# taz.de -- Produktionsstart bei Tesla: Viel zu schnell | |
> In Grünheide rollen die ersten Autos aus dem Werk. Möglich ist das nur, | |
> weil Brandenburg den Autobauer Tesla erschreckend flott durchgewinkt hat. | |
Bild: Tesla-Chef Elon Musk lässt die ersten Teslas in Grünheide rollen | |
GRÜNHEIDE taz | Am Dienstag hat die Tesla-Fabrik in Grünheide bei Berlin, | |
begleitet [1][von einer großen Show, aber auch von Protesten von | |
Umweltschützer:innen,] die ersten 30 E-Autos ausgeliefert – | |
Unternehmensgründer [2][Elon Musk] wollte das persönlich übernehmen. Er hat | |
im November 2019 den Bau der Fabrik bei einer Gala in Berlin angekündigt. | |
Industrievertreter:innen und Politiker:innen feiern jetzt, wie | |
enorm schnell das Werk in Grünheide hochgezogen wurde. | |
„Tesla-Geschwindigkeit“ ist das Schlagwort, mit dem etwa der grüne | |
Wirtschaftsminister Robert Habeck dafür wirbt, das Projekt zum Maßstab zu | |
machen für vergleichbare Vorhaben. Nein, bitte nicht! Die Art und Weise, | |
wie die Brandenburger Landes- und auch die alte und neue Bundesregierung | |
der Fabrik brachial den Weg gebahnt haben, ist das Gegenteil von | |
vorbildlich. | |
Dass Minister Elon Musk devot hofierten, ist noch das kleinste Übel. Tesla | |
konnte die Fabrik so zügig errichten, weil die Landesregierung dem | |
Unternehmen vorab das Signal gegeben hat, dass der Bau auf jeden Fall | |
genehmigt wird. Um das rechtlich abzusichern, erteilten die Behörden | |
unzählige vorläufige Genehmigungen. Die Ergebnisse von Prüfungen, etwa | |
hinsichtlich der Umweltverträglichkeit, standen offenbar schon vorher fest. | |
Die Landesregierung wollte die Fabrik um jeden Preis – ob der zu hoch ist, | |
wird sich erst in einigen Jahren herausstellen, etwa wenn es Probleme mit | |
der Trinkwasserversorgung in der Region gibt. Dass Manager:innen | |
anderer Unternehmen auch so eine Vorzugsbehandlung von Behörden und | |
Regierungen bei Ansiedlungen verlangen, ist wenig überraschend. | |
Wenn das Geschehen rund um den Bau der Tesla-Fabrik zum neuen Standard | |
wird, dann werden Umwelt- und Sicherheitsprüfungen zur Farce. Dabei ist | |
angesichts der Klimakrise genaueres Hinsehen der Behörden nötig, nicht | |
Wegschauen. | |
Statt sich für die Interessen des Autobauers einspannen zu lassen, wäre für | |
Politiker:innen mehr Distanz zu Tesla angebracht. Der US-Autobauer ist | |
alles andere als ein vorbildliches Unternehmen. Die Firma hat ein | |
[3][gestörtes Verhältnis zu Gewerkschaften] und freier Presse. Um einen | |
geschmeidigen Betriebsrat zu bekommen, hat Tesla die Arbeitnehmervertretung | |
bereits wählen lassen, als nur ein kleiner Teil der Belegschaft an Bord | |
war. Öffentliche Kritik will sich Elon Musks Unternehmen vom Hals halten. | |
Presseanfragen beantwortet Tesla nur sporadisch. Zu Presseterminen werden | |
manche kritische Medien gar nicht erst zugelassen. | |
Unter dem Gesichtspunkt Arbeitsplätze scheint die Tesla-Fabrik für die | |
Wirtschaft Brandenburgs und angrenzender Bundesländer eine gute Sache zu | |
sein. Perspektivisch sollen hier 12.000 Beschäftigte arbeiten, die eine | |
halbe Million E-Autos jährlich produzieren. Zulieferfirmen werden sich | |
ansiedeln, der Osten entwickelt sich zu einem Zentrum der deutschen | |
E-Mobilität. | |
Aber: Ist es wirklich eine gute Idee, ohne Wenn und Aber auf diese Branche | |
zu setzen? Leuchtet da nicht die nächste Strukturwandelkrise am Horizont | |
auf? Auch wenn E-Autos unter Klimagesichtspunkten nicht ganz so schlimm | |
sind wie Verbrenner, die Welt braucht [4][weniger Fahrzeuge und nicht | |
mehr]. | |
25 Mar 2022 | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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