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# taz.de -- Prozess gegen Ex-Audiboss: Das Ende des Verbrenners
> Der Prozess gegen Ex-Audichef Rupert Stadler steht symbolisch für die
> Krise der Autobranche. Beim Dieselskandal gibt es keine Ruhe.
Bild: Für die Autoindustrie sind Umweltgesetze bis heute kein Fortschritt, son…
Es sind turbulente Zeiten für die deutsche Automobilindustrie. [1][In
München haben die Richter die Anklage gegen Ex-Audi-Chef Rupert Stadler und
drei ranghohe Manager zugelassen.] Der Prozess soll am 30. September
beginnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen „Betrug, mittelbare
Falschbeurkundung sowie strafbare Werbung“ vor. Stadler habe spätestens
Ende September 2015 von den Abgas-Manipulationen bei Audi-Dieselmotoren
gewusst, aber den Verkauf der Autos trotzdem nicht verhindert, lautet der
Vorwurf gegen ihn.
VW-Chef Winterkorn wird wohl der Nächste sein, der sich im Dieselskandal
vor Gericht verantworten muss. In den kommenden zwei, drei Jahren wird fast
täglich und im Detail erörtert, wie die deutsche Vorzeigeindustrie ihre
Kunden, die Politik, die Kontrollinstanzen und die gesamte Öffentlichkeit
systematisch betrogen hat. Es wird auf lange Sicht keine Ruhe beim
Dieselskandal einkehren.
[2][Aber es sind nicht nur turbulente, es sind schlichtweg schlechte Zeiten
für die deutsche Automobilindustrie.] Ihre Geschäfte laufen mau. Der
stockende Verkauf ihrer fossilen Fahrzeuge, die mehr als 95 Prozent der
Modellpalette ausmachen, wird nun doch nicht mit Abwrackprämien gepusht;
[3][die Halden der Verbrenner wachsen in den Hinterhöfen der Konzerne.] Auf
dem Zukunftsmarkt der Elektroautos sind Tesla und die Chinesen
davongefahren. In den Städten boomt die Zweiradoffensive, Fahrräder sind
das neue Klopapier. Dazu die Verschärfungen im Bußgeldkatalog.
Alles zusammen ergibt fast schon einen Paradigmenwechsel. Die Vorherrschaft
des alten fossilen Automobils schwindet dahin wie die Unschuldsmiene ihrer
Konzernlenker. Die ließen auch dann noch Tausende Betrugsautos mit
manipulierten Motoren ungeniert vom Band laufen, als der Dieselskandal
längst aufgeflogen war.
## Kriminelle Machenschaften einer Branche
Was in der bisherigen Berichterstattung und auch im Fall Stadler
ausgeblendet wird, sind die gesundheitlichen Schäden. Was lange unter dem
Etikett „Trickserei“ lief, sind die kriminellen Machenschaften einer
Branche, die die Übersterblichkeit durch Luftverschmutzung maßgeblich
erhöht haben. Streng genommen geht es also um ein Tötungsdelikt. In der
Europäischen Union kosten Abgase und toxische Partikel in der Luft jährlich
rund 400.000 Menschen das Leben, 80.000 sollen es in Deutschland sein.
Die Opfer haben kein Gesicht und keinen Namen, wir sehen sie nicht röchelnd
auf Intensivstationen liegen. Und ihre Zahl wird auch nicht täglich
bilanziert. Sie liegen im statistischen Rauschen begraben. Sie sind der
Kollateralschaden einer Industrie, die Umweltgesetze nie als Fortschritt,
sondern bis heute als Kampfansage begriffen hat. Die jedes Jahr größere
glitzernde Wunschmaschinen herstellt, der SUV-Anteil ist auf ein Drittel
gestiegen. Darf’s noch etwas ungetümer sein?
Für die Autokonzerne wird es auf Jahre kein Business as usual geben,
sondern Krise. Und ab dem Prozessbeginn im September die juristisch
erzwungene Aufarbeitung des wohl größten Industrieskandals der
Nachkriegszeit. Richter und Gerichte haben in diesem Skandal eine
herausragend positive Rolle gespielt. Wo Politik und Kraftfahrtbundesamt
vor der Automobilindustrie in die Knie gingen, schlug die Stunde der
Judikative. Die bisherigen Gerichtsurteile zum Dieselskandal und zur dicken
Luft auf deutschen Straßen bildeten das große Korrektiv, auf das sich
Umweltverbände und Zivilgesellschaft verlassen konnten.
Das wird, so steht zu hoffen, auch im Fall Stadler und später im Fall
Winterkorn so bleiben. Die Autobosse und viele ihrer Manager werden in
Gefängnissen verschwinden. Doch auf der Anklagebank sitzen nicht Stadler
und Winterkorn, sondern VW, Audi, Porsche und Co. Es gibt keine schwarzen
Schafe. Es gibt eine rußgeschwärzte Herde namens Automobilindustrie, die
seit Jahren links blinkt und rechts reinfährt – konsequent in die falsche
Richtung.
9 Jun 2020
## LINKS
[1] /Prozess-gegen-Stadler-nach-Dieselaffaere/!5691854&s=dieselskandal/
[2] /Autoindustrie-in-der-Coronakrise/!5678787&s=dieselskandal/
[3] /Stellenabbau-bei-Audi/!5640669&s=dieselskandal/
## AUTOREN
Manfred Kriener
## TAGS
Dieselskandal
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Schwerpunkt Coronavirus
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