin Kyenge zur Rechten in Italien: „Es ist ziemlich schli…
> Holt die Rechte bei der Wahl eine Mehrheit, werden Migranten abgestraft,
> fürchtet EU-Abgeordnete Cécile Kyenge. Sie steht unter Polizeischutz.
Bild: Gegen den Hass: Demonstration gegen Neofaschisten in Palermo
taz: Am Sonntag wählen die Italiener. Die politische Stimmung ist sehr
angespannt nach [1][dem Vorfall von Macerata], wo ein Rechtsextremer im
Februar auf Afrikaner geschossen hat. Der Täter hat darauf verwiesen, dass
ein Nigerianer zuvor eine 18-jährige Italienerin getötet haben soll.
Cécile Kyenge: Ja. Was sich in Macerata abgespielt hat, ist sehr schlimm.
Der Schütze, Luca Traini, ist aus seinem Haus gegangen, um schwarze
Personen niederzuschießen. Ich definiere das als terroristische und
faschistische Tat. Einwanderung wird in Italien momentan sehr
instrumentalisiert. Luca Traini gehörte der Lega Nord an, einer
rechtsextremen, rassistischen politischen Partei. Jeder erinnert sich, was
passiert ist, als ich zur Ministerin ernannt worden bin.
Was denn?
Mitglieder der Lega Nord haben mich mit rassistischen Äußerungen
attackiert, haben Todesdrohungen ausgestoßen. Bis heute lebe ich in einem
Schutzprogramm der italienischen Polizei. Luca Traini war sogar
Lega-Nord-Kandidat bei den Kommunalwahlen in Macerata. Seine Ideologie
basiert auf der Vorherrschaft der Rasse.
Ist dieser Diskurs im Programm [2][der Lega] zu finden?
Ich kann nicht sagen, dass es im Parteiprogramm ist, aber ich kann sagen,
dass bei vielen Mitgliedern oft Anspielungen auf dieses Thema der weißen
Rasse gemacht werden. Luca Traini ist kein Verrückter. Er ist jemand, der
einer äußerst präzisen Ideologie gefolgt ist.
War das ein Einzelfall oder ist er bezeichnend für ein generelleres Klima?
In den vergangenen Jahren ist die Immigration in einem allgemeinen Klima
des Unbehagens aufgrund mangelnder Lösungen für die wirtschaftliche Krise
und für viele andere Probleme sehr instrumentalisiert worden. Man sagt, die
Einwanderung sei schuld. Tatsächlich ist das nicht wahr. Es handelt sich um
eine Unfähigkeit, Lösungen für bereits existierende Probleme zu schaffen.
Manche politische Führungspersonen profitieren davon, um den Hass zu
schüren und die europäischen Bürger glauben zu machen, die Immigration sei
die Ursache ihrer Schwierigkeiten. Aber die Immigration kann als Ressource
angesehen werden.
Was werden die Konsequenzen für Migranten sein, wenn es eine Mehrheit für
das rechte Parteienbündnis aus Lega Nord, Silvio Berlusconis Forza Italia
und der rechtsextremen Fratelli d ’Italia gibt?
Wir haben heute ein rechtes Bündnis, das sich in Richtung extremer Rechten
lehnt, und das ist sehr gefährlich. Wenn also die Rechte an die Macht
kommt, werden wir der Abstimmung von Gesetzen beiwohnen, die stärker und
stärker die Migranten bestrafen.
In welcher Art und Weise?
Migranten haben zu vielen Leistungen nicht so einfach Zugang, angefangen
bei der Gesundheit. Zu einem Zeitpunkt, unter der Regierung der Forza
Italia, hat man den Zugang zu Gesundheit für Ausländer in Abrede gestellt.
Der zweite Sektor ist der Zugang zu Unterkunft. Der dritte Punkt ist die
Frage der Staatsbürgerschaft. Nachdem ich Ministerin wurde, habe ich die
Reform des Staatsbürgerschaftsgesetzes auf die Agenda der Regierung des
damaligen Ministerpräsidenten Letta gesetzt, um die Integration aller
Personen zu fördern.
Muss man befürchten, dass eine künftige Rechts-Regierung die Repatriierung
der Migranten organisiert?
Silvio Berlusconi hat schon die Idee von Abschiebungen heraufbeschworen.
Ich glaube, das ist auch Teil ihres Programms. Aber man muss sagen, dass
das nicht funktioniert hat, als sie an der Macht waren. Man benötigt dafür
eine Finanzierung. Das heißt nicht, dass ich mit Abschiebungen
einverstanden bin. Aber ich möchte sagen, dass unsere Kontrahenten im
Wahlkampf sind und sie Sachen sagen, die womöglich keine Folgen haben. Man
muss realistisch sein, es braucht Rückübernahmeabkommen mit den
Herkunftsländern der Migranten. Warum wurde das nicht gemacht? Es braucht
einen Dialog mit den Herkunftsländern. Das ist ein Thema, zu dem gearbeitet
werden muss, wenn wir über eine Partnerschaft mit Respekt für die
Menschenrechte reden wollen. Und man muss an einer Entwicklungspolitik der
Herkunftsländer arbeiten. Die Migranten können nicht in ein Land
zurückkehren, in dem die Rechte nicht respektiert werden, wo es keine
Möglichkeiten der Wiedereingliederung gibt.
Haben die anderen EU-Staaten nicht ein Stück Verantwortung für die Schwere
der Migrationskrise in Italien? Viele wollen keine Migranten mehr
aufnehmen.
Ja, es ist ziemlich schlimm. Artikel 80 des Vertrags über die Arbeitsweise
der EU spricht von „Solidarität“ und von der „gerechten Aufteilung der
Verantwortlichkeiten“. Was passiert nun aber? Ein großer Teil der Länder
des Ostens der EU beteiligen sich nicht am Management des
Migrationsphänomens. 7 Länder von 28 verwalten 80 Prozent des
Migrationsstroms. Das ist nicht normal!
27 Feb 2018
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## AUTOREN
François Misser
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