# taz.de -- Reaktionen auf Compact-Verbot: AfD fühlt sich direkt betroffen | |
> Während die Linke weitere Aufklärung über die Finanzierung von Compact | |
> fordert, entdeckt die extrem rechte AfD auf einmal die Pressefreiheit für | |
> sich. | |
Bild: Auf dem AfD-Parteitag 2023 zeigte das extrem rechte Compact am eigenen St… | |
Berlin taz | Dass die AfD, die gerne Journalist*innen von Parteitagen | |
oder Pressegesprächen ausschließt, sich einmal vorgeblich für die | |
Pressefreiheit stark macht, kommt erst mal überraschend. Auf ihren Demos | |
wird „Lügenpresse“ geschrien, Medienvertreter*innen werden dort | |
regelmäßig angegriffen und bedroht. In der Regel feindet die extrem rechten | |
Partei die Medienlandschaft an, vorzugsweise den öffentlich-rechtlichen | |
Rundfunk oder fordert den Bundestag auf, [1][einzelne Beiträge von | |
Journalisten zu verurteilen]. | |
Mehrfach hat sie auch schon den Umbau der Medienlandschaft im Falle einer | |
Machtübernahme angekündigt, Höcke will als Ministerpräsident direkt den | |
Medienstaatsvertrag kündigen. Zuletzt kündigte der Bundestagsabgeordnete | |
Martin Hess (AfD) auch im Bundestag an, in Regierungsverantwortung direkt | |
die „linksextremistische Plattform indymedia.org“ abschalten zu wollen. | |
„Wir werden eine klare Null-Toleranz-Strategie mit maximaler Robustheit | |
umsetzen“, so Hess. | |
Doch nachdem das [2][rechtsextreme Medienunternehmen Compact am Dienstag | |
verboten wurde], spielt sich die Partei plötzlich zum Retter der | |
Pressefreiheit auf. Alice Weidel und Tino Chrupalla sprachen am Dienstag | |
von einem „schweren Schlag gegen die Pressefreiheit“. Man beobachte das | |
Verbot mit großer Sorge. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) missbrauche | |
ihre Kompetenzen, um kritische Berichterstattung zu unterdrücken. Das | |
Verbot bedeute eine Verweigerung von Diskurs und Meinungsvielfalt, so | |
Weidel und Chrupalla. | |
Tatsächlich ist von „kritischer Berichterstattung“ bei Compact nur wenig zu | |
finden: So hat das Magazin des Publizisten Jürgen Elsässer 14 Jahre lang | |
extrem rechte, antisemitische und verschwörungsideologische Hetze in | |
Kioske, Supermärkte und Bahnhofsbuchhandlungen, auf Youtube und Marktplätze | |
gebracht. Es war ein putinhöriges Propaganda-Organ mit engen Verflechtungen | |
zur AfD und hat vielfach offen zum Umsturz aufgerufen. Der | |
Verfassungsschutz stufte das Magazin seit 2021 als „gesichert rechtsextrem“ | |
ein. Faeser hat das Magazin nach dem Vereinsrecht verboten. Sie wolle auch | |
gegen geistige Brandstifter vorgehen und sagt zum Verbot: „Wir lassen nicht | |
zu, dass ethnisch definiert wird, wer zu Deutschland gehört und wer nicht.“ | |
## „Netzwerk muss ans Licht“ | |
Entsprechend halten viele Expert*innen das Verbot für überfällig. Die | |
Linken-Politikerin und Rechtsextremismus-Expertin Martina Renner forderte | |
überdies weitere Aufklärung, „über die Finanzierung aus dem Ausland und | |
verdeckte Geldflüsse an die AfD.“ Dabei gehe es nicht nur um die Rolle von | |
Elsässer, sondern auch um Kontakte zur extrem rechten Partei und anderen | |
rechtsextremen Medien im Ausland – „das Netzwerk der verfassungsfeindlichen | |
Publizisten, rechter Millionäre, autoritärer Staaten muss ans Licht“, sagte | |
Renner. | |
Wie eng AfD und Compact miteinander verbandelt sind, zeigen zahlreiche | |
Interviews, Stände auf Parteitagen und Höcke-Devotionalien im Compact-Shop, | |
aber auch [3][gemeinsame Mitarbeiter] und [4][mutmaßlich illegale | |
Parteispenden]. Im Vorfeld der Europawahlen tourte Chefredakteur Jürgen | |
Elsässer unter dem Titel „Die Blaue Welle rollt“ durch die Gegend und | |
machte [5][faktisch Wahlkampfhilfe für die AfD]. | |
Aus Sicht der Bundestagsverwaltung sprach einiges dafür, dass Compact mit | |
dieser Veranstaltungsreihe illegale Parteispenden durch die Überlassung von | |
geldwerten Vorteilen wie etwa teurer Veranstaltungstechnik erfüllt. Die AfD | |
sah sich daraufhin gezwungen, eine Unterlassungserklärung von Elässer | |
einzufordern, die vorsah, dass auf Compact-Veranstaltungen keine | |
Parteilogos verwendet werden durften. | |
Die taktischen Distanzierungen führten allerdings nicht zum Abbruch der | |
offensichtlichen Werbung für die AfD. Die Veranstaltungen selbst waren | |
trotzdem wie Wahlkampfveranstaltungen für die AfD, inklusive jeder Menge | |
Russland-Folklore und Auftritten von AfD-Politikern wie dem unter | |
Korruptionsverdacht stehenden Petr Bystron. | |
## „Revolutionäre Gemeinschaft“ | |
Die AfD reagierte dann in weiten Teilen auf das Verbot entsprechend auch | |
so, als ob sie direkt betroffen wäre: Co-Chef Stefan Möller aus der AfD | |
Thüringen kritisierte das Vorgehen scharf und sprach vom „Ende der | |
Pressefreiheit“. Höcke sang anlässlich des Verbots ein Loblied auf den | |
mittlerweile rechtsextremen Aktivisten Elsässer – inklusive eines | |
Bekenntnisses zum von Compact immer wieder propagierten Umsturz: „Während | |
Konservative sich feige distanzieren und feinsinnig taktieren, hat er die | |
Wagenburgmentalität einer ‚revolutionären‘ Gemeinschaft in das Rechte Lag… | |
mitgebracht“, so Höcke, „der Angriff auf Jürgen Elsässer soll uns alle | |
treffen.“ | |
Der AfD-Spitzenkandidat aus Brandenburg, Hans-Christoph Berndt, nannte | |
Faeser „Antifa-Ministerin“, und sprach von „Methoden wie in einem | |
autoritären Polizeistaat, zu dem die BRD immer mehr verkommt“. Ein | |
DDR-Vergleich durfte nicht fehlen: „Das Establishment hält es mit Erich | |
Mielke. Wir halten zu Compact! Jetzt erst recht!“ Mielke war der Chef der | |
Stasi. | |
Auch andere rechte Medienvertreter*innen solidarisierten sich mit | |
dem extrem rechten Magazin und unterstrichen ihrerseits ihre völkische | |
Agenda: „Verboten wird, wer das Volk erhalten will“, empörte sich etwa | |
Philip Stein von „Ein Prozent“, einem Identitären-nahen Verein, der | |
seinerseits im April 2023 als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft | |
wurde. | |
Die Szene rechnet mit weiteren Verboten von AfD-Vorfeldorganisationen. | |
Stein schrieb, er hoffe, dass niemanden ein Verbot unvorbereitet treffe. | |
Andere hatten sich jedenfalls besser vorbereitet als Compact: Das | |
[6][rechtsextreme Institut für Staatspolitik von Götz Kubitschek] hatte | |
sich nach seiner Einstufung als „gesichert rechtsextrem“ aus Angst vor | |
einem Verbot zuletzt [7][organisationell neu aufgestellt]. | |
Interessant ist auch, dass es nun in der AfD gewissermaßen einen | |
Bekenntniszwang zur offen rechtsextremen Publikation zu geben scheint: | |
Alice Weidel hatte sich zunächst auf X etwas zurückhaltender geäußert und | |
nur von einem „unguten Zeichen“ gesprochen. Weil die juristische Sachlage | |
nicht komplett einsehbar sei, sei es schwer, einzelne Kritikpunkte | |
hervorzuheben, so Weidel, sagte aber Elsässer Unterstützung zu: „Die AfD | |
wird das kommende Verfahren kritisch begleiten und beobachten“, versprach | |
sie. | |
In der rechten Filterblase wurde sie für ihr weiches Statement kritisiert. | |
Kurz darauf legte sie per Pressmitteilung mit Tino Chrupalla noch einmal | |
nach und sprach vom „schweren Schlag gegen die Pressefreiheit“. | |
16 Jul 2024 | |
## LINKS | |
[1] /AfD-Antrag-zu-Deniz-Yuecel/!5486949 | |
[2] /Rechtsextremes-Magazin-von-Elsaesser/!6023528 | |
[3] https://aktionsbuendnis-brandenburg.de/lars-guenther-der-protest-organisato… | |
[4] /Verdacht-auf-illegale-Parteispenden/!5999720 | |
[5] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/afd-compact-freie-sachsen-100… | |
[6] /Rechtsextremes-Sommerfest-in-Schnellroda/!6023507 | |
[7] /Institut-fuer-Staatspolitik-aufgeloest/!6007332 | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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