| # taz.de -- Protest in Israel hält an: Netanjahu verteidigt Justizreform | |
| > Israels Regierungschef erklärt in einer TV-Rede, der Umbau stärke die | |
| > Demokratie. Doch Tausende protestieren dagegen, die Polizei begegnet | |
| > ihnen mit Wasserwerfern. | |
| Bild: Protest gegen die Justizreform am 20. Juli auf der Autobahn | |
| Tel Aviv dpa | In Israel ist es zu neuen Protesten gegen den Umbau der | |
| Justiz durch die rechtsreligiöse Regierung gekommen. Nach einer Ansprache | |
| von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gingen in der Nacht zum Freitag in | |
| mehreren Städten wieder Tausende auf die Straßen. Dabei kam es nach | |
| Medienberichten auch zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Der | |
| linksliberalen israelischenZeitung Haaretz zufolge gab es etwa zwei Dutzend | |
| Festnahmen. | |
| Zuvor hatte Netanjahu das auch international umstrittene Vorhaben abermals | |
| verteidigt und die [1][Proteste] damit erneut angeheizt. Ein zentraler Teil | |
| des Projekts wird möglicherweise bereits nächste Woche verabschiedet. | |
| In der Millionenmetropole Tel Aviv am Mittelmeer blockierten Demonstranten | |
| zeitweise eine zentrale Autobahn. Auf Bildern war zu sehen, wie auf der | |
| Fahrbahn Gegenstände verbrannt wurden. Auch in anderen Städten störten | |
| wütende Demonstranten den Verkehr. Die Polizei setzte Wasserwerfer und | |
| Beamte auf Pferden ein, um die Menge auseinander zu treiben. Am frühen | |
| Morgen setzten nach Medienberichten etwa 10.000 Menschen einen | |
| Protestmarsch von Tel Aviv nach Jerusalem fort. | |
| Netanjahu kündigte in seiner Ansprache an, dass bereits in den kommenden | |
| Tagen ein Gesetz verabschiedet werden solle, das die „Demokratie stärken“ | |
| werde. Dagegen sehen Kritiker wegen der geplanten Schwächung der Justiz die | |
| Demokratie in Gefahr. „All diese Aussagen über die Zerstörung der | |
| Demokratie sind einfach absurd“, sagte der konservative Regierungschef. | |
| Netanjahu zufolge sollen weitere Anstrengungen unternommen werden, um einen | |
| Kompromiss zu finden. Wie diese Bemühungen aussehen, ließ er offen. | |
| ## Druck auf Netanjahu auch aus dem Militär | |
| Das Gesetz könnte bereits Anfang nächster Woche im Parlament verabschiedet | |
| werden. Die Regierung hat für Sonntag eine Sondersitzung der Knesset | |
| einberufen. Mit der Abstimmung wird jedoch frühestens am Montag gerechnet. | |
| Unklar ist noch, wann es dann in Kraft treten könnte. Dem Höchsten Gericht | |
| wäre es mit dem Gesetz nicht mehr möglich, Entscheidungen der Regierung | |
| oder einzelner Minister als „unangemessen“ zu bewerten. | |
| Zu Jahresbeginn musste Netanjahu seinen Innenminister entlassen, weil die | |
| Richter dessen Ernennung wegen einer krimineller Vergangenheit als | |
| „unangemessen“ eingestuft hatten. Beobachter erwarten, dass die Koalition | |
| dies mit dem neuen Gesetz rückgängig machen will. Kritiker befürchten | |
| zudem, dass es zu willkürlichen Entlassungen von Gegnern der | |
| Regierungspolitik in entscheidenden Positionen kommen könnte. | |
| Seit mehr als einem halben Jahr gehen immer wieder Zehntausende Menschen | |
| gegen die Reform auf die Straßen. Druck auf Netanjahu kommt auch aus dem | |
| Militär. Medienberichten zufolge haben Tausende Reservisten angekündigt, | |
| aus Protest gegen die Pläne nicht mehr zum Dienst erscheinen zu wollen. | |
| Netanjahu mahnte deshalb: „In einer Demokratie ist das Militär der | |
| Regierung untergeordnet und übt keinen Druck auf die Regierung aus.“ Die | |
| Verweigerung des Militärdienstes gefährde die Demokratie. | |
| Viele Israelis befürchten wachsenden Einfluss von religiösen Hardlinern in | |
| ihrem Land. Der Kurs der Regierung belastet auch Israels Beziehungen zum | |
| engsten Verbündeten USA. [2][US-Präsident Joe Biden] hat Netanjahu seit | |
| dessen Rückkehr ins Amt Ende vergangenen Jahres nicht mehr empfangen. | |
| Der Ministerpräsident warf der Opposition in seiner Rede vor, | |
| verantwortlich für das Scheitern der Suche nach einem Konsens zu sein. Die | |
| von [3][Staatschef Izchak Herzog] vermittelten Gespräche zwischen Regierung | |
| und Opposition hatten nach monatelangem Ringen keine Einigung gebracht. | |
| Mehrere Politiker der Opposition sowie auch die Organisatoren der Proteste | |
| warfen dem Regierungschef vor, in seiner Ansprache Lügen verbreitet zu | |
| haben. | |
| 21 Jul 2023 | |
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